Umgang mit fehlenden Werten bei Messwiederholung

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Umgang mit fehlenden Werten bei Messwiederholung

Beitragvon Ocean123 » Mo 28. Mär 2022, 14:55

Hallo zusammen,
in meiner Forschungsfrage möchte ich vereinfacht folgendes untersuchen:
Es soll getestet werden, ob ein auditiv präsentierter Reiz zu schnelleren Reaktionszeiten und geringeren Reaktionsfehlern führt als ein visuell präsentierter Reiz.
Hierfür wurde als Versuchsdesign ein Versuch mit abhängigen Stichproben (Messwiederholung gewählt), d.h. jede Versuchsperson durchläuft zwei Bedingungen: In einem Block werden 20 mal visuelle Reize präsentiert und in dem anderen Block werden 20 mal auditive Reize präsentiert. Auf jeden Reiz soll die Versuchsperson mit einem Tastendruck reagieren.
Nun stellte sich heraus, dass die visuellen Reize manchmal übersehen werden, sodass für manche der 20 Durchgänge des visuellen Blocks (im Schnitt ca. 4-5 Durchgänge) keine Reaktionszeit vorliegt, da ein Reaktionsfehler gemacht wurde.
Meine Frage wäre nun: Muss man innerhalb einer Versuchsperson derartige fehlende Werte speziell behandeln (z.B. durch Imputation) oder spielt dies keine Rolle, da dennoch eine mittlere Reaktionszeit mit den übrigen Werten pro Versuchsbedingung (auditiv vs. visuell) berechnet werden kann, die dann für den Vergleich der beiden Bedingungen in der später berechneten MANOVA verwendet wird? Im letzteren Fall würden dann aber pro Versuchsperson unterschiedlich viele Werte in die Mittelwertberechnung der Reaktionszeit einfließen. Ist das problematisch?
Lieben Dank im Voraus und viele Grüße
Ocean123
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Re: Umgang mit fehlenden Werten bei Messwiederholung

Beitragvon bele » Mo 28. Mär 2022, 15:17

Hallo Ocean,

da musst Du nochmal drei Schritte zurück gehen und Dich fragen, warum Du diese Reaktionszeiten bestimmen möchtest. Ich stelle mir jetzt mal vor, dass Du ein Bedien-Interface für ein Stück kritische Infrastruktur, sagen wir einen militärischen Radarposten, erstellen möchtest. In dieser Vorstellung fragst Du jetzt, ob eine heranfliegende Rakete schneller erkannt wird, wenn Du mit einem Warnton warnst als mit einer blinkenden Lampe darauf hinweist. In dem Fall wäre eine übersehene Reaktion eine Katastrophe, weil sie zu viel mehr Zeitverlust führt. Was würde es Dir bringen, dass der visuelle Kanal zwar viel schneller ist, dafür aber ganz oft übersehen wird? In dem Fall könnte man die übersehenen Reaktionen also auf gar keinen Fall einfach weglassen.

Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es für einen Neurophysiologen eine grundlagenwissenschaftliche Fragestellung ist, wie der Durchmesser eines Hirnnerven genau mit dessen Leitgeschwindigkeit und die Konzentration von Gammaaminobuttersäure an irgendeiner Stelle genau mit der Geschwindigkeit assoziiert ist, ohne dass Aufmerksamkeit von Interesse ist. Dann könnte man die übersehenen vielleicht ganz weglassen.

Die Frage ist somit primär sachwissenschaftlich zu klären, danach kann man dann die richtige statistische Methode auswählen und sich fragen, bis zu welchem Maße die mit unterschiedlich großen Beobachtungsgruppen zurecht kommt.

LG,
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