Hallo,
ich stehe kurz vor der Disputation meiner Doktorarbeit und habe zwei dringende Fragen:
Wir haben eine randomisierte, kontrollierte Studie über 3 Messzeitpunkte hinweg durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mit 2faktoriellen Varianzanalysen mit Messwiederholung (Faktoren Gruppe und Messzeit). Als Indikator für die Wirksamkeit der Intervention habe ich einen signifikanten Gruppe x Messzeit-Effekt zugunsten der IG herangezogen. Zusätzlich habe ich aber auch den Verlauf innerhalb der IG und KG mit einfaktoriellen Varianzanalysen mit Messwiederholdung bzw. Intragruppenkontrasten (Vergleich t1 und t2, t1 und t3 und t2 und t3) untersucht, um zu sehen, ob sich die IG tatsächlich wie erwartet zw t1 und t2 verbessert hat und ob der Unterschied zw t1 und t3 immer noch signifikant ist. Der eine Gutachter hat dieses Vorgehen bemängelt, da Zeiteffekte der IG bereits in der übergeordneten ANOVA sichtbar werden.
Grundsätzlich hat er Recht damit, dass die 2faktorielle Analyse entscheidend für das Annehmen oder Ablehnen der Hypothese ist, aber sind die Intragruppenkontraste wirklich so überflüssig? Wir haben nämlich leider durch starkes Dropout in der IG das Phänomen, dass die Gruppen zu Beginn zwar keine signifikanten, aber auch nicht gerade kleine Ausgangslagenunterschiede haben und dass die KG sich zum 3. Messzeitpunkt hin ebenfalls verbessert hat. Um sicher zu sein, dass der signifikante Gruppe x Messzeit-Interaktionseffekt nicht durch die Ausgangsunterschiede oder Verbesserung der KG zustande gekommen ist, sind doch Intragruppenkontraste sinnvoll? Kann es rein theoretisch nicht auch sein, dass man einen signifikanten Interaktionseffekt hat, sich innerhalb der IG und KG aber keine signifikanten Veränderungen im Zeitverlauf finden? Außerdem kann ich durch die Kontraste Aussagen machen wie "die KG hat sich zu t3 ebenfalls verbessert, der Unterschied zu t1 ist aber nicht signifikant (oder eben doch - aber erst zu t3 und nicht zu t2 wie in der IG). Wichtig war mir auch zu zeigen, dass der Effekt in der IG auch nach Interventionsende erhalten bleibt, der Unterschied zwischen t1 und t3 in der Ig also signifikant ist. Das kann ich doch allein anhand eines signifikanten Interaktionseffektes nicht sagen (die IG könnte sich zwar zu t2 sign. verbessert haben, zu t3 aber wieder auf dem Ausgangsniveau liegen. Dann wäre der Interaktionseffekt ebenfalls signifikant, wenn sich die KG nicht ebenfalls verändert hat).
Zusätzlich zur ANOVA habe ich auch standardisierte Mittelwertsunterschiede zwischen IG und KG nach Hedges berechnet (ähnlich Cohens d, aber besser bei ungleichen Gruppengrößen) und diese entsprechend einem in der Literatur gefundenen Vorschlag um evtl. Ausgangslagenunterschiede zwischen IG und KG korrigiert, indem der Präwert von dem Postwert subtrahiert wird. Hier habe ich in einigen Maßen eine Effektstärke um .50, obwohl der Interaktionseffekt nicht signifikant ist. Das deutet doch darauf hin, dass es sehr wohl bedeutsame Unterschiede zwischen IG und KG gibt, obwohl statistisch nicht signifikant?
Kann mir da jemand weiterhelfen? Vielen Dank im Voraus.
LG
livani