Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon Mari » Fr 18. Sep 2015, 12:42

Hallo zusammen.

Folgende Situation:

In meiner Masterarbeit sollen zwei Gruppen hinsichtlich 9 abhängiger Variablen verglichen werden.
Die Gruppen sind sehr ungleich verteilt: n1=109, n2=259. Dazu sind die Daten weder normalverteilt noch varianzhomogen. (Dies trifft sowohl für standardisierte und nicht-standardisierte Variablen sowie Residuen zu – hier habe ich also alles versucht.) Ich habe an verschiedenen Stellen gelesen, dass die Verfahren durchaus robust sind ggü. der Verletzung der Normalverteilungsannahme. Allerdings ist ja weder Varianzhomogenität gegeben noch eine gleiche Zellenbesetzung. Einziger positiver Aspekt wäre vielleicht, dass die Gruppen relativ groß sind. Aber ich denke, hier kann ich nicht mit Robustheit argumentieren, oder?
Ich habe also Mann-Whitney –Tests gerechnet (Kruskal –Wallis testweise auch, aber der ist ja hier das gleiche, da nur zwei Gruppen). Nun meine Frage, muss ich auch hier für das Alpha-Niveau (manuell) korrigieren? Z. B. mit Bonferroni (5% / 9 = korrigiertes Alpha)? Ich habe ja nur zwei Gruppen. In der Literatur und im Internet habe ich bisher unterschiedliche Angaben gefunden dazu, ob eine Gefahr der Alphafehlerkumulierung nur dann besteht, wenn ich mehr als zwei Gruppen habe und deshalb mehrere Tests durchführe oder ob das auch für mehrere Tests (weil mehrere AVs) bei nur zwei Gruppen gilt?
Ein nichtparametrisches Verfahren alternativ zur MANOVA gibt es bei SPSS nicht, sehe ich das richtig? Das wäre ja sonst die beste Möglichkeit gewesen.

Ich danke euch herzlich im Voraus,

Mari
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Re: Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon PonderStibbons » Fr 18. Sep 2015, 13:38

Dazu sind die Daten weder normalverteilt

Die Verteilung der Daten ist für Verfahren des allgemeinen linearen Modells nicht relevant,
allenfalls die Verteilung der Daten inerhalb der Gruppen bzw. die Verteilung der Residuen.
Und auch das ist bei n > 50 eigentlich kein Thema mehr (zentraler Grenzwertsatz).

Allerdings ist ja weder Varianzhomogenität gegeben noch eine gleiche Zellenbesetzung.

Was heißt konkret "nicht varianzhomogen"? Ungleiche Stichproben-SDs?
Iregendwelche Testergebnisse? Falls die Inhomogenität markant ist, kannst
Du korrigierte Tests in Betracht ziehen (bei 2 Gruppen: Welch).

Nun meine Frage, muss ich auch hier für das Alpha-Niveau (manuell) korrigieren?

Wenn Du die Risiken für falsch-positive Befunde kleinhalten willst/sollst, dann schon.

Ein nichtparametrisches Verfahren alternativ zur MANOVA gibt es bei SPSS nicht, sehe ich das richtig?

Die MANOVA ist kein Verfahren, um alpha-Fehler-Kummulierung
zu verhindern, das ist ein Irrglaube. Die MANOVA wird gerechnet,
wenn die anbhängigen Variablken gemeinsam ein hypothetisches
Konstrukt operationalisieren sollen.

Mit freundlichen Grüßen

P:
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Re: Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon Mari » Fr 18. Sep 2015, 14:03

Vielen Dank für deine schnelle Antwort!

Die Verteilung der Daten ist für Verfahren des allgemeinen linearen Modells nicht relevant,
allenfalls die Verteilung der Daten inerhalb der Gruppen bzw. die Verteilung der Residuen.
Und auch das ist bei n > 50 eigentlich kein Thema mehr (zentraler Grenzwertsatz).


Ich meinte natürlich auch die Verteilung der Daten innerhalb der Gruppen. Und die der Residuen habe ich auch (in den Gruppen) getestet. Also alle möglichen Varianten werden mit dem K-S-Test signifikant.

Was heißt konkret "nicht varianzhomogen"? Ungleiche Stichproben-SDs?
Iregendwelche Testerebnisse? Falls die Inhomogenität markant ist, kannst
Du korrigierte Tests in Betracht ziehen (bei 2 Gruppen: Welch).


Genau. Die Stichproben-SDs sind ungleich und der Levene-Test wird sowohl für die Residuen als auch für die Daten innerhalb der Gruppen hochsignifikant. Also würdest du den Welch-Test in Betracht ziehen? Dann müsste ich den halt 9x durchführen. Hier sehe ich unmittelbar ein, dass ich das Alphaniveau korrigieren müsste. Ist der Welche-Test denn besser geeignet als der Mann-Whitney-Test?

Die MANOVA ist kein Verfahren, um alpha-Fehler-Kummulierung
zu verhindern, das ist ein Irrglaube. Die MANOVA wird gerechnet,
wenn die anbhängigen Variablken gemeinsam ein hypothetisches
Konstrukt operationalisieren sollen.


Das war mir tatsächlich nicht bewusst. In der Uni wurde uns ständig gesagt, dass wir die ANOVA (oder eben MANOVA) nutzen, um bei mehreren Tests das Risiko der Alphafehlerkumulierung zu reduzieren...
Mari
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Re: Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon PonderStibbons » Fr 18. Sep 2015, 14:42

Ich meinte natürlich auch die Verteilung der Daten innerhalb der Gruppen. Und die der Residuen habe ich auch (in den Gruppen) getestet. Also alle möglichen Varianten werden mit dem K-S-Test signifikant.

Natürlich werden sie. Bei Stichproben > 100 ist das fast unmöglich zu vermeiden.
Hat aber wie gesagt keinen Belang hier, außer vielleicht für die Diskussion bzw.
für den Sinn bestimter Maße (extrem schiefe Verteilungen z.B. werfen die
Frage auf, ob der Mittelwert noch besonders repäsentativ ist etc.).

Ist der Welch-Test denn besser geeignet als der Mann-Whitney-Test?

Kommt darauf an, was man braucht. Der eine testet Mittelwerte,
der andere nicht.
In der Uni wurde uns ständig gesagt, dass wir die ANOVA (oder eben MANOVA) nutzen, um bei mehreren Tests das Risiko der Alphafehlerkumulierung zu reduzieren...

Die MANOVA dient anderen Zwecken. Und selbst wenn man sie
so verwenden wollte, als wäre es eine Art Globaltest, hat man
weiter das Problem, dass man die Einzel-Tests wieder geeignet
korrigieren müsste. Da kann man sich den Zwischschritt einer
von vornherein doch sparen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon Mari » Fr 18. Sep 2015, 15:26

Kommt darauf an, was man braucht. Der eine testet Mittelwerte,
der andere nicht.


Ok, also hängt die Entscheidung davon ab, was ich untersuchen möchte, und nicht von den Bedingungen wie ungleiche Gruppen, Varianzhomogenität, fehlende Normalverteilung? Und was genau testet denn der Mann-Whitney-Test dann?

Natürlich werden sie. Bei Stichproben > 100 ist das fast unmöglich zu vermeiden.
Hat aber wie gesagt keinen Belang hier, außer vielleicht für die Diskussion bzw.
für den Sinn bestimter Maße (extrem schiefe Verteilungen z.B. werfen die
Frage auf, ob der Mittelwert noch besonders repäsentativ ist etc.).


Hmm, in diesem Fall wäre es ja dann wiederum schlauer, nicht auf einen Test (Welch) zurückzugreifen, der auf Mittelwerten basiert..? Der bietet sich hier nur bei den unterschiedlich großen Gruppen und Varianzinhomogenität so gut an. :)

Gibt es eigentlich eine gute Literatur, die ich zitieren könnte, wenn ich begründen möchte, dass bei meiner Stichprobengröße Varianzheterogenität nicht zu vermeiden ist und Normalverteilung aufgrund des Grenzwertsatzes im Prinzip doch angenommen werden kann bzw. der Test robust ist?
Im zweiten Schritt muss ich nämlich noch multiple Regressionen rechnen und hier ist es ja das gleiche Spiel mit den Vorraussetzungen....
Mari
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Re: Multiple (nonparametrische) Tests bei einer Gruppe

Beitragvon PonderStibbons » Fr 18. Sep 2015, 16:05

Gibt es eigentlich eine gute Literatur, die ich zitieren könnte, wenn ich begründen möchte, dass bei meiner Stichprobengröße Varianzheterogenität nicht zu vermeiden ist

Das hat nichts mit der Gruppengröße zu tun. Es geht darum, dass
bei großen Stichproben auch unwesentliche Varianzunterschiede
"signifikant" werden, während bei kleinen Gruppen auch markante
Unterschiede nicht "signifilkant" werden, mangels statistischer power.

Den Welch-Test kann man eigentlich immer nehmen, soweit ich weiß,
oder halt den U-Test, wenn es zur Fragestellung passt.

und Normalverteilung aufgrund des Grenzwertsatzes im Prinzip doch angenommen werden kann

Da wirst Du aber aufschreiben müssen, was genau der zentrale Grenzwertsatz
in dem Zusammenhang bewirkt, sonst geht es schief.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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