Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Beitragvon Linstaedt » Mo 6. Feb 2012, 10:55

Liebe Experten,

ich suchte vor kurzem für ein Forschungsprojekt an meinem Lehrstuhl eine bequeme Auflistung über die Restriktionen von Pfadmodellen und kam bei folgenden Fragen nicht weiter:

- die erste Frage ist etwas Grundsätzliches: Worin besteht der Unterschied zwischen Moderation und partieller Mediation?

- Wenn man eine moderierte Mediation des Typus A --> M --> B hat, wobei der Pfad M --> B moderiert sein soll durch eine weitere Variable, wie analysiert man dann diese Moderation? Ist es legitim, einfach einen Cut zu machen und A einfach außen vor zu lassen und dann ganz normal die Moderation des M --> A Pfades zu interpretieren, wie jede einfache Moderation auch? Oder hat A einen Einfluss auf den moderierten M --> B Pfad und muss deshalb mit berücksichtigt werden (bzw. stellt sich hier ja auch die Frage, ob der direkte Effekt zwischen A und B keinerlei Berücksichtigung finden muss bei der Interpretation des moderierten M --> B Pfades)? Wenn letzteres zutrifft: Wie wird das gemacht?

- Bezogen auf die dargestellte moderierte Mediation in Frage 2: Darf der Moderator des Pfades M --> B korrelieren mit dem Prädiktor/mit dem Mediator/ mit dem Kriterium? Oder ist dann eine Interpretation nur eingeschränkt möglich?

- wenn die Beziehung des Pfades M --> B in der oben dargestellten Mediation positiv ist, kann dann die Moderation dieses Pfades bewirken, dass die Beziehung zwischen M und B 0 oder sogar negativ wird?

- muss eigentlich generell eine signifikante Beziehung bestehen zwischen dem Mediator und dem Kriterium; oder reicht eine Beziehung zwischen Prädiktor und Mediator und ein direkter Effekt zwischen Prädiktor und Kriterium für das Erreichen einer signifikanten Mediation aus?

- ich habe mal gehört, dass der Mediator sich dadurch auszeichnet, dass er allein nicht auf das Kriterium wirkt, wenn er losgelöst vom Prädiktor in seiner Wirkung auf das Kriterium betrachtet wird. Muss das so sein? Oder kann die Beziehung M --> B auch ohne A signifikant bestehen? (bezieht sich wiederum auf meine zweite Frage oben)

- besteht eine signifikante Beziehung zwischen A --> M --> B nur im System, also gibt es in der Regel keine signifikanten Beziehungen, wenn man die Pfade losgelöst voneinander betrachtet?

Ich hoffe, die Fragen sind verständlich formuliert und würde mich sehr über Antworten freuen!

LG,

Jana
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Re: Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Beitragvon Holgonaut » Mi 8. Feb 2012, 16:25

Hi Jana,

- die erste Frage ist etwas Grundsätzliches: Worin besteht der Unterschied zwischen Moderation und partieller Mediation?


Ein Moderator beeinflusst die Beziehung zwischen X und Y. Er kann einen Effekt haben, muss es aber nicht. Ein partieller Mediator vermittelt den Effekt zwischen X und Y. Er muss einen Effekt auf Y haben und X muss einen Effekt auf den Mediator haben. Zusätzlich hat X noch einen direkten Effekt. Es kann nun vorkommen, dass dieser direkte Effekt noch vom Mediator moderiert wird. Dann ist der Mediator gleichzeitig ein Moderator.

- Wenn man eine moderierte Mediation des Typus A --> M --> B hat, wobei der Pfad M --> B moderiert sein soll durch eine weitere Variable, wie analysiert man dann diese Moderation? Ist es legitim, einfach einen Cut zu machen und A einfach außen vor zu lassen und dann ganz normal die Moderation des M --> A Pfades zu interpretieren, wie jede einfache Moderation auch? Oder hat A einen Einfluss auf den moderierten M --> B Pfad und muss deshalb mit berücksichtigt werden (bzw. stellt sich hier ja auch die Frage, ob der direkte Effekt zwischen A und B keinerlei Berücksichtigung finden muss bei der Interpretation des moderierten M --> B Pfades)? Wenn letzteres zutrifft: Wie wird das gemacht?


A muss nur dann berücksichtigt werden, wenn es auf B einen direkten Effekt hat. In diesmal wird der M->B - Effekt überschätzt - der Produktterm bleibt bzgl. Höher und Signifikanz unverändert. Ansonsten könntest du ja nie Moderatoren testen, weil Prädiktoren ja immer irgendwelche Ursachen haben.
Wenn du A aber im Datensatz hast, kannst du es einfach als Kovariate mit reinnehmen. Schad ja nix.

- Bezogen auf die dargestellte moderierte Mediation in Frage 2: Darf der Moderator des Pfades M --> B korrelieren mit dem Prädiktor/mit dem Mediator/ mit dem Kriterium? Oder ist dann eine Interpretation nur eingeschränkt möglich?


Ja kann er. Wenn die Beziehung zwischen Prädiktor und Moderator kausal ist (also Prädiktor --> Moderator), ist der Moderator gleichzeitig ein Mediator (siehe erste Antwort)

- wenn die Beziehung des Pfades M --> B in der oben dargestellten Mediation positiv ist, kann dann die Moderation dieses Pfades bewirken, dass die Beziehung zwischen M und B 0 oder sogar negativ wird?


Vorsicht vor Begriffen wie DIE Beziehung....Wenn es einen Moderatoreffekt gibt, gibt es DIE Beziehung nicht, sondern sie ist konditional bzgl. des Moderator. Natürlich kann da alles mögliche passieren :)
Das muss man letztlich grafisch veranschaulichen und beurteilen.

- muss eigentlich generell eine signifikante Beziehung bestehen zwischen dem Mediator und dem Kriterium; oder reicht eine Beziehung zwischen Prädiktor und Mediator und ein direkter Effekt zwischen Prädiktor und Kriterium für das Erreichen einer signifikanten Mediation aus?


Die Beziehung zwischen Prädiktor und Mediator und zwischen Mediator und Kriterium müssen sign. sein. Letztlich muss der indirekte Effekt (Produkt der direkten) aber sign. sein (Stichwort bootstrapping). Es muss keine direkte sig. Beziehung zwischen Prädiktor und Kriterium geben, da eine partielle Mediation mit gegenläufgen Effekt-Ricthungen zu einem 0 - Zusammenhang führen kann. Beispiel: Direkter Effekt ist negativ, indirekter positiv. Totaler Effekt = direkter + indirekter Effekt.

- ich habe mal gehört, dass der Mediator sich dadurch auszeichnet, dass er allein nicht auf das Kriterium wirkt, wenn er losgelöst vom Prädiktor in seiner Wirkung auf das Kriterium betrachtet wird. Muss das so sein? Oder kann die Beziehung M --> B auch ohne A signifikant bestehen? (bezieht sich wiederum auf meine zweite Frage oben)


Das ist Käse. Er hat einen Effekt, Punkt. Denk an das Beispiel, dass Alkohohl (X) Rezeptoren besetzt (M) und dies zu Bewegungsstörungen führt (Y). Wenn du jetzt ein Mittel spritzt, dass M bewirkt, resultieren dieselben Bewegungsstörungen daraus.

Die Antwort auf die letzte Frage hab ich oben gegeben.

Grüße
Holger
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Re: Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Beitragvon joost » Mi 4. Feb 2015, 08:58

Ich hänge mich mal an den wunderbar erklärten alten Beitrag ran;
Grund: ich muss aus bestimmten Gründen das Pferd von hinten aufziehen, d.h. ich suche mit Gewalt ein methodisches Verfahren, um meine Masterarbeit "aufzuwerten", deren Grundthema feststeht und auch so gewünscht ist (Methodenvergleich mit kleiner Stichprobe, 3 Gruppen a 25 Teilnehmer). Theoretisch begründen kann ich alles, wenn ich mag, z.B. auch eine moderierte Mediation.
Die Frage an dieser Stelle: gibt es Stichprobenrestriktionen für eine moderierte Mediation?
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Re: Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Beitragvon Holgonaut » Do 5. Feb 2015, 11:26

Hi Joost,

Restriktionen gibt es nie. Es ist nur so, dass mit sinkender Stichprobe die SE steigen und die power abnimmt, Effekte zu finden. Bei Moderatoreffekten ist das besonders krass, weil der Prouktterm
sehr messfehlerbehaftet ist. Seine Reliabilität ergibt sich aus dem Produkt der Reliabilitäten der einzelnen Komponenten.

Bei maximum-likelihood-basierten Verfahren (z.B. SEM) sind die Parameterschätzungen zudem in kleinen Stichproben gebiased (ML ist "asymptotisch unverzerrt"). Das sind eben die Nachteile.

Grüße
Holger
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Re: Moderierte Mediation - Restriktionen und Implikationen

Beitragvon joost » Do 5. Feb 2015, 16:56

.. oder anders: wenn ich das mache, muss ich das auch so diskutieren.
Ich glaube, Du hast mir an dieser Stelle dick weitergeholfen - vielen Dank
joost
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