Starthilfe in die Statistik

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Starthilfe in die Statistik

Beitragvon Runninger » So 3. Mai 2015, 13:11

Hallo liebe Forumsmitglieder,

meine Name ist Thomas Runninger, 23, ich studiere Elektrotechnik an der FH Dortmund und schreibe aktuell an meiner Bachelorarbeit. Statistik kam in unserem Studium nur in homöopathischen Dosen vor, weswegen ich mich im Rahmen der Versuchsauswertung nun in dieses Thema einarbeite. Da ich jedoch recht schnell feststellen musste, wie wahnsinnig umfangreich und vielschichtig das Thema ist, hoffe ich, dass ihr mir den ein oder anderen Ratschlag geben könnt, damit ich dann gezielt an die Thematik herangehen kann. Ein paar Infos:

Hintergrund:
Wir haben ein neuartiges Fahrerassistenzsystem im PKW entwickelt, das erweiterte Aufgaben des Tote-Winkel-Assistenten (warnt z.B., wenn sich ein anderer Verkehrsteilnehmer im toten Winkel befindet und man selbst die Fahrspur wechseln möchte) übernimmt. Neben der Untersuchung der Usability und der Ablenkung durch das System, geht es mir um die Darstellung der Informationen für den Fahrer. Dazu wurde ein Vergleichsversuch entworfen.

Versuch:
- Die Versuche wurden mit n=30 Probanden durchgeführt.
- Dieser vergleichende Benchmarkversuch umfasst zwei Versuchsfahrten, eine mit dem neuen System (im Weiteren: System A), eine mit einem herkömmlichen Tote-Winkel-Warner (System B).
- Jeder Proband fuhr beide Systeme für 30 min auf einer definierten, realen Teststrecke.
- Eine Hälfte der Probanden (15) fuhr zunächst das System A und danach das System B. Die andere Hälfte der Probanden fuhr zunächst das System B und dann das System A.
- Die Teststrecken hatten eine unterschiedliche Streckenführung, um Gewöhungseffekte zu vermeiden, enthielten aber die gleichen Manöver, bei denen das Assistenzsystem tätig wurde.
- Nach jeder Testfahrt musste der Proband jeweils einen Fragebogen mit 40 Items (7stufige Likert-Skala) ausfüllen, wo er bestimmten Aussagen beurteilen musste ( "Ich empfand das aktivierte System als Ablenkung von der eigentlichen Fahraufgabe": stimme überhaupt nicht zu - stimme nicht zu - stimme weniger zu - weder noch - stimme eher zu - stimme zu - stimme voll und ganz zu)

Auswertung:
Im Vorfeld des Versuchs wurden acht Hypothesen (sowohl gerichtet als auch ungerichtet) aufgestellt, die nun mittels statistischer Auswertung bestätigt oder widerlegt werden sollen. Das Signifikanzniveau beträgt 5%. Eine Auswertung soll sowohl im Gesamten gemacht werden (System A versus System B), als auch unterteilt nach der Versuchsreihenfolge, wie die Probanden gefahren sind: zuerst System A und dann System B, zuerst System B und dann System A.

Meine Fragen:
- welche Testmethode eignet sich zum Überprüfen der Methoden/Ermitteln der Signifikanz und welche Voraussetzungen muss ich dazu prüfen? Sollte die Bedingung der Normalverteilung nicht gegeben sein (was sich bei manchen Items fast befürchte), gibt es alternative Testmethoden? Was ist die effizienteste Herangehensweise?
- muss ich etwas Spezielles berücksichtigen, da ich sowohl die Ergebnisse im Gesamten als auch unterteilt nach Versuchsreihenfolge betrachten möchte?

Eure Unterstützung würde mir sehr viel weiterhelfen, im Vorfeld schon einmal einen herzlichen Dank dafür!
Thomas Runniger

Edit: der Rechtschreibung Tribut gezollt :)
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Re: Starthilfe in die Statistik

Beitragvon PonderStibbons » Mo 4. Mai 2015, 11:10

Ich weiß nicht, welcher Art die Hypothesen tatsächlich sind, und auf welche
abhängigen Variablen sie sich beziehen. Wenn ich unterstelle, dass es sich
um die Likert-Items handelt, dann kommt als Test für abhängige Messungen
vorzugsweise der Wilcoxon-Vorzeichenrangtest in Betracht. Die Stichprobe
ist klein, bei Aufteilung in n=15 Substichtpben sogar sehr klein, deswegen
werden Tests hier eine nur mäßige bis kleine statistische power (Chance, eine
ungültige Nullhypothese tatsächlich zurückweisen zu können) aufweisen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Starthilfe in die Statistik

Beitragvon Runninger » Mo 4. Mai 2015, 14:37

Hallo PonderStibbons,

herzlichen Dank für die umgehende Antwort!

Die Vermutung ist korrekt, die Untersuchung der Hypothesen soll anhand der Antworten zu den Likert-Items erfolgen. Verschiedene Likert-Items sind zu einer Fragen-Einheit gruppiert, die sich dann jeweils auf eine Hypothese bezieht. Bei der Art der Hypothesen handelt es sich um vier unspezifische, ungerichtete Hypothesen (z.B. "H_0: Zwischen System A und System B gibt es keinen Unterschied in der Bewertung durch den Probanden hinsichtlich der Systemintuitivität") sowie um vier unspezifische, gerichtete Hypothesen (z.B: "H_0: System B weist eine höhere Fehlerrobustheit bei Spurwechselmanövern auf als System A").

Die kleine "Größe" der Stichprobe ist mir bewusst, jedoch waren die Testfahrzeuge nur in einem begrenzten Zeitraum verfügbar und der Zeitaufwand für mich als einzigen Versuchleiter bei ca. 120 min Gesamtversuchsdauer (mit An- und Abfahrt) war schon bei 30 Probanden nicht ganz unerheblich ;)

Eignet sich der Wilcoxon-Vorzeichentest auch, falls für einzelne Items die Normalverteilung gegeben ist oder muss/kann dann beispielsweise auf einen t-test zurückgegriffen werden?
Müssen bei der Bearbeitung einer Sub-Stichprobe weiterhin irgendwelche Besonderheiten oder Voraussetzungen beachtet werden?

Vielen Dank im Voraus,
Th. Runninger

Edit: Tippfehler
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Re: Starthilfe in die Statistik

Beitragvon PonderStibbons » Mo 4. Mai 2015, 15:00

Die kleine "Größe" der Stichprobe ist mir bewusst, jedoch waren die Testfahrzeuge nur in einem begrenzten Zeitraum verfügbar und der Zeitaufwand für mich als einzigen Versuchleiter bei ca. 120 min Gesamtversuchsdauer (mit An- und Abfahrt) war schon bei 30 Probanden nicht ganz unerheblich

Ich habe es nicht kritisiert, ich habe lediglich festgestellt,
dass die Stichprobe klein ist, der Nachweis kleiner bzw.
mittlerer Effekte wird dadurch wenig wahrscheinlich.
Eignet sich der Wilcoxon-Vorzeichentest auch, falls für einzelne Items die Normalverteilung gegeben ist oder muss/kann dann beispielsweise auf einen t-test zurückgegriffen werden?

Die Verteilung von Items ist beim t-Test für abhängige
Messungen irrelevant, allenfalls die Verteilung der
Differenzwerte könnte relevant sein. Bei n=15 kann man
diese Annahme kaum mehr sinnvoll überprüfen, weswegen
dabei der Wilcoxon meine Methode der Wahl wäre.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Starthilfe in die Statistik

Beitragvon Runninger » Mo 4. Mai 2015, 15:53

Herzlichen Dank für die Informationen!
Ich vergrabe mich gerade schon in die Fachliteratur. Gegebenenfalls werde ich an dieser Stelle noch einmal auf das geballte Wissen des Forums zurückkommen. Sozusagen zur Pannenhilfe, nachdem Starthilfe erfolgreich war ;)

Mit besten Grüßen,
Th. Runninger
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