von Holgonaut » Mi 26. Dez 2012, 18:48
Hi Herja,
die Pfadregeln sind extrem hilfreich um zu verstehen, wie aus einer spezifizierten Modellstruktur implizite Korrelationen herleitbar sind.
Jede Kausalstruktur impliziert ganz bestimmte Varianzen und Kovarianzen - d.h. wenn die Struktur korrekt ist, müssen bestimmte Varianzen und Kovarianzen
der Variablen vorliegen. Die Pfadregeln vereinfachen dies, in dem es hier um die impliziten Korrelationen geht - wodurch die Varianzen standardisiert sind und
somit ignoriert werden können.
Einfachstes Beispiel: Angenommen, du hypothetisierst eine vollständige Mediation: X --a--> M --b--> Y
Daraus folgt, dass die sich die Korrelation zwischen X und M aus a ERGIBT, bzw. die Kovarianz aus Var(X)*a (aber wie oben gesagt wird das durch die Standardisierung vereinfacht).
Weiterhin folgt daraus, dass Kor(X,Y) = a * b.
Wenn du das Modell testest, werden diese impliziten Korrelationen/Kovarianzen mit den empirischen verglichen; Ergebnis ist ein Test, der zeigt, ob das Modelll pausibel und es irrelevante Abweichungen zwischen beiden Korrelationen gibt. Angenommen, Dein Modell ist falsch und es gibt stattdessen einen zusätzlichen direkten Pfad von X auf Y. In dem Fall ist die empirische Korrelation höher als a*b - das Modell fittet nicht.
Nach diesem Prinzip folgen auch bei komplexen Modellen aus der jeweilgen Struktur ganze Korrelationsmatrizen. Die Pfadregeln dienen dazu, *aus einer spezifizierten Struktur* die impliziten Korrelationen zu ermitteln. Dies kann auch helfen, im Umkehrschluss zu analysieren, welche Pfade in der Generierung einer bestimmten Korrelation verwickelt sind und wo eine mögliche Misspezfikation besteht. Im o.g. Beispiel war es die Korrelation von X und Y, die uns zeigt, dass es einen direkten Effekt geben könnte.
Mit dem "vorwärts-rückwärts" ist ein "compound path" gemeint - d.h. eine Zusammensetzung einzelner Effekte/Pfeile. Innerhalb eines Pfades darfst du nicht erst vorwärts und dann rückwärts gehen. Beispiel: Du hast ein Regressionsmodell, in dem Y durch A und B beeinflusst werden (jeweils durch die Effekte a und b). Wir nehmen mal an, dass A und B unkorreliert sind- nun ist es augenscheinlich eben nicht so, dass die Korrelation zwischen A und B = a*b ist, weil du hier erst vorwärts und dann rückwärts gehen würde. Wäre das erlaubt, müsste entweder a oder b (oder beide) gleich 0 sein, um die Korrelation von 0 (wie festgelegt) zu erreichen. Du verstehst hoffentlich, dass es natürlich möglich ist, dass A und B unkorreliert sind,
aber beide selbst Effekte auf Y haben? Aus vorwärts-rückwärts folgt einfach keine Korrelation! Bei rückwärts-rückwärts oder vorwärts-vorwärts (was dasselbe ist) aber schon, wie das anfangs erwähnte Mediationsmodell zeigt.
Ich hoffe, das hilft. Die Pfadregeln sind enorm wichtig, wenn man Kompetenz in Sachen SEM entwickeln möchte!
Grüße
Holger