Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon schnee » So 28. Feb 2016, 15:36

Hallo!

Angenommen, man führt eine Mitarbeiterbefragung durch und sendet einen Fragebogen an ALLE Mitarbeiter. 40 Prozent (= 600 Personen) füllen den Fragebogen aus. Nun möchte man schauen, ob verschiedene Gruppen (z.B. Abteilung A und B) sich auf bestimmten Variablen (z.B. Zufriedenheit) unterscheiden. Man hat ja nun keine Vollerhebung zustandegebracht, weil ja nur 40 Prozent geantwortet haben. Deswegen möchte man das ganze statistisch absichern.

Erster Gedanke ist: Auf t-Test zurückgreifen, um zu schauen, ob sich die Mitarbeiter in Abteilung A und B voneinander signifikant unterscheiden, was Zufriedenheit betrifft.

Mein Problem dabei ist:
1. Die meisten statistischen Tests gehen davon aus, dass die befragten Personen zufällig ausgewählt worden sind, hier haben aber die Mitarbeiter sich selbst für oder gegen die Teilnahme entschieden (Es wurden leider keine Variablen erhoben, wie Geschlecht, die darauf schließen lassen, worin sich die Teilnehmer und Nichtteilnehmer unterscheiden).
2. Sämtliche statistischen Tests, die ich so kenne, wollen aufgrund einer kleinen Stichprobe Aussagen auf eine große Grundgesamtheit treffen (z.B. aufgrund von "ein Paar" befragten Frauen und Männern auf alle Frauen und Männer); im vorliegenden Fall möchte man aber "nur" von 600 Befragten auf eine Grungsesamtheit von 1500 Personen schließen.

Weiß jemand, wie damit umzugehen ist und kann vielleicht auch auf Literatur verweisen ? Oder sehe ich ein Problem, wo keins ist ?

Viele Grüße
schnee
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Re: Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon mango » So 28. Feb 2016, 16:48

Hallo,

das Verhältnis zwischen Stichproben- und Populationsgröße ist hier irrelevant, da die Populationsgröße beim Begriff der Signifikanz sowieso keine Rolle spielt. Das einzige, was wichtig ist, ist der Stichprobenumfang. Je größer der ist, um so besser lassen sich auch geringe Effekte nachweisen. Möchtest du tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Stichprobe und der definierten Population herstellen, kannst du auf einfache stochastische Überlegungen ohne Verteilungsannahmen zurückgreifen. Das ist aber nicht besonders sinnvoll.

Die Zufallsauswahl ist immer so ein Ding. Einwandfrei ist natürlich nur eine zufällige Ziehung aber wenn man die nicht durchführen kann, ist es gängig, auch durch Selbstrekrutierung zustande gekommene Stichproben als Zufallsstichproben zu behandeln. Das Risiko besteht darin, dass es zu einem self-selection bias kommt. Aber gerade bei Maßnahmen wie Mitarbeiterbefragungen wird das üblicherweise geflissentlich ignoriert.
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Re: Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon schnee » So 28. Feb 2016, 17:23

Danke!

Zur Zufallsauswahl: ja, zudem die verschiedenen Gruppen, die ich vergleiche, wahrscheinlich alle dem gleichen Selektionsbias unterliegen, müsste das relativ egal sein...

Ich glaube doch, dass das Verhältnis von Stichproben- und Populationsgröße relevant ist. Bin auf den Begriff der "finiten Population" gestoßen. Dafür gibt es Korrekturformeln. Ab ca. 5 % erhobener Population sollte das sinnvoll sein. Aufgrund kleiner "Untergruppen" in der Stichprobe und aufgrund der nicht-randomisierten "Ziehung" weiß ich aber nicht, ob die Anwendung der Formel im vorliegenden Fall sinnvoll ist.
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Re: Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon mango » So 28. Feb 2016, 18:12

Warum sollte denn das Zustandekommen der Stichprobe etwas an der Anwendung des Korrekturfaktors ändern? Wie gesagt, du musst deine Stichprobe sowieso als zufällig behandeln, ansonsten macht das ganze inferenzstatistische Verfahren keinen Sinn.

Was du meinst, ist ein Korrekturfaktor für den Standardfehler des Mittelwertes. Ja, den kann man benutzen, es ist aber auch nicht tragisch, das nicht zu tun, da der t-Test sonst nur etwas konservativer ist (d. h. die Nullhypothese weniger leicht ablehnt). Soweit ich weiß, leidet die Teststärke erst merklich, wenn einem tatsächlich nur ein kleiner Teil der Population in der Stichprobe fehlt. Aber sicher bin ich mir nicht.

Ob du von einer begrenzten Population ausgehst oder nicht, hängt nach meinem Verständnis von deinem Interesse ab: Möchtest du nur Aussagen über das machen, was bei einer Response Rate von 100% herausgekommen wäre? Oder möchtest du auf einen kausalen Mechanismus hinaus? Im ersteren Fall solltest du wohl so vorgehen, wie du es selbst vorgeschlagen hast (mit Korrekturfaktor). Im zweiten Fall solltest du deine Aussagen auf eine unbegrenzte Population beziehen und daher keinen Korrekturfaktor auf den Standardfehler anwenden.
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Re: Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon schnee » Di 1. Mär 2016, 22:52

Ja, es geht eher um ersteres, leider. Mich aergert, dass es dazu relativ wenig zu lesen gibt, obwohl es ausserhalb der Forschung haeufig vorkommt, so mein Eindruck.
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Re: Mitarbeiterbefragung und Signifikanztestung

Beitragvon mango » Mi 2. Mär 2016, 00:50

Tatsächlich hab ich diese Korrektur in der direkten Anwendung noch nie gesehen. Aber du solltest auch sicher sein, dass dich nicht tatsächlich eher die Aussage über die Beschaffenheit der Mitarbeiter allgemein interessiert. Das ist eine gar nicht so einfache Entscheidung. Ich würde sagen, dass fast immer letzteres der Fall ist.
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