Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Beitragvon yoloman » Do 7. Jan 2016, 18:29

Hallo liebe Freunde der Statistik,

ich bräuchte eure Hilfe und würde mich über jede Unterstützung sehr freuen!

Im Anhang findet man mein Model:
- zwei unabhängige Variablen (Werte & Erwartungen)
- eine abhängige Variable (Bereitschaft)

Ich soll untersuchen, ob die Interaktion zwischen Werte und Erwartungen einen größeren Vorhersagebeitrag haben als Werte oder Erwartungen alleine den haben auf die Bereitschaft. Meine Frage ist, mit welcher Methode kann ich dieses Vorgehen berechnen?
Im weiteren ist meine zweite Hypothese, dass eine geringe Erwartung und eine hohe Ausprägung der Werte zu einer geringeren Ausprägungder Bereitschaft führen, als wenn Werte und Erwartung gemeinsam niedrig seien.



Bild

Mein persönlicher Lösungansatz war: hierarchische moderierte Regressionanalyse (erst beide UV ins erste Model, dann den Interaktionsterm ins zweite Model einlassen und den Anstieg im R² beobachten). In der zweiten Hypothese hätte ich Simple Slope Analysen eingesetzt.

Ich habe meinen Betreuer hierzu befragt, bekam allerdings diese Antwort, die mich nun komplett stehen lässt.
Hypothese 1: Sie können ein hierarchischen Modell bzw. hierarchische Modelle berechnen, allerdings würde ich es nicht hierarchisch moderierte Regression nennen, wenn der Moderator ja selbst auch ein Prädiktor im Modell ist. Es ist zwar nicht gänzlich falsch, aber ein doch etwas schiefer Sprachgebrauch von einer Moderation zu sprechen, wo eigentlich eine Interaktion gemeint ist (auch wenn natürlich genau genommen jede Interaktion auch eine Moderation ist).
Bedenken Sie bitte auch, dass das Erwartung-x-Wert-Modell die Interaktion als den eigentlichen Prädiktor ansieht und es aus theoretischer Sicht auch sinnvoll ist, ein Modell in umgekehrter Schrittfolge zu berechnen (sprich: Klären die Einzelfaktoren nach Berücksichtigung der Interaktion überhaupt noch Varianz auf?)
Hypothese 2: Wie genau möchten Sie hier „single-slopen“? Wenn Sie das komplette Spektrum anschauen, dann müssen Sie sich wieder dem Unterschied zwischen einer Moderation im engeren Wortsinne und einer Interaktion, bei welcher der Moderator bzw. die Moderatoren auch ein Prädiktor bzw. Prädiktoren ist/sind, d. h. Sie müssten den Split einmal für die Erwartungen (hoch vs. niedrig) vornehmen und dann die Slopes für Werte  Bereitschaft berechnen und vergleichen UND einmal für die Werte den Split vornehmen und dann Slopes für Erwartungen  Bereitschaft vornehmen. Da Sie jedoch im Rahmen der Hypothese lediglich an geringen subjektiven Erwartungen interessiert sind, können Sie natürlich auch nur dieses Subsample betrachten und eine einfache Regression rechnen. Ja nachdem, wie scharf Sie die Gruppen gering und hoch splitten ginge auch ein einfacher Mittelwertsvergleich zwischen den beiden Gruppen Erw_gering_Wert_hoch und Erw_gering_Wert_gering; diese letzte Variante hängt jedoch stark von der Varianz und anderen Verteilungseigenschaften (Schiefe/Symmetrie) innerhalb dieser Gruppen ab.
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Re: Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Beitragvon PonderStibbons » Do 7. Jan 2016, 20:36

Sie können ein hierarchischen Modell bzw. hierarchische Modelle berechnen, allerdings würde ich es nicht hierarchisch moderierte Regression nennen, wenn der Moderator ja selbst auch ein Prädiktor im Modell ist.

Der Moderator muss immer auch Prädiktor im Modell sein. Abgesehen vielleicht von
extremen Fällen.
http://stats.stackexchange.com/question ... in-a-model

Unsachgemäßer privater Sprachgebrauch ("würde ich nicht so nennen") ist irrelevant.

(auch wenn natürlich genau genommen jede Interaktion auch eine Moderation ist).

Moderator ist ein Konzept, eine Modellvorstellung. Eine Möglichkeit, solche angenommenen
Moderatoreffekte zu testen, ist ggfls. über die Interaktion in einem Regressionsmodell.
Bedenken Sie bitte auch, dass das Erwartung-x-Wert-Modell die Interaktion als den eigentlichen Prädiktor ansieht und es aus theoretischer Sicht auch sinnvoll ist, ein Modell in umgekehrter Schrittfolge zu berechnen (sprich: Klären die Einzelfaktoren nach Berücksichtigung der Interaktion überhaupt noch Varianz auf?)

Man kann kein Modell allein aus dem Interaktionsterm bilden. Bzw. man kann,
aber es ist weitgehend sinnlos. Man stelle sich eingehend die Frage, was denn
der Interaktionsterm ohne die Haupteffekte theoretisch und auch statistisch
darstellen soll?
Hypothese 2: Wie genau möchten Sie hier „single-slopen“? Wenn Sie das komplette Spektrum anschauen, dann müssen Sie sich wieder dem Unterschied zwischen einer Moderation im engeren Wortsinne

Ich geb's auf.

An sich ist Dein Vorgehen konventionell und erscheint sinnvoll. Wenn
Dein Betreuer sich gerne Lampenschirme auf den Kopf setzt und nackt auf dem
Tisch tanzt, dann musst Du dem hoffentlich nicht folgen.

Mit freundichen Grüßen

P.
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Re: Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Beitragvon yoloman » Do 7. Jan 2016, 22:32

Zum ersten Punkt:
Der Moderator muss immer auch Prädiktor im Modell sein. Abgesehen vielleicht von
extremen Fällen. ... Unsachgemäßer privater Sprachgebrauch ("würde ich nicht so nennen") ist irrelevant.


Ich habe im ersten Semester beigebracht bekommen, dass es durchaus als hierarchische moderierte Regression bezeichnet wird - ist somit meine "Verfahrensbezeichnung" doch nicht falsch? Das würde mich freuen.

Zum zweiten Punkt:
Man kann kein Modell allein aus dem Interaktionsterm bilden. Bzw. man kann, aber es ist weitgehend sinnlos. Man stelle sich eingehend die Frage, was denn der Interaktionsterm ohne die Haupteffekte theoretisch und auch statistisch darstellen soll?


Magst du mir näher erläutern, was du damit genau meinst? Ich bin sehr an deiner Meinung interessiert, auch zum letzten Punkt!


Ich habe nun folgendermaßen mein Vorgehen abgestimmt und würde mich um ein Feedback freuen:

1. Hypothese (Interaktion erklärt weitere Varianz über Einzelkomponenten hinaus) wird durch die "hierarchische moderierte Regression" berechnet - d.h. im ersten Regressionsmodell die beiden Prädiktoren, im zweiten Modell dann der Interaktionsterm, wobei auf ein Anstieg des R² gehofft wird.
2. Hypothese (geringe Erwartung + hohe Werte führen zu geringeren Bereitschaft als geringe Erwartung + geringe Werte) würde ich mit einem Mittelwertsvergleich testen. D.h. ich bilde zwei Gruppen: Gruppe 1 (geringe Erwartung/hohe Erwartung) und Gruppe 2 (geringe Erwartung/geringe Werte) - ich hoffe hierbei, dass der t-Test für unabhängige Stichproben signifikant wird und der Mittelwert höher ist bei der Gruppe 1.

Vielen Dank! :)
Zuletzt geändert von yoloman am Mi 3. Feb 2016, 20:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Beitragvon PonderStibbons » Do 7. Jan 2016, 23:35

Ich habe im ersten Semester beigebracht bekommen, dass es durchaus als hierarchische moderierte Regression bezeichnet wird - ist somit meine "Verfahrensbezeichnung" doch nicht falsch? Das würde mich freuen.

Zu solchen Etiettierungsfragen kann ich nicht viel sagen. Ausschlaggebend ist die Verfahrensweise.

Magst du mir näher erläutern, was du damit genau meinst? Ich bin sehr an deiner Meinung interessiert, auch zum letzten Punkt!

Welche Bedeutung hat der Interaktionsterm, wenn die Haupteffekte im Model vorhanden versus
nicht vorhanden sind? Er kann z.B. keinen Moderator-Effekt mehr repräsentieren.

2. Hypothese (geringe Erwartung + hohe Werte führen zu geringeren Bereitschaft als geringe Erwartung + geringe Werte) würde ich mit einem Mittelwertsvergleich testen.

Was gibt es denn da formal zu testen? Wenn die Interaktion inferenzstatistisch signifikant ist,
dann ist das doch redundant. Zu Illustrationszwecken kann man natürlich die simple slopes berechnen
und zeichnen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Interaktion berechnen - Anstieg im R² - Welche Methode?

Beitragvon yoloman » So 10. Jan 2016, 21:46

Hallo lieber PonderStibbons,

vielen Dank für die bisher kompetente Antwort!

Ich hätte noch eine letzte Frage

Was gibt es denn da formal zu testen? Wenn die Interaktion inferenzstatistisch signifikant ist,
dann ist das doch redundant. Zu Illustrationszwecken kann man natürlich die simple slopes berechnen
und zeichnen.


In meiner zweiten Hypothese muss ich zeigen, dass es Unterschied gibt zwischen:
- hohe Werte + niedrige Erwartung
- niedrige Werte + niedrige Erwartung
nämlich, dass der erste Fall zu einer geringeren Bereitschaft führe, als im zweiten Fall.

Was würden Sie hierzu für eine Berechnung empfehlen?
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