Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztests

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztests

Beitragvon Harry.H » Di 15. Mär 2016, 14:16

Hallo,

ich habe mich schon seit einigen Tagen durch das Internet und zwei Bücher über die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften geplagt aber leider bin ich mir sehr unsicher, ob meine Ansätze schon von vornherein richtig bzw. falsch sind.

Zur Fallbeschreibung. Ich breche es ganz simpel auf das einfachste herunter:
Ich untersuche u.a. das Wachstumsverhalten von einigen genetisch manipulierten Mikroorganismen.
Diese nenne ich mal hier der einfachheit halber WT, B, C, D, E. (WT steht für Wildtyp)
Dazu werden einzelne Gefäße die die MO enthalten geschüttelt. Das macht man bei verschiedenen Geschwindigkeiten. Also schüttelt man alle bei z.B. 150 RPM, 200 RPM und 250 RPM.
Von jedem Stamm (also jedem MO) wurden mindestens 3 Gefäße zur gleichen Zeit geschüttelt.
Also z.B. bei 150 RPM 3xWT, 3xB, 3xC etc.. Aus den 3 Kolben wurden die Wachstumsgeschwindigkeiten berechnet. Dabei habe ich Zeit gegen Zellkonzentration aufgetragen und alles über eine e-Funktion geplottet. Dann habe ich aus den drei Kolben jeweils die Wachstumgeschwindigkeit berechnet und dann aus den 3 Werten (für 3 Gefäße) den Mittelwert berechnet.

Jetzt würde ich gern folgendes wissen (obwohl man es schon ungefähr aus den Grapen ablesen könnte):
1. Sind die Unterschiede zwischen den Wachstumsgeschwindigkeiten bei der Messung bei 150 RPM nur zufällig und nicht wesentlich unterschiedlich zu der Abweichung die ich eventuell sogar bei der Messung von 3 Gefäßen des selben Stammes habe. Könnte man also sagen, dass die Unterschiede zwischen WT, A, B etc. genauso zufällig sind wie die Unterschiede zwischen WT1, WT2, WT3 etc.?
2. Wenn ich die Wachstumsgeschwindigkeit von z.B. WT bei 150 RPM mit der Wachstumsgeschwindigkeit von WT bei 200 RPM und dann nochmal bei 250 RPM vergleiche, ist der Unterschied Signifikant oder wieder gleich dem Unterschied, den ich auf der kleinsten "Ebene" hätte - also dem Unterschied, den ich zwischen Einzelmessungen der Gefäße eines Stammes bei der gleichen Geschwindigkeit habe.

Ich habe mir jetzt folgendes Überlegt:
Ich habe sehr viele Messungen, von jeweils drei Gefäßen eines jeden Stammes bei unterschiedlichen Temperaturen und Geschwindigkeiten. Im Idealfall sollten natürlich bei der Zählung immer der Gleiche Wert heruaskommen, denn es wurde versucht alle Kolben mit der gleichen Zellzahl anzuimpfen. Natürlich ist das in der Praxis nicht möglich.
Ich hätte nurn zu erst für alle die StabW zwischen den 3 Messungen ausgerechnet (wissend das StabW bei nur drei Werten ja eigentlich nicht sinnvoll ist oder?). Dann hätte ich die relative Standardabweichung berechnet und aus allen rel. StabW den Mittelwert berechnet. Dann wüsste ich, wie hoch mein Fehler auf der kleinsten Ebene im Mittel ist.
Jetzt könnte ich die StabW von allen Stämmen bei z.B. 150 RPM berechnen und schauen ob die höher ist als der Mittelwert der rel. StabW der einzelnen Kolben.
Das ganze scheint mir aber sehr amateurhaft.

Dann habe ich gedacht, dass ich es mit einem t-test probiere.
Ja, und da fängt mein Problem nun schon beim Urschleim an. in Bezug auf 2. handelt es sich da doch dann um eine unverbundene Stichprobe oder?
Kann ich in Bezug auf 1. überhaupt den t-Test nehmen?
Oder reicht meine Datenmenge überhaupt nicht für eine statistische Auswertung?

Dankbar für Anregungen und Hilfe.


Gruß

Sven


5 Stämme bei 150 RPM, nicht-log-Auftragung
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3 Gefäße vom WT AX2, rechts sieht man die Grafik aller Mittelwerte (kann ignoriert werden)
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Harry.H
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon bele » Mi 16. Mär 2016, 13:46

Hallo Sven,

wenn Du die Wachstumsgeschwindigkeiten, also die Parameter der e-Funktionen, berechnest, ist das im Prinzip eine lineare Regression. Jedes richtige Statistikprogramm liefert Dir dabei den Standardfehler der Parameter mit. Daraus kannst Du z. B. 95%-Konfidenzintervalle für die Steigung/Wachstumsgeschwindigkeit erstellen und einander gegenüberstellen oder auch t-Tests rechnen. Das erste Problem hier ist, dass Excel kein richtiges Statistikprogramm ist (nutzung-des-forums-f44/das-musste-mal-gepostet-werden-t6682.html Punkt 4).
Damit stellt sich für mich die Frage, ob Du Zugang zu einem Statistkprogramm hast oder ob es in Excel laufen muss. Im letzteren Fall stellt sich die Frage, ob Du Excel davon überzeugen kannst, Dir Standardfehler für die Steigungen auszugeben.

LG,
Bernhard
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon Harry.H » Do 31. Mär 2016, 17:46

Hallo Bernhard,

Danke für die Antwort.
Zum Statistikprogramm: Ich werde bei Excel bleiben. Die statistischen Auswertungen möchte ich zusätzlich in meine Arbeit miteinbringen.
Sicher gibt es etwas besseres aber für die restlichen Aufgaben sollten die Excel-Funktionen reichen.
Die Standardabweichung für meine Messwerte habe ich schon berechnet. Also die Abweichung um den Mittelwert. Das meinst du sicher mit Standardfehler der Steiginung oder? Das habe ich aber nur für die jeweils 3 Kolben eines gleichen Stammes getan (also die gleiche "Sort" von Mikroorganismen). Da bleibt die Frage ob das überhaupt eine Aussagekraft hat bei 3 Werten?!

Dann wird es interessant! Wie genau und mit welchen t-Test kann ich denn nun rechnen?
Ich beschränke mich mal auf das erste Problem:
1. Sind die Unterschiede zwischen den Wachstumsgeschwindigkeiten bei der Messung bei 150 RPM nur zufällig und nicht wesentlich unterschiedlich zu der Abweichung die ich eventuell sogar bei der Messung von 3 Gefäßen des selben Stammes habe. Könnte man also sagen, dass die Unterschiede zwischen WT, A, B etc. genauso zufällig sind wie die Unterschiede zwischen WT1, WT2, WT3 etc.?

Gruß und Danke nochmal

Sven

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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon bele » Do 31. Mär 2016, 19:36

Harry.H hat geschrieben:Die Standardabweichung für meine Messwerte habe ich schon berechnet. Also die Abweichung um den Mittelwert. Das meinst du sicher mit Standardfehler der Steiginung oder? Das habe ich aber nur für die jeweils 3 Kolben eines gleichen Stammes getan (also die gleiche "Sort" von Mikroorganismen). Da bleibt die Frage ob das überhaupt eine Aussagekraft hat bei 3 Werten?!


Nein, die Standardabweichung der Werte ist nicht der Standardfehler des Mittelwertes und beides ist nicht der Standardfehler einer Regressionsgeradensteigung.

LG,
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon mango » Fr 1. Apr 2016, 09:49

Hallo, der Standardfehler ist eine Eigenschaft deines Schätzers, keine deskriptive Eigenschaft deiner Stichprobe.

https://de.wikipedia.org/wiki/Standardfehler
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon Harry.H » Fr 8. Apr 2016, 22:05

Gut, ich kann mir die Varianz für die jeweils 3-Werte einer Messung ausrechnenen (es bleibt immer noch die Frage, die ich schon 2 Mal vergeblich gestellt habe, ob das mit drei Werten Sinn macht). Das bedeutet aber wieder, dass ich mit den Ergebnissen meiner Messung rechne und nicht mit meiner Gleichung des Grapen. Ich bekomme dann z.B. 10-Varianzwerte heraus. Wie fließen diese dann in die Berechung des Standardfehlers ein? Als arith. Mittel?

Geben mir Statistikprogramme direkt Standardfehler für eine Funktion aus? Wie geht das denn, da sie ja auch auf die Werte angewiesen sind, die ich vorher zur Berechung der Funktion eintrage? Demnach ja auch nur darauf basierend...
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon Harry.H » So 17. Apr 2016, 19:03

Ich habe jetzt nochmal einiges gelesen und blicke jetzt etwas besser durch.
Ich könnte mir jetzt z.B. den Standardfehler für die Messung (das Zählen) von drei Kolben des selben Stammes zur gleichen Zeit ausrechnen. Dann weiß ich, wie fehlerbehaftet mein Mittelwert ist. Das heißt natürlich, dass meine Gundgesamtheit in diesem Falle alle möglichen Messung sind, die ich an den drei Kolben des gleichen Stammes durchführen könnte.

Oder kann ich jetzt auch alle möglichen Messungen zu allen Zeitpunkten als Grundgesamtheit auffassen? Dann hätte ich den Standardfehler für eine Komplette Zeitreihe eines Stammes?

Ich hoffe man hat mich hier noch nicht abgeschrieben... :-/
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon Harry.H » Di 10. Mai 2016, 09:41

Liest das noch jemand hier?
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Re: Vergleich von Wachstumsgeschwindigkeiten, Signifikanztes

Beitragvon Ivory » Di 10. Mai 2016, 12:06

Ja, die Statistikprogramme geben dir das alles (Standardabweichungen, Standardfehler, Quartile, Mittelwert,
Median usw.) mit aus, muss nur teilweise erst per Häkchen vor der Berechnung aktiviert werden (SPSS).

Natürlich sind sie dabei auch auf die Werte angewiesen, die du einträgst. Im Allgemeinen haben sie aber deutlich
bessere und umfassende Funktionen als "nur" Excel. D. h. ich würde schon dazu raten, es mal mit der Testversion
von z. B. SPSS zu probieren (2 Wochen gültig). Alternativ soll wohl auch STATA ganz gut sein, R hingegen ist
komplizierter für Laien. Auf youtube gibt es viele gute Tutorials, die bei der Einarbeitung behilflich sein können.

Bei den t-Tests kommt es darauf an, was du genau anschauen willst. Im Allgemeinen würde man zuerst eine
ANOVA rechnen (hier mit Messwiederholung), um zu sehen, ob es überhaupt Haupt- oder Interaktionseffekte
zwischen deinen Variablen gibt. Wenn sich da nichts zeigt, kann man sich die einzelnen Mittelwertsvergleiche
nämlich unter Umständen sparen. Es sei denn, man hat von vornherein die Hypothese, dass sich genau -dieser-
eine Mittelwert von -dem- anderen da zu unterscheiden hat. Dann sollte man das über einen paarweisen Vergleich
(t-Test für verbundene/abhängige Stichproben) berechnen - einseitig, wenn man eine Annahme hat in welche
Richtung der Unterschied zeigen soll; zweiseitig, wenn dies nicht der Fall ist.

Hoffentlich hilft dir das schon mal ein bisschen weiter.
Inhaltlich kann ich gerade leider nicht weiterhelfen, da ich momentan keine Zeit habe, das nachzuvollziehen.
Ivory
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