Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon Phil87 » Do 29. Jun 2017, 23:10

Guten Abend allerseits!

Zuallererst: bitte entschuldigt, wenn diese Frage richtig dämlich sein sollte, aber ich bin ein absoluter Statistik-Neuling und kenne mich nur wenig aus.

Jetzt zu meinem Problem: in meiner Arbeit geht es darum, welche Barrieren gerade ältere Menschen mit der Nutzung inhalativer Pharmaka haben. Unter anderem habe ich dafür zwei Werte erhoben, die Handmuskelkraft in kg und zum
Anderen den Phasenwinkel im Rahmen einer Bioelektrischen Impedanzanalyse. Letzterer gibt einen schnellen Überblick über die körperliche Verfassung eines Patienten. Beide Werte korrelieren signifikant.

Eine andere Studie konnte zeigen, dass minimal 10kg Handmuskelkraft notwendig sind, um von ausreichend Muskelmasse der Atempumpe ausgehen zu können, welche notwendig ist, korrekt inhalieren zu können.
Nun möchte ich wissen, bei welchem Phasenwinkel ich davon ausgehen kann, dass der Patient suffiziente Kraft (also >10kg) aufwenden kann.

Also kurz gesprochen: welcher Phasenwinkel wäre mein Cutoff, bei dem ich von >10kg Handmuskelkraft ausgehen kann.

Über Hilfe wäre ich außerordentlich dankbar.
Lg Phil
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon bele » Fr 30. Jun 2017, 05:58

Geht es darum, Daten zu erheben, oder liegen schon Daten vor? Wenn es schon Daten gibt, wie sehen die aus? Ist das eine hypothetische Arbeit, eine Hausaufgabe, oder soll da wirklich Wissen erworben werden?
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon Phil87 » Fr 30. Jun 2017, 06:46

Daten liegen vor. Es ist eine klinische Studie.
Ich möchte im Prinzip wissen, welcher Phasenwinkel im Querschnitt bei 10kg Handmuskelkraft zu erwarten wäre, um einen Richtwert zu haben nach dem Motto: "bei einem Phasenwinkel von x habe ich wahrscheinlich 10kg Handmuskelkraft - das wiederum lässt darauf schließen, dass..."
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon bele » Fr 30. Jun 2017, 09:26

Ein vernünftiger Ansatzpunkt wäre ein Streudiagramm von Phasenwinkel gegen Handmuskelkraft, Männer und Frauen mit Punkten in verschiedenen Farben. Wenn so etwas ähnliches wie ein linearer Zusammenhang vorliegt, wäre eine lineare Regression, gerne auch eine multiple Regression unter Einbeziehung weiterer Faktoren wie Geschlecht, BMI etc. denkbar. Aus der könnte man dann auch einen Cut-off ableiten.

Oder Du greifst auf ein Verfahren des überwachten Maschinenlernens zurück. Du könntest z. B. einen Entscheidungsbaum trainieren, der Dir Kriterien dafür liefert, wann man von einer Handkraft kleiner und wann von einer Handkraft größer als 10 kg ausgehen kann. Was hast Du denn außer Handmuskelkraft und Phasenwinkel noch alles erhoben? Soll der Grenzwert so gelegt werden, dass Fehler erster und zweiter Art ungefähr gleich wahrscheinlich sind, oder ist einer der beiden Fehler zu bevorzugen?

LG,
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon PonderStibbons » Fr 30. Jun 2017, 09:37

Nun möchte ich wissen, bei welchem Phasenwinkel ich davon ausgehen kann, dass der Patient suffiziente Kraft (also >10kg) aufwenden kann.
(...) Ich möchte im Prinzip wissen, welcher Phasenwinkel im Querschnitt bei 10kg Handmuskelkraft zu erwarten wäre, um einen Richtwert zu haben nach dem Motto: "bei einem Phasenwinkel von x habe ich wahrscheinlich 10kg Handmuskelkraft - das wiederum lässt darauf schließen, dass..."

Falls demnach gemeint sein sollte "-...habe ich MINDESTENS 10kg Handmuskelkraft",
dann hast Du ein dichotomes Merkmal (Handmuskelkraft < 10kg versus >= 10 kg) und
ein intervallskaliertes Merkmal (Phasenwinkel). Damit kann man eine -> ROC Kurve
erstellen und einen Cutoff ermitteln.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon forenthomas » Fr 30. Jun 2017, 11:48

Hallo,

bele hat geschrieben:Wenn so etwas ähnliches wie ein linearer Zusammenhang vorliegt, wäre eine lineare Regression ... denkbar.


darf ich mich mal einsnicken und nachfragen, da ich die Überlegung ganz spannend finde (und zugegeben ROC-Kurven (noch) nicht kenne)? Ich kann mir das gut vorstellen eine lineare Regression zu erstellen. Auch die 95% oder 99% Konfidenzintervall einzutragen und dann grafisch bei Muskelkraft = 10 waagerecht den Schnittpunkt mit dem Konfidenzintervall zu ermitteln und den zugehörigen Phasenwinkel zu bestimmen.

Frage: Wie bestimme ich diesen Phasenwinkel, d.h. die obere Grenze des 99% Konfidenzintervalls um die Regressionsgerade bei y = Muskelkraft = 10 rechnerisch, vorzugsweise mit R?

Gruß, Thomas
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon bele » Fr 30. Jun 2017, 14:37

Hallo forenthomas,

über die Probleme der Vorhersage mit einer linearen Regression brauche ich Dir ja nichts zu schreiben, daher gleich zu R: Die Funktion predict nimmt ein lineares Modell und neue Daten entgegen und gibt Dir auf Wunsch nicht nur den vorhergesagten WErt, sondern auch ein Konfidenzintervall zum vorhergersagten Wert aus.
Beispiel hier: http://www.r-tutor.com/elementary-stati ... regression

LG,
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon Phil87 » Sa 1. Jul 2017, 12:20

PonderStibbons hat geschrieben:Falls demnach gemeint sein sollte "-...habe ich MINDESTENS 10kg Handmuskelkraft", dann hast Du ein dichotomes Merkmal (Handmuskelkraft < 10kg versus >= 10 kg) und ein intervallskaliertes Merkmal (Phasenwinkel). Damit kann man eine -> ROC Kurve erstellen und einen Cutoff ermitteln.


Ja, im Grunde genau so dachte ich mir das. Habe es auch entsprechend eingeteilt: Handmuskelkraft <10kg = 0, Handmuskelkraft >10kg = 1.
Wenn ich nun jedoch in SPSS (Vers. 24) auf "Analysieren --> ROC Kurve" gehe, dann öffnet sich ein Fenster, aus dem ich nicht gänzlich schlau werde: die Testvariable ist natürlich der Phasenwinkel, die Zustandsvariable vermute ich mal wäre meine Handmuskelkraft. Bevor ich jedoch das Feld freigeben kann, muss ich den "Wert der Zustandsvariable" eintragen - was genau hat es damit auf sich?
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon Phil87 » Sa 1. Jul 2017, 12:51

Okay, ich denke ich hab das mit dem Wert der Zustandsvariable verstanden per Trial and Error... hab den Wert auf 1 gesetzt - ich gehe davon aus, dass er also dadurch die >10kg Handmuskelkraft-Werte als positiv wertet.

Meine ROC Kurve hat nun eine Area under the curve von 0.660, einen Standardfehler von 0.084, eine asympt. Signifikanz von 0.077 und ein Konfidenzintervall 95% zwischen 0.495 und 0.825.
Und langsam komme ich mir etwas dämlich vor, aber ich kann nicht wirklich erkennen, welcher Phasenwinkel am ehesten anzunehmen ist, wenn ich 10kg Handmuskelkraft habe...
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Re: Unsicherheit bei der Auswahl des korrekten Verfahrens

Beitragvon PonderStibbons » Sa 1. Jul 2017, 15:34

Recherchiere mal nach Interpretation von ROC Kurven und nach dem Youden-Index.

Außerdem gibt Deine Software doch einen tabellarischen Output, mit Sensitivität und
1-Spezifität für die verschiedenen möglichen Cutoffs, Je nachdem, ob Du besonders
die falsch-positiven oder falsch-negativen Einschätzungen vermeiden möchtest,
kannst Du den Cutoff unterschiedlich setzen.

Mit freundlichen Grüßen

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