Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon Goswell » Mi 8. Jul 2015, 14:23

Hallo liebe Statistiker!
Ich habe zwei Fragen zum Vorgehen in der Datenanalyse meiner Studie..
In einem subjektiven Fragebogen haben die Teilnehmer Informationen zu ihrem Konsumverhalten (Alkohol, Zigaretten, ..) und gewissen emotionalen Variablen abgegeben, größtenteils in Form von Likert-Skalen.

In der Analyse möchte ich die Teilnehmer, welche niedrige Scores in der emotionalen Variablen erreicht haben, mit denen welche höhere Scores in der emotionalen Variablen erreicht haben, im Bezug auf die Konsumvariablen vergleichen. Hierzu habe ich die Teilnehmer in zwei Gruppen geteilt, und zwar in kleiner/gleich dem Durchschnitt (low), und größer als der Durchschnitt (high). Diese "low" und "high" Gruppen wurden als Gruppierungsvariablen für den Mann-Whitney U-Test verwendet, mit den Konsumvariablen (Likert-Skala) als abhängige Variable.
Ich möchte herausfinden, ob die Gruppen (low vs high) sich im Bezug auf die Zielvariablen unterscheiden.
Ist dieses Vorgehen soweit korrekt, und ist der Mann-Whitney U-Test passend für meine Daten und die Fragestellung?

Dies wäre der erste Teil meiner Analyse. Da es aber auch denkbar ist, dass die Konsumvariablen einen Einfluss auf die emtionalen Variablen haben, möchte ich die Analyse auch andersherum durchführen! D.h. in diesem Fall, dass ich Nichttrinker mit Problemtrinkern (Gruppierungsvariable) im Bezug auf die emotionalen Variablen (Likert-Skala) vergleichen möchte. Ist diese Vorgehensweise ("Tauschen" der Gruppierungs- und Zielvariablen) akzeptabel und ergibt einen Sinn?

Und welches Maß der Effektstärke würdet ihr mir empfehlen? Pearson's r oder doch lieber Cohen's d?


Ich würde mich über eure Meinungen und Vorschläge zu meinem Vorgehen freuen!
Falls etwas unklar ist, bitte melden, ich werde es dann nochmal präzisieren..

Viele Grüße,
Robert
Goswell
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon bele » Mi 8. Jul 2015, 15:06

Hallo Goswell,

es hört sich für mich so an, als sei die künstliche Zweiteilung Deiner Daten unnötig und Du solltest eher mit Korrellationsrechnung als mit Rangsummentests arbeiten. Das Aufteilen in zwei Gruppen ist in aller Regel mit Informationsverlust verbunden, es ist meistens künstlich, was man bei ungeraden Gruppengrößen merkt oder wenn es mehrere Teilnehmer gibt, deren Wert genau dem Durchschnitt entspricht und so weiter.
Überleg mal, ob man das nicht besser mit Pearson oder Spearman und dem dazugehörigen Test für die Korrelation analysieren sollte.

LG,
Bernhard
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 8. Jul 2015, 16:09

und gewissen emotionalen Variablen abgegeben, größtenteils in Form von Likert-Skalen.

Sind es tatsächlich Likert-Skalen (bestehend aus mehreren Likert-Items,
die aufsummiert werden), oder sind es lediglich einzelne Items
vom Likert-Typ? Je nachdem, ergeben sich unterschiedliche
Möglichkeiten.
Hierzu habe ich die Teilnehmer in zwei Gruppen geteilt, und zwar in kleiner/gleich dem Durchschnitt (low), und größer als der Durchschnitt (high).

Wie bereits Bele mitteilte, ist das kein sinnvolles Vorgehen.
Wieso wird jemand mit einer mit Ausprägung knapp
unter dem Mittelwert zusammengepackt mit jemandem
mit extrem niedriger Ausprägung, aber nicht mit seinem
wertemäßigen Nachbarn, der eine Ausprägung knapp über
dem Mittelwert hat? Das führt zu nichts bzw. zu irreführenden
Ergebnissen. Da Du die Betrachtungsrichtung auch noch
"umdrehen" möchtest, wären Korrelationskoeffizienten
geeigneter, es spart dann sogar 1 Rechendurchgang.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon Goswell » Do 9. Jul 2015, 09:16

Danke ersteinmal an euch für die schnellen Antworten, bele und PonderStibbons!
Ja, die Sache mit dem Informationsverlust habe ich auch schon bedacht, allerdings danach gekonnt ignoriert und mir schöngeredet. ;)

Es geht tatsächlich um Likert Skalen. Für die Analyse werden dann ausschließlich die summierten Scores (also die addierten Scores von mehreren Items) verwendet.
Ich habe zwar ein großes Sample, allerdings wurden manche der Skalen nur den "Problemtrinkern" präsentiert, diese stellen nur ungefähr 1/6 der Gesamtstichprobe dar.
Nun wollte ich die Nichttrinker, unproblematischen Trinker, semi-problemaitsche Trinker, und problematische Trinker untereinander im Bezug auf die emotionalen Variablen (ebenfalls Likert Skalen, summiert aus entsprechenden Items) vergleichen. Dies gibt die Analyse der Korrelationskoeffizienten in der Art und Weise aber nicht her, oder irre ich mich da?

Und wäre es für einen Vergleich zwischen Mann und Frau sinnvoll den U-Test zu nutzen?
Goswell
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon PonderStibbons » Do 9. Jul 2015, 09:46

Nun wollte ich die Nichttrinker, unproblematischen Trinker, semi-problemaitsche Trinker, und problematische Trinker untereinander im Bezug auf die emotionalen Variablen (ebenfalls Likert Skalen, summiert aus entsprechenden Items) vergleichen.

Das wären dann wohl einfaktorielle Varianzanalysen bzw.
Kruskal-Wallis H-Tests.
Und wäre es für einen Vergleich zwischen Mann und Frau sinnvoll den U-Test zu nutzen

Das oder eventuell t-Test.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon Goswell » Mi 22. Jul 2015, 22:22

Hallo nochmal! :)
Danke für die letzte Hilfe, es hat mir zwar erstmal geholfen, aber ich habe die Analyse nun doch komplett umgeworfen.

Ich habe mich nun gegen eine Gruppenzuteilung entschieden und habe geschaut wie gut ich mit einer Kombination aus verschiedenen unabhängigen Variablen meine abhängige Variable (problematischen Alkoholkonsum) voraussagen kann.

Also eine multiple lineare Regression.

Mein Startmodel beinhaltet Alter, Geschlecht, versch. Emotionale Variablen, Alkoholkonsummotive (5 versch.), und Alkoholkonsumfrequenz. um problematischen Alkoholkonsum vorherzusagen. Alle Variablen außer Alter und Geschlecht bestehen aus summierten Likert-Skalen, zählen also als ordinal continuous.

Wenn ich mit diesem Modell starte und Variablen aussortiere um das finale Modell zu erreichen, welche Empfehlungen habt ihr für ein korrektes Vorgehen?

Ich habe erstmal einzelne multiple Regressionen mit den einzelnen Gruppen an Variablen durchgeführt ( z.B. alle Motive, oder die emotionalen Variablen, etc. .. ) und hier jeweils die Variablen mit den größten beta-Werten und p<0.05 notiert um sie später ins finale Modell zu stecken.
Ansonsten habe ich mir die bivariate Korrelationsmatrix angesehen (Kendall's tau). Hier bin ich unsicher: Wie stark "dürfen" die einzelnen unabhängigen Variablen miteinander korrelieren? Und was ist, wenn Alkoholkonsumfrequenz mit der abhängigen Variablen "problematischer Alkoholkonsum" mit einem Wert von 0.5 korreliert, ist das trotzdem OK?

In meinem finalen Modell habe ich einmal alle zuvor als signifikant erkannten Variablen in einem Schritt hinzugefügt, alle hatten nach wie vor signifikanten Einfluss auf die abhängige Variable.
Außerdem habe ich die Variablen schrittweise manuell hinzugefügt, in der Reihenfolge geleitet durch vorherige Studien und zuvor belegte Fakten (z.B., dass die Konsumfrequenz mit problematischem Konsum assoziiert ist.). Das Ergebnis ist grob das gleiche wie in dem anderen Ansatz.

Wie wäre hier der korrekte Weg vom Anfangsmodell zum Endmodell, und was gehört dann in den Report? Ich finde es schwierig zu entscheiden, was tatsächlich von diesen Schritten berichtet werden sollte, und was nicht.

Über Input eurerseits würde ich mich freuen! :)

Falls ich Infos vergessen habe, lasst es mich wissen.

Viele Grüße
Goswell
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Re: Analysefrage: Mann-Whitney U-Test "umgekehrt"?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 22. Jul 2015, 22:34

Wenn ich mit diesem Modell starte und Variablen aussortiere um das finale Modell zu erreichen, welche Empfehlungen habt ihr für ein korrektes Vorgehen?

Wozu irgendwas sortieren? Zu Prädiktoren für Alkoholkonsum gibt es
hunderte von Studien. Da kann man auf dieser Basis ein sinnvolles
Modell (ggfls. inkl. Interaktonen) aufstellen und insgesamt testen.
Leider ist die Stichprobengröße nicht angegeben.

Ich habe erstmal einzelne multiple Regressionen mit den einzelnen Gruppen an Variablen durchgeführt ( z.B. alle Motive, oder die emotionalen Variablen, etc. .. ) und hier jeweils die Variablen mit den größten beta-Werten und p<0.05 notiert um sie später ins finale Modell zu stecken.

Solche schrittweisen Vorgehensweisen erzeugen häufig verzerrte p-Werte und
aufgrund des Auskratzens von Zufallseffekten überangepasste, nicht übertragbare
Modelle.

Wie wäre hier der korrekte Weg vom Anfangsmodell zum Endmodell, und was gehört dann in den Report?

Kontext, Hintergrund, Sinn und Zweck sowie Fragestellung der Studie sind nicht
erläutert, da kann man nicht groß was sagen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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