Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon Henrike » Fr 12. Feb 2016, 15:43

Hallo, toll, dass es dieses Forum gibt. Es geht um Folgendes:
Ich habe eine (linguistische) Untersuchung durchgeführt, und zwar wollte ich herausfinden, ob bestimmte Faktoren Einfluss darauf haben, wie gewisse sprachliche Konstruktionen gebildet werden. Beispiel: Hat die Länge der sprachlichen Konstruktion darauf Einfluss, ob ich "wegen des Autos" oder "wegen dem Auto" sage. Insgesamt gab es 10 Faktoren, die ich mittels Chi-Quadrat untersucht habe. Zusätzlich habe ich die Bonferroni-Holm-Korrektur eingesetzt. Die Nullhypothese konnte in den meisten Fällen verworfen werden. Die Ergebnisse habe ich dann anschließend interpretiert
In der Studie geht es mir hauptsächlich um das Warum, bzw. wie diese Einflüsse durch die Faktoren linguistisch zu begründen sind.Die oben genannten Verfahren sollen nur zeigen, dass der Einfluss der Faktoren auch statistisch nachweisbar ist. Für die Interpretation der einzelnen Faktoren habe ich unter anderem literaturbasiert analysiert, aber auch deskriptiv gearbeitet, d.h. ich habe einige Analysen mittels Kreuztabelle durchgeführt und diese dann grafisch aufbereitet. Also z.B. habe ich bestimmte Konstellationen bei dem ein oder anderen Faktor genauer betrachtet, wenn es mir aufgrund der literaturbasierten Analyse relevant erschien, oder die Stichprobe hinsichtlich einer bestimmten Variable kontrolliert (also z.B. alle Fälle mit Eigennamen weggelassen), um zu zeigen, dass diese an der ein oder anderen Stelle einen Einfluss auf die Verwendung der oben genannten Konstruktion hat. Mir ist bewusst, dass sich diese Analyse dann nur auf die entsprechende Stichprobe bezieht und sich nicht auf die Grundgesamtheit übertragen lässt. Aber ist dieses Vorgehen in Ordnung? Die Ergebnisse decken sich auch i.d.R. mit den theoretischen Überlegungen. Ich bin irritiert, weil es in der Literatur heißt, dass deskriptive Statistik nur der Ausgangspunkt von Analysen sein kann. Aber hier stützt sie auch meine Thesen. Oder müsste ich dann noch einmal inferenzstatistisch (p-Werte ermitteln, Effektstärken) ran?
Vielen, vielen Dank und viele Grüße
Henrike
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon bele » Fr 12. Feb 2016, 16:54

Hallo Henrike,

ich gebe zu, dass ich Probleme habe, Deine Frage zu verstehen. Du hast irgendwelche Texte durchforstet und sprachliche Phänomene darin ausgezählt. Die dazugehörigen Chi-Quadrat-Tests sind trotz Bonferroni-Holm-Korrektur signifikant geworden. Herzlichen Glückwunsch bis zu diesem Punkt.

Dann hast Du weitere Fragestellungen, die sich aus Deinem Sachwissen ergeben haben, ebenfalls ausgezählt. Bei dieser zweiten Gruppe willst Du nun nur deskriptiv beschreiben, aber nicht testen.

Ich habe nicht verstanden, was die erste Gruppe von Vergleichen von der zweiten Gruppe von Vergleichen unterscheidet bzw. warum Du bei der einen Gruppe Inferenzstatistik betreiben willst und bei der anderen nicht. Vielleicht magst Du das nochmal erklären.

Ich bin irritiert, weil es in der Literatur heißt, dass deskriptive Statistik nur der Ausgangspunkt von Analysen sein kann. Aber hier stützt sie auch meine Thesen.

Beschreibende und prüfende Statistik sind für Linguisten ein Mittel zum Zweck. Wenn eine statistische Vorgehensweise geeignet ist, den Zweck zu erfüllen, dann ist sie gut und vice versa. Man muss nicht jede Zahlenkombination, die einem vor die Füße fällt, zwingend in irgendeinen Test zwängen. Wenn die Tagesschau sagt, dass die SPD in einer Umfrage 25 % Zustimmung genießt, dann gibt sie dazu ja auch keinen p-Wert an.

LG,
Bernhard
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon Henrike » Fr 12. Feb 2016, 18:56

Lieber Bernhard,
vielen, vielen Dank für Deine Antwort.
Ja, stimmt, das ist missverständlich: Also der Unterschied ist, dass ich bei der ersten Gruppe auf ein Korpus zurückgegriffen habe, das ich vorher aufwendig erstellt habe, das ausgewogen bzw. repräsentativ ist. In die Analyse habe ich alle Daten einbezogen.

Die zweite Gruppe greift immer nur auf (z.T. kleine) Teile des Korpus zurück. Wenn ich mir z.B. einen Faktor aus Gruppe 1 anschaue und interpretieren will, dann betrachte ich z.B. nur einen bestimmten Aspekt genauer, z.B. nur die Fälle mit Eigennamen oder die eine bestimmte Länge aufweisen oder den Zusammenhang zwischen zwei spezifischen (Teil-)Aspekten, um zu erklären, warum das Ergebnis der Analysen aus Gruppe 1 so ausgefallen ist. Diese zweite Gruppe nutze ich, wie Du so treffend schreibst, als Mittel zum Zweck. Sie dienen sozusagen als Erklärungsvariable für die Faktoren aus Gruppe 1. Und oft ist es bei Gruppe 2 eben wirklich so, dass sich in den Daten bei den relativen Häufigkeiten viel abbildet, was ich vorher angenommen habe.
Habe ich es so verständlich erklärt? Sonst versuche ich gerne, ein konkretes Beispiel zu finden.
Viele Grüße
Henrike
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon strukturmarionette » Fr 12. Feb 2016, 19:26

Hi,

Habe ich es so verständlich erklärt?

- Nein. Nicht dahinghend, dass du brauchbare Hilfestellungen bei der Anwendung für bestimmte Inferenzstatistiken oder -modelle erwarten kannst.

Sonst versuche ich gerne, ein konkretes Beispiel zu finden.

- Nein.
- Nicht 'ein'' oder 'irgendein' Beispiel'.
sondern:
->Zugang zum Feld, Untersuchungsdesign. Nennung aller (Teil-)Stichprobenumfänge und Variablenbeschreibungen (oder zumindest Deine zugrundeliegenden Codierungen aller relevanten Messungen) und konkrete Fragestellungen.

Gruß
S.
strukturmarionette
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon Henrike » Fr 12. Feb 2016, 21:48

Klar, ich muss genauer werden.

Fragestellung
Es geht darum, ob bestimmte Faktoren (die bereits aus der englischsprachigen Literatur bekannt sind) Einfluss darauf haben, wie ich im Deutschen eine bestimmte Konstruktion ausdrücke, also entweder als präpositional (A) oder mit Kasus (B).
Faktor 1: Belebtheit (codiert als belebt, unbelebt), nominalskaliert,
Faktor 2: Länge der Konstruktion (codiert als 1, 2, 3+größer) ordinalskaliert
Faktor 3: Definitheit (codiert als Eigenname, definit, indefinit) nominalskaliert
usw. (alle anderen Faktoren sind nominalskaliert), insgesamt waren es 10 Faktoren
Analysiert wurden 600 Fälle

Um herauszufinden, ob die Faktoren Einfluss haben, habe ich, wie schon gesagt, mittels Chi-Quadrat und Bonferroni-Holm gearbeitet, und konnte bei (fast) allen Faktoren die Nullhypothese (Unabhängigkeit von Variable A und B) verwerfen. Die Effektstärken habe ich auch berechnet.
Das ist soweit für mich klar.

Jetzt interessiert mich außerdem, WARUM die Faktoren Einfluss haben. Das kann man in meinem Fall zum großen Teil qualitativ analysieren, und so ist die Arbeit auch hauptsächlich angelegt. Z.B. weiß man, dass Eigennamen (s. Faktor 3, insgesamt 100 Fälle) eine wichtige Rolle spielen und kann das dann auch an entsprechenden Einzelbeispielen mittels linguistischer Analysen zeigen. Soweit kein Problem. Es ist aber auch interessant, dass sich manche dieser analytischen Überlegungen auch in den Daten spiegeln. So können Eigennamen mit bestimmten Verwandtschaftsausdrücken auftreten (3 Konstellationen: Geschwister (25 Fälle), Eltern (40 Fälle), Kinder (20 Fälle) und es lässt sich gemäß Literatur vermuten, dass aus bestimmten Gründen bei Eltern und Geschwistern immer A auftritt. Daraufhin habe ich mittels Kreuztabelle untersucht, ob sich diese Auswirkung der Verwandtschaftsausdrücke bei den Eigennamen tatsächlich bei A (Präposition) und B (Kasus) zeigt. Die relativen Häufigkeiten bestätigen das. Damit lässt sich schon einmal ein Teil des Faktors 3 erklären (Eigennamen werden hauptsächlich mit A gebildet+Erläuterung, warum das so ist). Für die Variablen definit und indefinit gibt es dann auch entsprechende quantiative/qualitative Analysen.
Diese quantitativen Detailanalysen gibt es für fast jeden Faktor. Wie gesagt, sie sollen das unterstützen, was auch in der Literatur gesagt wird, bzw. was ich qualitativ analysiert habe, weil die Häufigkeitstabellen aufschlussreiche Informationen über die Verteilung geben. Die Frage ist, ob dann überhaupt ein inferenzstatistisches Verfahren nötig ist. Klar, die Analysen beziehen sich in dem Fall nur auf die Stichprobe und nicht auf die Grundgesamtheit.
Vielen Dank!
Henrike
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon PonderStibbons » Fr 12. Feb 2016, 22:47

Klar, alles ok soweit. Es sei denn, der Betreuer oder Gutachter hat Anmerkungen oder Einwände oder es gibt andere Richtlinien. Aber
das muss man dann eben vor Ort klären. Was sollen Teilnehmende an statistikforum.de leisten?

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Deskriptive Datenanalyse mit Kreuztabellen

Beitragvon Henrike » Fr 12. Feb 2016, 23:00

Mir ging es darum, ob diese Vorgehensweise an sich ok ist (also insbesondere die Arbeit mit deskriptiver Statistik, wie ich sie beschrieben habe). Betreuer hat nicht so viel Ahnung von Statistik, hat also dazu nichts gesagt. Er setzt eher auf die qualitativen Analysen. Aber wenn sich das Vorgehen für euch plausibel anhört, bin ich beruhigt.
Jetzt musstet ihr viel lesen für eine so kleine Antwort, die aber für mich so wichtig ist :-)
Henrike
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