Interpretation Kendalls tau

Bivariate Korrelation, partielle Korrelation und Rangkorrelation.

Interpretation Kendalls tau

Beitragvon lassekongo » Fr 25. Apr 2014, 13:34

Liebes Forum,

ich muss im Rahmen meiner Masterarbeit (Bereich Health Geography) eine Reihe von bivariaten Analysen machen und habe hierbei einige Probleme bei der Interpretation bzw. einige Fragen.

Ich habe als Beispiel eine gerichtete Hypothese H(A1): "Je besser das Handwaschverhalten desto geringer sind die gesundheitsbedingten Fehlzeiten"

AV. Variable: Gesundheitsbedingte Fehlzeiten, ordinal (1 = once per week, 2 = once per month, 3 =..., 4 = ...)
UV: Handwaschverhalten nach Toilettennutzung (1 = never, 2 = seldom, 3 = mostly = 4 = usually)

Die Sichprobengröße ist n=985. Da beide Variablen ordinalsklaliert sind, habe ich neben einer Kreuztabelle Kendall-tau c berechnen lassen. Hier habe ich jedoch Probleme bei der Interpretation.
Hier der SPSS Output:

Bild

Die Kreuztabelle zeigt ja Ergebnisse entgegen des vermuteten Zusammenhangs. Ich verstehe allerdings nicht genau wie der Kendall tau-c Wert grundsätzlich zu interpretieren ist bzw. zu formulieren ist.

Bedeutet das negative Vorzeichen, dass eine Erhöhung des Wertes der UV tendentiell zu einer Abnahme des Wertes der AV führt (Ergo: Häufigeres Händewaschen führt zu häufigeren gesundheitsbedingten Fehlzeiten?). Bin mir aber nicht sicher ob ich hier grundlegend falsch liege, was die Formulierung anbelangt.

Darüber hinaus habe ich noch einige weitere Fragen:

1. Ist es zulässig den Chi-Quadrat-Test anzuführen, auch wenn beide Variablen ordinal skaliert sind? (Ich würde in der Arbeit nur darauf verweisen, dass der Test hochsignifikant ist und die Variablen damit nicht unabhängig sind).
2. Gehe ich recht in der Annahme, dass sich bei der Umkodierung einer oder beider Variablen (1 wird 4, 4 wird 1 usw.) der Kendall tau Wert nicht verändert, wohl aber das Vorzeichen?
3. Die AV hatte ursprünglich auch noch eine 5. Antwortmöglichkeit "don´t know"...ich hab die Fälle von der Analyse ausgeschlossen, weil ich nicht weiß, inwiefern die Inklusion den Korrelationskoeffizienten verändert. Ist das plausibel?
4. Wenn ich - theoretisch begründet - die AV dichotomisiere (eine Gruppe mit Fehlzeiten von einmal pro Woche oder häufiger; diese Gruppe interessiert mich am meisten versus eine zweite Gruppe mit Fehlzeiten von einmal pro Monat oder weniger), könnte ich dann trotzdem noch ordinale Zusammenhangsmaße nutzen, oder müsste ich auf nominale Maße zurückgreifen?

Vielen Dank!
Christoph
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon Mila*** » Mi 7. Mai 2014, 19:27

Hallo Christoph,
Deine Interpretation des Korr.koeffizienten ist richtig. Ergebnis ist also entgegen Erwartung. Allerdings ist der Zusammenhang ja nur gering.

1. Ist es zulässig den Chi-Quadrat-Test anzuführen, auch wenn beide Variablen ordinal skaliert sind? (Ich würde in der Arbeit nur darauf verweisen, dass der Test hochsignifikant ist und die Variablen damit nicht unabhängig sind).
[/quote]
Im Prinzip schon, aber mit der Korrelationsanalyse hast Du Deine Frage ja beantwortet und Du brauchst den Chi_Quadrat -Test nicht mehr.
lassekongo hat geschrieben:2. Gehe ich recht in der Annahme, dass sich bei der Umkodierung einer oder beider Variablen (1 wird 4, 4 wird 1 usw.) der Kendall tau Wert nicht verändert, wohl aber das Vorzeichen?

Ja.
lassekongo hat geschrieben:3. Die AV hatte ursprünglich auch noch eine 5. Antwortmöglichkeit "don´t know"...ich hab die Fälle von der Analyse ausgeschlossen, weil ich nicht weiß, inwiefern die Inklusion den Korrelationskoeffizienten verändert. Ist das plausibel?

Du musst die Kategorie ausschließen, sonst ist keine Reihenfolge der Kategorien mehr gegeben.
lassekongo hat geschrieben:
4. Wenn ich - theoretisch begründet - die AV dichotomisiere (eine Gruppe mit Fehlzeiten von einmal pro Woche oder häufiger; diese Gruppe interessiert mich am meisten versus eine zweite Gruppe mit Fehlzeiten von einmal pro Monat oder weniger), könnte ich dann trotzdem noch ordinale Zusammenhangsmaße nutzen, oder müsste ich auf nominale Maße zurückgreifen?

Du musst nominale Maße verwenden.
Viele Grüße,
Marion
Zuletzt geändert von Mila*** am Mi 7. Mai 2014, 19:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon lassekongo » So 11. Mai 2014, 01:00

Zunächst mal vielen Dank für die Hilfe! Zumindest die Art der Interpretation habe ich nun glaube ich verstanden.
Je mehr ich mich allerdings einlese, desto verunsicherter bin ich was die Wahl des richtigen (Rang-)Korrelationskoeffizienten anbelangt. Ich habe unter anderem gelesen, dass sich Kendall bei großen Stichproben nicht so gut eignen soll. Nun habe ich aber ein sample von ca. 975 und da natürlich auch eine Menge Bindungen drin, müsste ich dann nicht doch eher Tau b statt Tau c nutzen? Oder doch spearman? (Mal davon abgesehen, dass die Unterschiede im Ergebnis eher marginal sind).

Beste Grüße
Christoph
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon PonderStibbons » So 11. Mai 2014, 14:37

Das ist offensichtlich gehoppt wie gesprungen.
Normalerweise dürfte über Spearman hier keiner
stolpern, die Bindungen werden bei der Rechnung
ohnehin berücksichtigt. Eher ist seltsam, dass
zwischen 20 und 40% (je nach Subgruppe) der
Fälle mindestens einmal pro Woche (bzw. > 50
Tage im Jahr) gesundheitsbedingt fehlen sollen.
Was für eine Art Betrieb soll denn das sein?

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon lassekongo » So 11. Mai 2014, 15:03

PonderStibbons hat geschrieben:Was für eine Art Betrieb soll denn das sein?
.


Eine Grundschule in Kenya. Wobei die Zuverlässigkeit der Daten sicher angezweifelt werden kann/muss.

Ich habe allerdings immer noch Probleme mit dem Verständnis und der Formulierung im Zusammenhang mit den Korrelationen.
Kurzes Beispiel: Ich habe eine ordinale unabh. Variable zum Zustand der Latrinen: Kategorien 1 bis 4, je höher desto sauberer.
Als abh. Variable dann die oben bereits genannte health-related-absence, ebenfalls von 1-4, je höher desto seltener sind die Kinder abwesend.

Meine Alternativhypothese lautet: Pupils have more health problems in schools with bad sanitary conditions (= operationalisiert als latrine cleanliness)
Nullhypothese: There is no association between sanitary conditions and pupils´ health.

Kann ich das allg. dann so formulieren:
"...an increase in rank in v20 – which means more cleanliness – should on average lead to an increase in rank in v36, which would mean lower rates of absence."
Bzw. allg. ausgedrückt:

H0: Tau (b) = 0

HA(1)): Tau(b) größer/gleich 0

Erlauben die Rangkorrelationskoeffizienten eine Unterscheidung in abhängige und unabhängige Variable? Den ich gehe ja in allen Fällen davon aus, dass die unabh. Variable (latrine cleanliness, handwashing etc.) die abh. beeinflusst und nicht umgekehrt.

Kann ich das wie beschrieben formulieren, oder wäre das formal falsch? Vielleicht stehe ich aber auch komplett auf dem Schlauch...

Besten Dank
Christoph
Zuletzt geändert von lassekongo am So 11. Mai 2014, 15:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon lassekongo » So 11. Mai 2014, 15:17

Oder, um nochmal das oben gepostete Handwashing-Beispiel zu bemühen, bedeutet der Kendall tau von -0,137 dann nicht, dass eine Erhöhung des ranks auf Seiten der UV Handwashing zu einem niedrigeren rank auf Seitden der AV führt.
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon PonderStibbons » So 11. Mai 2014, 17:16

Da es eine Beobachtungsstudie ohne experimentelle Manipulation ist,
können kausale Beziehungen hier nicht belegt werden, nur Assoziationen.

Vermutlich liegen hier Drittvariableneffekte vor, d.h.
unberücksichtigte Drittvariablen erhöhen sowohl die (berichtete)
Handwaschrate als auch die (berichteten) krankheitsbedingten
Absenzen.

Selbst wenn keine Drittvariableneffekte vorliegen sollten, könnte
keine Kausalrichtung sicher angenommen werden. Krankheitsanfälligkeit
kann eher die Handwaschneigung erhöhen als Händewaschen zu
Erkankungen führen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Interpretation Kendalls tau

Beitragvon lassekongo » Mo 12. Mai 2014, 16:38

PonderStibbons hat geschrieben:Da es eine Beobachtungsstudie ohne experimentelle Manipulation ist,
können kausale Beziehungen hier nicht belegt werden, nur Assoziationen.

Vermutlich liegen hier Drittvariableneffekte vor, d.h.
unberücksichtigte Drittvariablen erhöhen sowohl die (berichtete)
Handwaschrate als auch die (berichteten) krankheitsbedingten
Absenzen.


Das ist mir alles klar, es ging mir um die Art der Formulierung.
"...an increase in rank in v20 – which means more cleanliness – should on average lead to an increase in rank in v36, which would mean lower rates of absence."
Ergo wäre es vielleicht besser, statt "leads to" "is associated with" zu nutzen?


PonderStibbons hat geschrieben: Krankheitsanfälligkeit
kann eher die Handwaschneigung erhöhen als Händewaschen zu
Erkankungen führen.


Nicht wenn das genutzte Wasser möglicherweise kontaminiert ist, wofür es im Rahmen der Studie zwar in Einzelfällen Hinweise, aber keine Beweise gibt.

Beste Grüße
Christoph
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