Rückfalluntersuchung

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Rückfalluntersuchung

Beitragvon Medienpädagoge » Mo 21. Nov 2011, 20:48

Liebe Statistik Experten,

ich habe vor eine Gruppe mit Treatment, die seit 2001 an einem bestimmten Workshop teilgenommen hat, auf Rückfälligkeit zu untersuchen. Das waren verschiedene Workshops mit verschiedenen Teilnehmern (n=83). Die Workshopmethode ist immer die gleiche. Diese möchte ich mit der normalen Rückfälligkteit einer Grundgesamtheit vergleichen. Ist die Grundgesamtheit dann auf die einzelne Institution bezogen oder landes/bundesweit zu betrachten? Oder ist es sinnvoll eine möglichst genaue Vergleichsgruppe zu bilden (mit n=83, gleich auf die Jahre verteilt, mit gleichem Tathintergrund aus der selben Institution)? Dann habe ich eine Gruppe mit Treatment und eine ohne. Da der Messstartpunkt vaariiert (2001-2010), weiß ich nicht wie ich die Gesamtheit der Daten beurteilen und miteinander vergleichen kann. Normalerweise würde man doch einen Rückfallzeitraum bestimmen müssen. Oder kann man den unterschiedlichen Rückfallzeitraum der einzelnen Workshopteilnehmer statistisch in den Griff bekommen?

Ich möchte damit möglichst sichere Aussagen darüber treffen, ob das Treatment sich auf die Rückfälligkeit auswirkt und damit den Erfolg/niedrigere Rückfälligkeit zu messen.

Ich möchte wirklich gerne herausfinden, wie viel diese Methode bringt, gemessen an der Rückfälligkeit. Damit möchte ich den Erfolg/Misserfolg meiner eigenen Arbeit messen, diese empirische Untersuchung soll zumindest ein Anfang sein.

Ich bin ein absoluter Laie und Neuling auf dem Gebiet und brauche dringend Hilfe. Ich habe die Möglichkeit mit SPSS zu arbeiten.

Vielen Dank für eure Ratschläge. Ich bin leider selber ein bischen ratlos und weiß nicht, was ich alles mit meinen Daten machen muss, um am Ende eine sichere Ausssage treffen zu können.

Ich brauch wirklich Hilfe. Danke und beste Grüße

M.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon PonderStibbons » Di 22. Nov 2011, 11:34

ich habe vor eine Gruppe mit Treatment, die seit 2001 an einem bestimmten Workshop teilgenommen hat, auf Rückfälligkeit zu untersuchen.

Was verständlicher wäre:
In meiner Studie geht es um die Personengruppe XXX. Was mich interessiert ist, ob bei dieser Personengruppe
die Teilnahme an Workshops mit dem Ergebnis XXX assoziiert ist. Das Ergebnis XXX wird folgendermaßen erfasst: bzw. gemessen (...). Seit 2001 wurden XY workshops durchgeführt, die jeweils von X bis Y Teilnehmern besucht wurden.
Diese möchte ich mit der normalen Rückfälligkteit einer Grundgesamtheit vergleichen. Ist die Grundgesamtheit dann auf die einzelne Institution bezogen oder landes/bundesweit zu betrachten?

Der Kontext ist leider nebulös. Was ist normale Rückfälligkeit? Aus was besteht diese ominöse Grundgesamtheit, was stehen für Daten zur Verfügung? Was für eine "einzelne Institution" ist gemeint und was hat es mit landes/bundesweit auf sich?
Oder ist es sinnvoll eine möglichst genaue Vergleichsgruppe zu bilden (mit n=83, gleich auf die Jahre verteilt, mit gleichem Tathintergrund aus der selben Institution)?

Mag sein. Man kann auch das eine tun ohne das andere zu lassen.
Dann habe ich eine Gruppe mit Treatment und eine ohne. Da der Messstartpunkt variiert (2001-2010), weiß ich nicht wie ich die Gesamtheit der Daten beurteilen und miteinander vergleichen kann.
Normalerweise würde man doch einen Rückfallzeitraum bestimmen müssen. Oder kann man den unterschiedlichen Rückfallzeitraum der einzelnen Workshopteilnehmer statistisch in den Griff bekommen?

Prinzipiell schon. Da nicht gesagt wurde, was ein Rückfall ist und bis wann er stattfinden kann um als solcher gezählt zu werden und welcher Nachbeobachtungszeitraum erforderlich, wünschenswert oder sinnvoll ist,
lääst sich das aber nicht genau beantworten.
Ich bin ein absoluter Laie und Neuling auf dem Gebiet und brauche dringend Hilfe. Ich habe die Möglichkeit mit SPSS zu arbeiten.

Welche Software Du benutzt, ist wohl erst einmal ein nachrangiges Problem. Wenn Du anfängst, den
Kontext, den Sachverhalt, Deine Fragestellung und Deine Daten nachvollziehbar zu beschreiben, ist das meist schon die halbe Miete.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon Medienpädagoge » Di 22. Nov 2011, 12:20

Vielen Dank schon mal für Deine Antwort.

Es handelt sich in meiner Studie um Insassen einer JVA. In verschiedenen anderen Rückfalluntersuchungen schwankt der Rückfallzeitraum zwischen 3-4 Jahren.
Ich kenne bisher keine vergleichbare Untersuchung, die ohne definierten Rückfallzeitraum arbeitet. Als Rückfälligkeit würde ich mich an die Definition der "Legalbewährung" anschließen (Kein/erneute Bundeszentralregistereintragung innerhalb von 3 bzw. 4 Jahren)

Mich interessiert, ob bei dieser Personengruppe die Teilnahme an Workshops mit dem Ergebnis "geringere Rückfälligkeit" im Vergleich zu einer Gruppe ohne Teilnahme an solchen Workshops assoziiert wird.

Ergänzend könnte ich doch die Rückfallstatistik der JVA für den Untersuchungszeitraum heranziehen, wenn ich da ran komme?

Wirksamkeitshypothese (WH): „Die Workshops sind hinsichtlich ihres Ziels wirksam, eine geringere Rückfälligkeit der Teilnehmer zu bewirken.“

Als Vergleichsgruppe kann ich auf eine Gruppe zurückgreifen, die in Deliktform, Strafmaß und Zeitpunkt der Inhaftierung übereinstimmen. Jedoch hat dieses Gruppe an keinem derartigen Workshop teilgenommen, es gibt also kein Alternativprogramm AP zum Experimentalprogramm EP (Workshop)

Da die beiden Gruppen in der gleichen JVA zur gleichen Zeit inhaftiert waren, sind die Bedingungen besser kontrollierbar als im normalen Leben.

schöne Grüße
M.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon PonderStibbons » Di 22. Nov 2011, 12:46

Es handelt sich in meiner Studie um Insassen einer JVA. In verschiedenen anderen Rückfalluntersuchungen schwankt der Rückfallzeitraum zwischen 3-4 Jahren.
Ich kenne bisher keine vergleichbare Untersuchung, die ohne definierten Rückfallzeitraum arbeitet. Als Rückfälligkeit würde ich mich an die Definition der "Legalbewährung" anschließen (Kein/erneute Bundeszentralregistereintragung innerhalb von 3 bzw. 4 Jahren)

Wenn der individuelle Nachbeobachtungszeitraum bis zu 4 (oder 3) Jahren zu betragen hat, dann
endet Dein Einschlusszeitrum für die Studie eben im Dezember 2007 (oder was sich da anbietet),
damit alle Eingeschlossenen vollständig beobachtet werden können. In dem Fall wäre die unmittelbarste
Auswertung über eine 4-Felder-Tafel (Kreuztabelle) möglich, mit Teilnehmer ja/nein versus
Rezidiv ja/nein. Oder Du rechnest eine "Überlebensanalyse" (Kaplan-Meier-Methode). Da werden
auch diejenigen Fälle mit eingeschlossen, bei denen der Nachbeobachtungszeitraum eigentlich zu
kurz ist.
Ergänzend könnte ich doch die Rückfallstatistik der JVA für den Untersuchungszeitraum heranziehen, wenn ich da ran komme?

Kann ich nicht beurteilen.
Als Vergleichsgruppe kann ich auf eine Gruppe zurückgreifen, die in Deliktform, Strafmaß und Zeitpunkt der Inhaftierung übereinstimmen. Jedoch hat dieses Gruppe an keinem derartigen Workshop teilgenommen, es gibt also kein Alternativprogramm AP zum Experimentalprogramm EP (Workshop)

Das wäre ein übliches Vorgehen. Für die Interpretation wäre dann später auch wichtig zu wissen, wieso die
einen einen Workshop bekommen/angenommen haben, die anderen dagegen nicht.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon Orlando » Di 22. Nov 2011, 22:45

Hallo,

PonderStibbons hat geschrieben:Das wäre ein übliches Vorgehen. Für die Interpretation wäre dann später auch wichtig zu wissen, wieso die
einen einen Workshop bekommen/angenommen haben, die anderen dagegen nicht.


Das finde ich einen der wichtigsten Punkte - und einen sehr häufig unterschätzten. Mussten sich die Teilnehmer für den Workshop melden? Dann kann man das doch schon alles fast in die Tonne treten. Konnten die Teilnehmer den Workshop ablehnen und haben das auch Workshopkandidaten getan? Dann wird es finde ich schon kritisch.

Ich denke da gerade an die netten Studien zur Grippeimpfung. Geimpfte werden seltener krank! Schön! Aber: Sind Personen, die sich impfen lassen, nicht per se gesundheitsbewußter, achtsamer? Waschen die sich z.B. einfach öfter die Hände? Das Problem der Scheinkorrelation wird m.E. oft nicht ernst genug genommen.

Gruß, Orlando
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon strukturmarionette » Do 24. Nov 2011, 23:08

Hi,

hmm, Geimpfte werden seltener krank, Wer hat diese Studie denn bezahlt?

Aber nochmal zu der Rückfalluntersuchung.
Weil Du offensichtlich noch auf der Suche nach einem Verfahren bist, würde sich vielleicht die binär logistische Regression anbieten.
Wegen der Vorhersage einer Ja /Nein Kategorie würde sich das anbieten.
Es könnten hierbei mehere Enstehungsbedingungen für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des ´Rückfall-´ Ereignisses untersucht werden.

S.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon Medienpädagoge » Do 7. Feb 2013, 13:16

Hallo nochmal.

ich habe mich nun entschieden, die Rückfälligkeit meiner Versuchsgruppe mit der altersbedingten Rückfälligkeit jugendlicher Straftäter im relevanten Bundesland zu vergleichen. Das Alter ist der maßgeblichste Faktor im Punkto Rückfallwahrscheinlichkeit gesehen auf die Gesamtheit aller aus der Haft entlassenen jugendlichen Straftäter.

Außerdem: Eine Kontrollgruppe existiert leider bis zum jetztigen Zeitpunkt nicht. Eine gesonderte Statistik der JVA um die es geht, habe ich bisher nich bekommen können.

Nun ergibt sich für mich die Frage, wie ich das mache.

Was ich habe:

n=83 Datensätze von jugendlichen aus der Haft entlassenen Straftätern: (Name, Alter, Nationalität, Auflistung der Straftaten und Haftzeiten falls nicht schon getilgt, Entlassungszeitpunkt, möglicher Rückfallteitpunkt)

Rückfallzeitraum 3 Jahre wie in vergleichbaren Rückfalluntersuchungen.

Alterbedingte Rückfallrate der Entlassungsjahrgänge 2003 und 2006 aus Literatur
- PROBLEM: meine Versuchsgruppe wurde zwischen 2002 und 2009 entlassen. Wenn die Rückfallraten der beiden Jahrgänge kaum variieren, kann ich dann davon ausgehen, dass die Rückfallrate in den anderen Jahren vermutlich ähnlich ausgefallen ist?

Ich stelle mir das so vor:
Für jeden Datensatz wird die altersbedingte Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls eingetragen, danach werden die Datensätze nach Altersgruppen sortiert und für jedes Alter, das in den Datensätzen auftaucht, die tatsächliche Rückfälligkeit berechnet und dann verglichen mit der altersbedingten Rückfälligkeit,

Beispiel: Entlassungsalter n22, n=25 , altersbedingte Rückfälligkeit 2003 = 58% und 2006 = 56% , Rückfallrate der Versuchsgruppe mit dem Alter 22 = 36%
Entlassungsalter n23, n=13 , altersbedingte Rückfälligkeit 2003 = 52% und 2006 = 51% , Rückfallrate der Versuchsgruppe mit dem Alter 23 = 34%
Entlassungsalter n24, n=4 , altersbedingte Rückfälligkeit 2003 = 49% und 2006 = 49% , Rückfallrate der Versuchsgruppe mit dem Alter 24 = 75%

So wird das ungefähr aussehen.
Problem: Manche Altersgruppen sind so klein, das Extremwerte herauskommen.
Chance: Diese extremabweichenden Altergruppen wirken sich dann nicht mehr auf die anderen Gruppen aus. Wird damit die Aussage der anderen Altersgruppen stabiler?

Und jetzt weiß ich nicht mehr weiter.
Vielen Dank für Eure Hilfe.

M.
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Re: Rückfalluntersuchung

Beitragvon PonderStibbons » Fr 8. Feb 2013, 14:26

Diese extremabweichenden Altergruppen

Wieso extremabweichend? 3 von 4 ist nicht extrem, das ist einfach eine
Prozentberechnung auf viel zu kleiner Basis. Hast Du die Fallzahlen der
Vergleichsgruppe(n)? Dann könntest Du entsprechend Fälle erzeugen
und eine logistische Regression rechnen (Prädiktoren Vergleichs/Versuchsgruppe
und Alter, abhängige Variable Rückfall ja/nein.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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