Chi² mit errechnetem Erwartungswert?

Chi² mit errechnetem Erwartungswert?

Beitragvon Lonnie » Do 13. Aug 2015, 11:33

Hallo.
Ich arbeite zur Zeit an meiner Bachelorarbeit (Biologie: bin also nicht besonders gut in Statistik) und habe versucht Fliegen auf verschiedene Farben zu konditionieren.
Dabei habe ich eine Kontrollgruppe (nennen wir sie mal K) und eine Versuchsgruppe (Blau). Gemacht habe ich den Versuch zur Anzahl der Reaktionen. Da hatte ich auch keine Probleme mit der Auswertung. Jetzt möchte ich aber zusätzlich die Anzahl der reagierenden Fliegen auswerten.
Ich soll zum direkten Vergleich von den zwei Gruppen (was ja sonst mit dem Chi²-Test garnicht gemacht wird) den Mittelwert der Ergebnisse als Erwartungswert nehmen und mit den Ergebnissen der Versuchsgruppe vergleichen. So sehen die Ergebnisse aus:

Kontrolle:
reagiert =20
reagiert nicht = 0

Blau:
reagiert = 2
reagiert nicht = 18

Bislang hatte ich als Erwartungswert immer 10 für reagiert und 10 für reagiert nicht genommen, was einer zufälligen Verteilung entspräche? Der Einwand meines Prof lautete dann nämlich, dass die Fliegen niemals 10/10 reagieren würden, währe das ganze zufällig verteilt. Dann sollte ich folgendes mit den Erwartungswerten tun:

Erwartung für "reagiert" = (20+2)/2 = 11
Erwartung für "reagiert nicht" = (0+18)/2 = 9

Die Tabelle würde dann wie folgt aussehen:
reagiert reagiert nicht
beobachtet 2 18
erwartet 11 9

Meiner Meinung nach ist das kein Vergleich zwischen den Gruppen. Kann mir jemand erklären, was das bedeuten soll?
Lonnie
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Re: Chi² mit errechnetem Erwartungswert?

Beitragvon bele » Do 13. Aug 2015, 13:57

Hallo Lonnie,

Du musst an der Kommunikation mit Deinem Prof arbeiten. Da Du ihn anscheinend nicht verstanden hast wird es schwer sein, Deine Darstellung seiner Sicht zu begründen. Ich hätte jetzt auch eher erwartet, dass Deine Kreuztabelle so aussieht:

Code: Alles auswählen
            reagiert   reagiert nicht
Gruppe K       20           0
Gruppe Blau     2          18


und habe deshalb Schwierigkeiten, Dein Problem im Ganzen zu verstehen.

Der Einwand meines Prof lautete dann nämlich, dass die Fliegen niemals 10/10 reagieren würden, währe das ganze zufällig verteilt.

Hat er das begründet? Gibt es eine inhaltliche Begründung? In der Tat ist nicht jede Zufallsverteilung auch eine Gleichverteilung. Darüber schon mal nachgedacht?

LG,
Bernhard
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Re: Chi² mit errechnetem Erwartungswert?

Beitragvon Lonnie » Do 13. Aug 2015, 14:44

Ja, dass ich meinen Professor oft nicht verstehe und er mich nicht ist glaube ich das größte Problem, das ich mit der Arbeit habe. Ich hatte gehofft, dass diese Art des errechnen des Erwartungswertes beim Chi²-Test geläufig währe und mir jemand direkt sagen kann, warum man das so macht.

Du hast schon Recht, dass die ursprüngliche Kreuztabelle so aussieht. Aber ich muss doch einen Erwartungswert haben, um etwas mit dem Chi²-Test zu überprüfen. Dabei kann ich leider nicht einfach die Kontrollgruppe und Blau vergleichen, weil ich die Daten unabhängig aufgenommen habe. Stimmt doch, oder? (Habe also die Fliegen ENTWEDER auf Blau ODER als Kontrolle getestet.) Ich könnte ja sowieso nicht mit der Kontrollgruppe als Erwartungswert arbeiten, weil ich sonst durch null teilen müsste...?
Und diesen Erwartungswert habe ich aus den Werten der Kreuztabelle gebildet. Also den Mittelwert für "reagiert" und den Mittelwert für "reagiert nicht" als Erwartungswert für die beobachteten Werte bei Blau. Damit habe ich einen Chi²-Test gemacht.


Na, toll. Jetzt wär ich gerne reich. Dann könnte ich mir nen Mentor leisten...
Lonnie
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Re: Chi² mit errechnetem Erwartungswert?

Beitragvon PonderStibbons » Do 13. Aug 2015, 15:52

Beim Zwei-Gruppen-Vergleich ergibt sich der Erwartungswert aus der Überlegung, wie
sich die Reaktionen (hier: 22 Reaktionen versus 18 Nichtreaktionen) auf die beiden
Gruppen bzw. auf die 4 Zellen der 2x2-Tabelle verteilen müssten, wenn Gruppe
und Reaktion voneinander unabhängig wären. Da die beiden Gruppen gleich groß
sind, fällt das hier leicht: Man würde in jeder Gruppe 11 Reaktionen und 9 Nichtreaktionen
erwarten. Die empirischen Reaktionen weichen davon ab und fließen in die
Berechnung des Chi² Wertes ein.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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