forenthomas hat geschrieben:Ist schon ärgerlich, wenn man plötzlich merkt, dass für gesichertert gehaltenes Wissen nicht das ist, was es zu sein vorgab.
Ja und nein. Ja, es ist ärgerlich und man zweifelt, was man sonst noch glauben darf. Andererseits ist es auch immer wieder faszinierend, wenn man sich mit einem neuen Thema beschäftigt und neue Erkenntnisse und Einsichten gewinnt.
Ich selbst habe geschrieben:
Da in sehr vielen praktischen Fällen Konfidenzintervalle sehr ähnlich Vertrauensintervallen sind
Und das würde ich gerne an diesem Beispiel demonstrieren. Mit meinem noch sehr lückenhaften Bayes-Wissen, kann man ein
credible interval, also ein Intervall, in dem man tatsächlich aufgrund der vorliegenden Daten und unter der Annahme eines binomialen Prozesses mit 95% Wahrscheinlichkeit erwarten kann, aus einer Beta-Verteilung mit den Lageparametern a=65 und b=35 bestimmen, also z. B.
- Code: Alles auswählen
> qbeta(0.025, 65, 35)
[1] 0.5543693
> qbeta(0.975, 65, 35)
[1] 0.7399466
Das wäre ein 95%-credible intervall von 55,4% bis 74,0%.
Das klassische Konfidenzintervall dagegen sieht so aus:
- Code: Alles auswählen
> binom.test(65,100)$conf.int
[1] 0.5481506 0.7427062
attr(,"conf.level")
[1] 0.95
Also von 54,8% bis 74,3%.
Die Abweichung liegt im Nachkommabereich und vielleicht sollte man gar keine Nachkomma-Prozente beachten, wenn man nur 100 Untersuchugnseinheiten erhoben hat. Das soll heißen, dass beide Verfahren, mit erheblichem Unterschied in der Denkweise, in diesem Beispiel zu praktisch gleichen Ergebnissen kommen.
Die Denkweise ist halt im Bayes-Lager viel einfacher: Aufgrund der Daten (und mit flacher Prior-Verteilung) und der Annahme eines binomialen Modells, kann ich verschiedenen p jeweils eine Likelihood zuweisen und mir darin ein Intervall suchen, das 95% der Fläche unter der Verteilungskurve abdeckt.
Wenn man das einmal gehört hat, dann reibt man sich doch die Augen bei: Wenn ich diese Befragung sehr, sehr häufig durchführe, dann wird von den mit dieser Methode errechneten Intervallen in mindestens 95% der Wiederholungen die wahre Wahrscheinlichkeit in diesem Intervall enthalten sein und folgendes ist das Intervall im vorliegenden Fall. Ich kann aber keine Gleichverteilung über diese Fälle annehmen und daher die 95% nicht auf meinen Fall übertragen.
LG,
Bernhard