Hi Leute,
ich erlaub mir mal eine Meinung
Grundsätzlich kenn ich keine einzige "validierte" oder "bewährte" Skala, die richtig rigide auf Eindimensionalität getestet wurde. Entweder sind sie mit EFA
(oder schlimmer PCA) konstruiert worden, oder mit laxer CFA und "akzeptablem" Fit. Wie Semson korrekt sagt, ist es extrem unwahrscheinlich, dass sets von items
größer als 4-5 items noch dieselbe latente Variable messen - oder aber es werden Begriffe gedoppelt, was dann zu komplexeren Faktorenstrukturen sieht. Dummerweise
weiß man das nicht, weil das Modell einfach nicht fittet und man nicht erkennen kann, ob das generell mehrere Faktoren sind, oder ein einzelner plus "Nusiance-Faktoren"
(die Reaktionsstile auf die gedoppelten Begriffe).
Wenn man tatsächlich austauschbare Indikatoren hat, gilt folgendes: Wenn k Indikatoren alle valide Indikatoren der latenten Variable X sind, dann ist folglich JEDES sub set aus diesen k Indikatoren ebenfalls ein valides set von Indikatoren. Selbst wenn das set jeweils nur einen Indikator enthält. Daher ist es aus Validitätsgründen völlig legitim, eine Auswahl zu treffen. Wie sinnvoll/effektiv dies aus Reliabilitätsgründen ist, hängt davon ab, ob man a) ein SEM oder einen Summenscore verwenden will und b) das Konstrukt eine UV oder eine AV ist. Bei a: Wenn es ein SEM ist, kann man den Messfehler modellieren (-> kein Problem), wenn es ein Summenscore ist, erhöht jeder weiterer Indikator die Reliabilität. Bzgl b: Wenn es eine UV ist, ist Reliabilität wichtig (Endogenität durch Messfehler), wenn es eine AV ist, weniger (=Messfehler erhöhen die Varianz des Fehlerterms, verzerren aber den Effekt nicht.
Wenn das Konstrukt nun ein multidimensionaler Index/composite/Aggregat/formatives Konstrukt ist, ist eine Reduktion schon unangenehmer, weil man hier u.U. ganze Facetten rausstreicht. Bei OCB (wie bei allen Verhaltenskonstrukten) ist daher durchaus wahrscheinlich, dass das set von Indikatoren eine domain absteckt. Hier ist eine Verringerung der Anzahl nur möglich, wenn die Item - Formulierung auf einem höheren Abstraktionsniveau angesiedelt ist ("ich führe oft Verhaltensweisen aus, die nicht in meinem Vertrag stehen" oder so ähnlich).
Ich selbst beschäftige mich zur Zeit mit Barrieren bei der Gründung von Unternehmen. Da haben wir in einem Fragebogen eine ziemlich umfangreiche Liste mit Barrieren drin. Für eine uniweite Erhebung mussten wir unseren Fragebogen extrem reduzieren. Die Barrienliste ging so auf keinen Fall. Also ist der verzweifelte Versuch jetzt, "Barrieren" insgesamt auf einem höheren Niveau abzufragen ("ich erwarte viele Hindernisse, die einer Gründung im Wege stehen"). Hmm, mal sehen, ob das funktionieren wird.
Grüße
Holger