Prüfumfang in der Praxis festlegen

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Prüfumfang in der Praxis festlegen

Beitragvon Resort » Mi 9. Feb 2022, 11:34

Hallo zusammen,

in unserem Unternehmen sollen wir möglichst kurzfristig eine Materialänderung vornehmen, die auf insgesamt 8 Produkteigenschaften Einfluss haben könnte.
Da es schnell gehen muss, soll bewusst an einer einzigen Produktion eine möglichst hohe statistische Aussagekraft erprüft werden (Entscheidung vom obersten Management).

Gefertigt werden in dieser Produktion 15.000 Einheiten.

Ich habe jetzt über https://www.questionstar.de/blog/stichprobenrechner-umfang-der-stichprobe-einfach-berechnen/ die Stichprobe errechnet und komme bei einer Fehlerspanne von 5% und einem Konfidenzniveau von 95% (ohne jeweils genau zu wissen was diese aussagen) auf eine Stichprobengröße von 375 ST.

Das würde bedeuten, dass wir 375 Muster auf jeweils 8 Produkteingenschaften prüfen müssten. Also insgesamt 3.000 Prüfungen. Das ist uns leider nicht möglich.

Ich kenne es zudem aus Prozessfähigkeitsanalysen so, dass man bereits ab 100 Werten aussagekräftig ist. Dann wären wir bei 800 Prüfungen, was schon realistischer wäre.

Meine Frage(n) nun: Wieso heisst es bei Prozessfähigkeitsanalysen, dass bereits 100 Werte ausreichen? Bedeutet das, dass ich bei nur 100 Werten im Prinzip die Fehlerspanne und/oder das Konfidenznieveau verschlechtere? In welchem Zusammenhang stehen diese beiden unterschiedlichen Ansätze?

Vielen Dank im Voraus!
Resort
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Re: Prüfumfang in der Praxis festlegen

Beitragvon bele » Mi 9. Feb 2022, 11:49

Hallo Resort,

Du verlinkst einen Stichprobenrechner, der eine Befragung der Art "Präferieren Sie die Marke X" vorbereiten soll und das mit einem -sagen wir mal- "fragwürdigen" Text erläutert (Repräsentativität von Befragten ist etwas anderes als ausreichender Stichprobenumfang). Diesen Stiprobenrechner fütterst Du mit Zahlen, die Du nicht verstehst und versuchst dann, das Ergebnis zu interpretieren. Klingt nicht klug.

Ich schlage vor, Du beschreibst erstmal in Ruhe, worum es geht, welches Skalenniveau die Ergebnisse haben und wozu das am Ende dienen soll, als ob Du mit Menschen reden würdest, die zwar was von Statistik aber nicht unbedingt was von Produktion und Qualitätsmanagement verstehen. Die Gefahr ist recht hoch, dass Du hier auf keinen Qualitätsmanager, dafür auf Volkswirtschaftler, Ärzte und Geologen triffst, die nichts mit "Prozessfähigkeitsanalysen" anfangen können.

LG,
Bernhard
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Re: Prüfumfang in der Praxis festlegen

Beitragvon Resort » Mi 9. Feb 2022, 12:38

Hallo Bernhard,

danke für die schnelle Antwort. Das das Vorgehen nicht klug ist habe ich mir gedacht, daher auch meine Anmeldung in diesem Forum hier.

Also: Es geht um Kunststoffbeutel in denen ein Materialbestandteil aufgrund von Lieferengpässen kurzfristig geändert werden soll. Dadurch können 8 (messbare) Eigenschaften beeinflusst werden (z.B. der Berstdruck, also der Druck den ein Beutel aushält bis er platzt). Es liegen bei allen Eigenschaften metrische Skalen vor.

Um in der Industrie eine Prozessfähigkeit zu berechnen werden normalerweise aus möglichst verschiedenen Produktionen (in denen alle möglichen Störquellen wie Mensch, Maschine, Material, Umwelt abgedeckt werden) Stichproben genommen. Hier gibt es immer wieder den "Daumenwert" der insgesamt 100 Werte, die benötigt werden, damit die berechnete Prozessfähigkeit aussagekräftig ist. Wo dieser genau herkommt kann ich nicht sagen, wurde mir aber auch in diversen Statistikschulungen beigebracht. Anhand dieser Werte wird dann der CpK Wert berechnet: CpK = (min(µ-UTG,OTG-µ))/3s [µ=Mittelwert, UTG=untere Toleranzgrenze, OTG=obere Toleranzgranze]. ab einem CpK von 1,33 spricht man davon, dass der Prozess fähig ist.

In unserem nun anstehenden "Projekt" haben wir aber keine Zeit mehrere Produktionen (und somit verschiedene potenzielle Störquellen) abzuwarten. Also kam vom obersten Management die Aufgabe, dass wir uns überlegen sollen, wie viele Muster wir aus der einen anstehenden Produktionen prüfen müssen, damit diese möglichst aussagekräftig ist. Das ganze sollen wir am besten statistisch bzw. mathematisch belegen.
Und da endet unsere "hemdsärmlige" Kenntnis von Statistik. Wir neigen in der Industrie eher dazu aus dem Bauch heraus (anhand unserer Erfahrung) zu entscheiden bzw. uns den Kapazitäten unterzuordnen.

Ich hoffe das Problem wird einigermaßen deutlich: Es steht eine Produktion mit 15.000 Beuteln an und wir wissen nicht, wie viele Beutel wir min. prüfen müssen damit eine ausreichende Aussagekraft zustande kommt.

LG!
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Re: Prüfumfang in der Praxis festlegen

Beitragvon bele » Mi 9. Feb 2022, 14:18

Hallo Resort,

also ihr produziert diese Folien und ein Bestandteil soll geändert werden (UV) und dadurch ändern sich 8 metrische Maße der Folien (AV). Zu jedem dieser 8 Maße gibt es eine untere und eine obere Toleranzgrenze und nun ist nachzuweisen, ob das Verhältnis zwischen den gemessenen Maßen und deren oberen und unteren Grenzwerten und den gemessenen Standardabweichungen dieser CpK-Regel noch entspricht.

Was mir nicht klar ist: die unabhängige Variable, kommen da mehrere verschiedene Zusammensetzungen ins Spiel oder ist das dichotom (früher war nicht umgestellt, jetzt ist umgestellt)?
Kann man sinnvolle Annahmen treffen, beispielsweise aus Messungen mit der alten Zusammensetzung, wie groß die Standardabweichungen etwa sein werden?

Ich sage nicht, dass ich dann die Antwort hätte, aber meine Fragen gelten bestimmt kollektiv für alle, die hier mitmachen wollen.

LG,
Bernhard
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Re: Prüfumfang in der Praxis festlegen

Beitragvon Resort » Mi 9. Feb 2022, 15:05

Hallo Bernhard,

das hast du alles richtig erkannt. Die unabhängige variable ist dichotom. Es werden keine verschiedenen Zusammensetzungen gefertigt sondern nur eine (mit dem neuen Bestandteil) und mit der alten Zusammensetzung verglichen.

Es gibt Werte zur alten Zusammensetzung. Beispiel für den Berstdrucktest: n= 160; µ= 5,1 bar; UTG=2 bar; s=0,65.

Mir ist gerade aufgefallen, dass es doch auch noch ein Merkmal gibt, welches nur qualitativ ("in Ordnung / nicht in Ordnung") geprüft wird (also auf Nominalskalenniveau?).

LG!
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