Punkt 2 - Likert- oder Rating-Skala - warum so kleinlich?Der Unterschied ist bedeutsam. Likert hat den an sich ordinal skalierten Antwortmöglichkeiten einfach Zahlenwerte zugeordnet, und diese dann addiert, obwohl man ordinalskaliertes nicht addieren kann. Likert schreibt in der oben zitierten Publikation:
Although the sigma technique seemed to be quite satisfactory for the intended use, it was decided to try a simpler technique to see if it gave results comparable with the sigma technique. If it did, the simpler method would save considerable work in a general survey type of study of this kind. The simpler technique involved the assigning of values of from 1 to 5 to each of the five different positions on the five-point statements. The ONE end was always assigned to the negative end of the sigma scale, and the FIVE end to the positive end of the sigma scale.
After assigning in this manner the numerical values to the possible responses, the score for each individual was determined by finding the average of the numerical values of the positions that he checked. Actually, since the number of statements was the same for all individuals, the sum of the numerical scores rather then the mean was used. The reliability of odds vs. evens for this method yielded essentially the same values as those obtained with the sigma method of scoring. The scores obtained by this method and the sigma method correlated almost perfectly as will be seen in Table IV.
Im Klartext: Das war uns alles zu kompliziert, wir haben es einfach mal einfach probiert und es hat gut funktioniert. Seither hat es in den danach folgenden 85 Jahren immer gut funktioniert. Deshalb gibt es in der Klassischen Testtheorie den Konsens, dass man Likert-Skalen ihren Geburtsfehler der Addition von ordinalen Werte verzeiht und ihre Ergebnisse quasi-metrisch verwendet - was viele Privilegien mit sich bringt.
Diese Privilegien gelten aber für Likert-Skalen, nicht für jede fünfstufige
Ratingskala, die gar keine Likert-Skala ist. Deshalb ist es wichtig, präzise zwischen Likert-Skalen und Rating-Skalen zu unterscheiden. Likertskalen können unter Umständen quasimetrische abhängige Variable in einer einfachen linearen Regression sein, für 5stufige Ratingskalen bieten sich dann doch eher ordinale Regressionen (Stichwort: logistische Regression) an.
Ausweichsweise können im Einzelfall auch Single-Item-Skalen mit sehr vielen Stufen (Beispiel mit ausführlicher Diskussion siehe hier:
https://www.gesis.org/fileadmin/upload/ ... 014-33.pdf ) oder Visuelle Analogskalen hilfreich sein. Es gibt viele gute
Fragen- und Antwortformate.