Spiegel: Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs erkrank zu sein

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Spiegel: Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs erkrank zu sein

Beitragvon DeluXee » Do 26. Jul 2012, 12:25

Hallo allerseits,

ich war soeben auf Spiegel-Online und habe folgenden Artikel gelesen:

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 44210.html

Mir gehts um folgenden Part:

Die Aufgabe: Sie sollten den Haemoccult-Test einschätzen. Dieser spürt Blut im Stuhl auf, ein Hinweis auf Darmkrebs. Der Test spricht in etwa 50 Prozent der Fälle an (Sensitivität) und liefert bei 3 Prozent falsch positive Ergebnisse; 0,3 Prozent der Bevölkerung erkranken überhaupt an Darmkrebs.

Die Ärzte sollten einschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für den Patienten ist, tatsächlich an Darmkrebs zu leiden, wenn der Test positiv war. "Die Antworten", so Gigerenzer, "variierten von 1 bis 99 Prozent." Die Mehrheit gab eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an. Vier der 48 Ärzte zogen die Falsch-Positiv-Rate von der Sensitivität ab und gelangten zu einer Einschätzung von 47 Prozent. "Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit beträgt jedoch nur 5 Prozent."


Interessehalber wollte ich schauen, ob ich im Gegensatz zu den Ärzten (ich bin keiner :D ) auf die besagten 5% komme - und nein leider nicht.

Beim ersten überlesen dachte ich mir halt, wenn der Test eine Fehlerquote von 3% hat müsste die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient an Darmkrebs leidet, bei positivem Befund/Test doch 97% sein.

Als zweites hab ich mir überlegt das es eine bedingte Wahrscheinlichkeit sein könnte. Forumuliert habe ich mir die Aufgabe dann so : "Unter der Bedingnung, das der Test positiv ausfällt, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit tatsächlich an Darmkrebs erkrankt zu sein.

Laut meinen dunklen Schul- und Unistoachastikerinnerungen wie folgt geschrieben: P(A|B) = P(A geschnitten B) / P(B);

Wobei B die W das der Test positiv ausgefallen ist , und A die Wahrscheinlichkeit, dass man unter Darmkrebs leidet.

A = 0,3 ; und nun fehlt mir B, denn die 50% die im Text angegeben sind entsprechen ja nur der Sensivität des Testes.


Daher meine Frage an euch , kann ich die Aufgabe überhaupt mit den im Text genanneten Werten berechnen? Bin ich einfach auf dem Holzweg?

Danke im voraus

MfG DeluXee
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Re: Spiegel: Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs erkrank zu sein

Beitragvon PonderStibbons » Do 26. Jul 2012, 12:58

http://de.wikipedia.org/wiki/Bayestheorem

Gigerenzer plädiert übrigens dafür, bei solchen Aufgaben mit Häufigkeiten zu rechnen
statt mit Wahrscheinlichkeiten. Derart: "Wir untersuchen 10'000 Leute; bei wie
vielen der 10'000 besteht Darmkrebs; bei wie vielen der 10'000 schlägt der Test
falsch-positiv an".

Bei geringen a priori Wahrscheinlichkeiten wird man denn auch in der Regel einen
Bestätigungstest machen, bevor man den Patienten verunsichert. Hoffe ich zumindest.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Spiegel: Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs erkrank zu sein

Beitragvon DeluXee » Do 26. Jul 2012, 13:05

Dankesehr - das hilft weiter. :)
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Re: Spiegel: Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs erkrank zu sein

Beitragvon bele » Do 26. Jul 2012, 15:53

Bei geringen a priori Wahrscheinlichkeiten wird man denn auch in der Regel einen
Bestätigungstest machen, bevor man den Patienten verunsichert.


Ohne der Spezialist zu sein, kann ich da vielleicht mitreden. Zunächst einmal bezieht sich die obigen 0,3% ja auf die gesamte Bevölkerung und nicht auf die Leute, denen man einen Haemoccult-Test gibt. Ich zum Beispiel bin Bevölkerung (und Deutschland), aber ich habe noch keinen Haemoccult-Test gemacht. Zweitens wird die geringe Sensitivität durch wiederholtes Messen verbessert (als ich damit noch zu tun hatte wurden immer drei Tests an verschiedenen Tagen empfohlen). Drittens lässt sich ein Teil der falsch-positiven durch ein einfaches Gespräch klären (Frauen während der Periode zum Beispiel) und viertens ist zu bedenken, wie groß der Gewinn ist, wenn ein Darmkrebs früh erkannt wird und wie gering die Chancen sind, ohne das einen Darmkrebs früh zu erkennen.

Das ändert nichts daran, dass Mediziner viel mehr in Bayes-Denken geschult werden müssten. Stattdessen gilt hier allgemein ein ganz strenges p<0.05-Denken.

Gruß,
Bernhard
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