Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

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Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon DiplVW » Di 14. Jun 2011, 12:05

Guten Tag,

Ich habe ein Ordered Probit geschätzt und anschließend die durchschnittlichen marginalen Effekte hinsichtlich eines bestimmten Regressors (ein Dummy) berechnet.
Nun gibt mir ja dieser marginale Effekt an, wie sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Kategorie zutrifft, ändert, wenn der Dummy von 0 auf 1 springt, richtig?
Was mich interessieren würde ist, ob ich diese marginalen Effekte auch untereinander vergleichen kann. Wenn bspw. der marginale Effekt bei Kategorie 1 höher ist als bei Kategorie 3, kann man dann sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass Kategorie 3 anstatt Kategorie 1 zutrifft ist um die Differenz der marginalen Effekte niedriger, wenn der Dummy den Wert 1 statt den Wert 0 annimmt?

LG,
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon daniel » Di 14. Jun 2011, 13:08

DiplVW hat geschrieben:Nun gibt mir ja dieser marginale Effekt an, wie sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Kategorie zutrifft, ändert, wenn der Dummy von 0 auf 1 springt, richtig?

Eigentlich nicht. Ein Marginaleffekt ist der Effekt von X auf Y, wenn sich X um e ändert, wobei e ->lim 0. Im Grunde ist es die Steigung in einem Punkt. Wenn der Marginaleffekt die Steigung in einem Punkt ist, ein Dummy aber nur zwei distinkte Werte annhemen kann, folgt, dass die Berechnung marinaler Effekte für Dummies unsinnig ist. Es ist aber duchaus möglich (und wahrscheinlich), dass Dein Statisitkprogramm so clever ist, bei der Anforderung eines marginalen Effekts für einen Dummy automatisch den Einheitseffekt (i.e. Veränderung von 0 auf 1) auszugeben. Alles andere ist m.E. nicht sinnvoll zu interpretieren.

Dazu sollte ich aber sagen, dass ich Marginaleffekte im Allgemeine sehr unanschaulich/unintuitiv finde. Ich würde Logit schätzen und OR interpretieren. Mag Fachspezifisch sein, ich weiß die Ökonomen mögen ihre Marginaleffekte.


Was mich interessieren würde ist, ob ich diese marginalen Effekte auch untereinander vergleichen kann. Wenn bspw. der marginale Effekt bei Kategorie 1 höher ist als bei Kategorie 3, kann man dann sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass Kategorie 3 anstatt Kategorie 1 zutrifft ist um die Differenz der marginalen Effekte niedriger, wenn der Dummy den Wert 1 statt den Wert 0 annimmt?

Verstehe ich nicht. Was sind denn die Kategorien? Wenn Du ein "standard" orderd Probit/Logit schätzt, dann bekommst Du für den Dummy einen Koeffizienten über alle Kategorien/Ausprägungen des Outcomes.

Als Literatur kann ich Long (1997) empfehlen. Wenn Du mit Stata arbeitest, zusätlich das mit seinem Kollegen Freese (2006). Ist etwas weniger "technisch" dafür mit vielen Anwendungsbeispielen. In beiden Büchern wird die Interpretation nicht-linerer Modelle anhand verschiedener Maße (u.a. Marginale Effekte) ausführlich diskutiert.


Long, J. Scott. 1997: Regression Models for Categorical and Limited Dependent Variables.
Sage Publications: Thousand Oaks.

Long, J. Scott/Freese, Jeremy. 2006: Regression Models for Categorical Dependent Variables
Using Stata. Stata Press: College Station.
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon DiplVW » Di 14. Jun 2011, 14:00

Hallo Daniel,

Ich versuche nochmal zu erklären, wie ich das mit den Kategorien meinte:
Die "Kategorien", die ich meine, sind die Kategorien der abhängigen Variablen. Beim Ordered Probit habe ich ja in der abhängigen Variablen eine Anzahl verschiedener, geordneter Kategorien. Also Kategorie 2 ist bspw. höher als 1 ist höher als 0. Also bspw. gute Gesundheit, mittelmäßige Gesundheit und schlechte Gesundheit.
Wenn ich nun "standard" oprobit schätze, ja, dann bekomme ich nur einen Koeffizienten für alle Kategorien. Aber ich habe ja anschließend die marginalen Effekte berechnet und diese sind für jede Kategorie spezifisch.

LG,
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon daniel » Di 14. Jun 2011, 14:44

DiplVW hat geschrieben:Aber ich habe ja anschließend die marginalen Effekte berechnet und diese sind für jede Kategorie spezifisch.

Verstehe. Aber sollten die nach parallel regression assumption (vgl. Long 1997: 140ff) nicht gleich sein?

Ich denke ein Unterschied der Effekte (i.e. unterschiedliche Slopes) für unterschiedliche Kategorien, deuten darauf hin, dass sind die Vorraussetzung für ein ordered probit Modell nicht erfüllt sind. Wenn dem so sein sollte ist es natürlich nicht sinnvoll diese Unterschiede auch noch zu interpreteiren, als sei alles ok. Mag sein, dass ich mich irre, ist bei mir auch schon etwas länger her, dass ich mich intensiver mit diesen Modellen befasst habe.

Lies Dir das Kapitel in Long (1997) nochmal durch, denn Deine Frage nach dem Vergleich von Kategorie 1 mit Kategorie 3 impliziert, dass auch Du schon bei der grundlegende Interpretation der Koeffizineten nicht mehr ganz sattelfest bist. Du kannst nicht zwei beliebige Kategorien vergleichen. Wenn Du dass willst, musst Du multinomische Modelle (i.e. multinominal logit/probit) schätzen. Im ordered kannst Du nur eine Kategorie vs. alle höheren (oder alle niedrigeren, je nach Programm) vergleichen.
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon DiplVW » Di 14. Jun 2011, 15:24

Ne, mir scheint, dass Du dich da tatsächlich irrst...
Die marginalen Effekte müssen doch unterschiedlich sein, denn sie müssen sich über alle Kategorien hinweg zu Null addieren. Denn wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Kategorie steigt, muss die Wahrscheinlichkeit für eine andere Kategorie sinken.
Beispiel: Nehmen wir an, die Kategorien sind 2: gute Gesundheit, 1: mittelmäßige Gesundheit, und 0: schlechte Gesundheit. Nun will ich wissen, wie sich die Wahrscheinlichkeit in eine dieser Kategorien zu fallen, durchschnittlich ändert, wenn ich bspw. Männer statt Frauen betrachte. Wenn Männer c.p. eine höhere Wahrscheinlichkeit hätten, dass Kategorie 0 zutrifft, dann muss die Wahrscheinlichkeit für Kategorie 2 oder 1 oder beide sinken.

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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon daniel » Di 14. Jun 2011, 16:57

DiplVW hat geschrieben:Die marginalen Effekte müssen doch unterschiedlich sein, denn sie müssen sich über alle Kategorien hinweg zu Null addieren.

Ja das klingt logisch. Mein Fehler.

Jetzt verstehe ich glaube ich auch Deine Frage, und wieso Du die zwei Kategorien 1 und 3 vergleichst (oder vergleichen willst). Leider weiß ich aber keine Antwort. Vielleicht hilft es wieder ein Beispiel zu konstruieren über das man dann nachdenken kann.
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon DiplVW » Mi 15. Jun 2011, 10:00

daniel hat geschrieben:Vielleicht hilft es wieder ein Beispiel zu konstruieren über das man dann nachdenken kann.


Okay, bleiben wir bei dem Gesundheitsbeispiel, die drei Kategorien (0, 1 und 2) seien also Gesundheitszustände.
Die marginalen Effekte des Sex-Dummies (1=Männer) seien 0: 5%, 1: 5%, 2: -10%. Das hieße also, dass bspw. die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann den Gesundheitszustand 0 hat 5% höher ist, als bei einer Frau.
Nun interessiere ich mich aber für die Differenzen dieser Effekte zwischen zwei bestimmten Kategorien. Ich frage mich, ob man sagen kann:
"Die Wahrscheinlichkeit in Kategorie 0 statt in Kategorie 2 zu sein ist bei Männern um 15%punkte (also 5%- (-10%)) höher als bei Frauen."? Oder:
"Es gibt keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Wahrscheinlichkeit in Kategorie 0 statt in Kategorie 1 zu sein." (da 5%-5%=0%)

Bin mir nicht sicher, ob diese Art von Interpretation erlaubt ist, bzw. wo da mein Denkfehler sein könnte.
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Re: Interpretation marginaler Effekte bei Ordered Probit

Beitragvon daniel » Mi 15. Jun 2011, 11:56

DiplVW hat geschrieben:Okay, bleiben wir bei dem Gesundheitsbeispiel, die drei Kategorien (0, 1 und 2) seien also Gesundheitszustände.
Die marginalen Effekte des Sex-Dummies (1=Männer) seien 0: 5%, 1: 5%, 2: -10%. Das hieße also, dass bspw. die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann den Gesundheitszustand 0 hat 5% höher ist, als bei einer Frau.
[...]
"Es gibt keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Wahrscheinlichkeit in Kategorie 0 statt in Kategorie 1 zu sein." (da 5%-5%=0%)


Ich bin vor allem skeptisch, was den Rückschluss des Kontrastes (i.e. "statt") aus den W' Veränderungen für jede Kategorie angeht. Die marginalen Effekte sagen doch aus, wie sich die W' ändert in die jeweilige Kategorie zu fallen. Mir ist nicht ganz klar, wie man daraus auf die W' dieser Kategoire vs. eine andere schließen kann.

Ich denke um einen Kontrast, wie Du ihn möchtest zu bekommen müsste an multinomisch Kategorie 0 vs. Kategoire 1 schätzen, und dann die OR für den Geschlechtdummy anschauen.

Ein Beispiel um zu verdeutlichen was ich meine. Wenn Du da einen Fehler findest kommen wir der Sache vielleicht näher.
Code: Alles auswählen
           K0     K1     K2     Verhältnis
Frau     0.2     0.6    0.2    0.2/0.6 = 0.33
Mann    0.25   0.65   na    0.25/0.65 = 0.385
        (+0.05) (+0.05)

Der Marginale Effekt für "männlich" ist 0.05, wie angegeben. Das Verhältnis in Kategoire 0 statt Kategorie 1 zu fallen ist für Männer und Frauen aber unterschiedlich.
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