Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Alle Verfahren der Regressionanalyse.

Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon ChrisvonR » So 24. Mär 2019, 20:27

Guten Abend zusammen,

nachdem ich nun in meiner Datenauswertung für meine Masterarbeit alle Auswertungen mit SPSS beendet habe, bin ich nun bei der Interpretation angelangt. Hierzu habe ich eine Verständnisfrage zur Interpretation des standardisierten Regressionskoeffizienten Beta. Ich bin unsicher, wie ich das ganze lesen und verstehen muss.

Beschreibung eines meiner Modelle:

- eine unabhängige Variable (UV)
- eine abhängige Variable (AV)
- diverse Kontrollvariablen:
--> sowohl dichotome (1 und 0, z. B. das Geschlecht)
--> und sonstige kategoriale (mit mehr als 2 Kategorien, z. B. Branche) -> umcodiert zu Dummyvariablen

Bei den kategorialen habe ich jeweils die Referenzkategorie aus der Regressionsanalyse rausgelassen.

Nun hab ich eine komplette Auflistung meiner Regressionsanalysen, stehe aber bei der Interpretation des Beta etwas auf dem Schlauch. Ich bin verunsichert, wie die Betas der KV mit der "0-Kategorie" und den Referenzkategorien zu deuten sind.

Mir ist bekannt, wie der "normale" Regressionskoeffizient interpretiert wird, also z. B. dass wenn beim Geschlecht (dichotom mit 0 = männlich) -.109 rauskäme, dies als "negative Auswirkung von weiblich im Vergleich zu männlich" zu interpretieren ist. Ebenso bei den kategorialen Variablen, also z. B. wenn die Referenzkategorie die Branche "Öffentlicher Dienst" ist und bei der Kategorie "Handel" ein .109 rauskäme, dies als positive Auswirkung im Vergleich zum Öffentlichen Dienst zu interpretieren ist. Also wenn es z. B. um Gehaltshöhe ginge, im Handel mehr als im ÖD verdient würde, und Frauen weniger als Männer verdienen würden.

Beim Beta ist mir bekannt, dass dieser dazu dient, verschieden skalierte Variablen zu vergleichen.

Meine Frage ist nun:

Wie muss ich Beta bei den Kontrollvariablen lesen?

Fälle/Fragen:

1. Beta der dichotomen Kontrollvariable Geschlecht (0 = männlich, 1 = weiblich): -.156 -> Was sagt mir dies? Ist das jetzt immer noch im Vergleich "weiblich zu männlich" oder ist es durch die Standardisierung als "Verhältnis weiblich zu AV" zu deuten? Und wenn Letzteres der Fall ist, wo bleibt dann "männlich" ab?!

2. Das Beta einer kategorialen Variable (5 Kategorien insgesamt, davon eine Referenzkategorie, die nicht in der Regressionsanalyse mit SPSS berücksichtigt wurde): .107 -> Ist das jetzt als "Verhältnis jeweilige Kategorie im Vergleich zur Referenzkategorie" zu deuten oder als "Verhältnis jeweilige Kategorie im Vergleich zur AV"? Und wenn Letzteres der Fall ist, wo bleibt dann die Referenzkategorie, was ist dann damit?

Ich hoffe, ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt, auch wenn es vielleicht nicht ganz professionell statistisch formuliert ist. (Ist das erste Mal, dass ich eine quantitative Arbeit schreibe und ich bin froh, überhaupt schon so weit gekommen zu sein.)

Und dann noch eine ergänzende Frage: handelt es sich, auch wenn ich in die jeweilige Analyse nur eine AV und eine UV habe, dazu aber einige KV, um eine multiple oder trotzdem noch um eine einfache Regressionsanalyse? Ich bin die ganze Zeit von einer multiplen ausgegangen, aber je länger ich drüber nachdenke, umso mehr verunsichere ich mich selbst.

Es wäre sehr nett, wenn sich jemand bereiterklären würde, mir das Ganze zu erklären. Hier habe ich leider einen kompletten Hänger und konnte bisher nichts für mein Problem Passendes recherchieren.

Vielen Dank für eure Hilfe!

Viele Grüße
Chris
ChrisvonR
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 7
Registriert: Di 19. Mär 2019, 23:19
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon PonderStibbons » Mo 25. Mär 2019, 00:02

Wieso interessieren Dich die Koeffizienten der Kontrollvariablen? Da Du sie so benennst, sind sie für Dich nicht von inhaltlichen Interesse, sondern sind technische Hilfen.

Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons
PonderStibbons
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 11362
Registriert: Sa 4. Jun 2011, 15:04
Wohnort: Ruhrgebiet
Danke gegeben: 51
Danke bekommen: 2501 mal in 2485 Posts

Re: Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon ChrisvonR » Mo 25. Mär 2019, 00:17

Guten Abend PonderStibbons,
guten Abend auch an alle anderen Mitleser und potentiellen Helfer,

mich interessiert das Ganze aus 2 Gründen.

Grund 1:
3 meiner KV erweisen sich in einigen Modellen auf dem Niveau von p < .01 als signifikant (die Werte liegen bei -.133, -.224, -.180, -.180) und ich denke, dass ich hierauf wenigstens in einem Satz eingehen sollte, da sie somit wohl einen Einfluss zu haben scheinen. Dazu müsste ich aber schon wissen, wie ich das Ganze deuten muss, auch wenn die KV im weiteren Verlauf inhaltlich nicht mehr relevant sind. Es erscheint mir nicht richtig, diese Werte als signifikant zu markieren und einfach nichts dazu zu sagen. (Oder bin ich da auf dem falschen Dampfer?)

Grund 2:
Es interessiert mich außerdem, wie es zu interpretieren ist. Einfach weil ich es auch gern wirklich verstanden haben möchte. Würde auch gern einfach etwas dazulernen. Mir gefällt es nicht, die Arbeit zwar vielleicht am Ende abzugeben, aber da etwas drin stehen zu haben, wo ich nicht wirklich weiß, wie ich es verstehen soll.

Könntest du es mir daher vielleicht bitte doch erklären?

Ich war der Meinung, dass die Informationen, die ich gegeben habe, ausreichen. Sollten noch weitere erforderlich sein, reiche ich diese gerne nach (Ist das N = 207 vielleicht noch wichtig hierfür?). Ich wollte es bloß nicht zu sehr aufbauschen und auf das Notwendige an Infos beschränken.

Viele Grüße
Chris
ChrisvonR
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 7
Registriert: Di 19. Mär 2019, 23:19
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon strukturmarionette » Mo 25. Mär 2019, 08:34

Hi,

Beim Beta ist mir bekannt, dass dieser dazu dient, verschieden skalierte Variablen zu vergleichen.

- Nee.
-> umcodiert zu Dummyvariablen

- derartiges exstiert nicht'; wohl ist Dummycodierung eine Möglichkeit, kategoriale Variablen zu codieren.

- Wie ist Deine AV operationalisiert und welche Annahmen machst Du seitens des Skalenniveaus der AV?
- Mit welchem statistischen Procedere willst Du Variablen kontrollieren?
- Wie sind die Zusammenhangsmaße im Einzelnen zwischen Deinen UVs (insb den Kontrollvars) und der AV in Deiner Zielpopulation?

Gruß
S.
strukturmarionette
Schlaflos in Seattle
Schlaflos in Seattle
 
Beiträge: 4352
Registriert: Fr 17. Jun 2011, 22:15
Danke gegeben: 32
Danke bekommen: 586 mal in 583 Posts

Re: Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon PonderStibbons » Mo 25. Mär 2019, 09:23

ChrisvonR hat geschrieben: Es erscheint mir nicht richtig, diese Werte als signifikant zu markieren und einfach nichts dazu zu sagen. (Oder bin ich da auf dem falschen Dampfer?)

Meines Erachtens ja.
Es interessiert mich außerdem, wie es zu interpretieren ist. Einfach weil ich es auch gern wirklich verstanden haben möchte.

Du kannst dieselbe Gleichung unter 2 Bedingungen betrachten:
entweder eine dummy-Variable wie Geschlecht ist = 0, oder sie
ist = 1. In der ersten Gleichung ist der Beitrag von Geschlecht für
die Vorhersage + b(Geschlecht)*0, in der zweiten ändert sich
(ceteris paribus) der vorhergesagte Wert für y um den Betrag
+ b(Geschlecht)*1 .

HTH

PonderStibbons
PonderStibbons
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 11362
Registriert: Sa 4. Jun 2011, 15:04
Wohnort: Ruhrgebiet
Danke gegeben: 51
Danke bekommen: 2501 mal in 2485 Posts

Re: Interpretation standardisierter Regressionskoeffizient

Beitragvon ChrisvonR » Di 26. Mär 2019, 11:14

Hallo zusammen,

ich antworte den Helfern getrennt:

@ strukturmarionette:

Danke für deine Antwort.

1. Was meinst du mit "nee", was genau ist da unpassend?

2. Ok, also richtig ausgedrückt: meine Kontrollvariablen, welche kategoriale Variablen sind, sind dummycodiert worden. Deine anderen Nachfragen versuche ich, sofern ich sie richtig verstanden habe, zu beantworten:

Wie ist Deine AV operationalisiert und welche Annahmen machst Du seitens des Skalenniveaus der AV?

AV ist beispielsweise die "Arbeitszufriedenheit". Erhoben habe ich sie auf einer 5stufigen Likert-Skala, die ich als Intervallskala betrachte.

Mit welchem statistischen Procedere willst Du Variablen kontrollieren?

Ich führe eine Regressionsanalyse nach Pearson durch. Dabei möchte ich dann den standardisierten Regressionskoeffizienten Beta näher anschauen.

Wie sind die Zusammenhangsmaße im Einzelnen zwischen Deinen UVs (insb den Kontrollvars) und der AV in Deiner Zielpopulation?

Ich bin hier nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe. Meinst du die Korrelation? Die Korrelation zwischen der beispielhaften AV "Arbeitszufriedenheit" und der 'UV ist: .550, und zwar signifikant auf p<.01-Niveau. In meiner Korrelationstabelle habe ich die KV gar nicht betrachtet, sondern nur die UV und AVs - für meinen Betreuer war das so ok. Ist das verkehrt?


@ PonderStibbons

Danke auch für deine Antwort.

Du kannst dieselbe Gleichung unter 2 Bedingungen betrachten:
entweder eine dummy-Variable wie Geschlecht ist = 0, oder sie
ist = 1. In der ersten Gleichung ist der Beitrag von Geschlecht für
die Vorhersage + b(Geschlecht)*0, in der zweiten ändert sich
(ceteris paribus) der vorhergesagte Wert für y um den Betrag
+ b(Geschlecht)*1 .


Mir dünkt, ich habe es vielleicht sogar verstanden. Ich formuliere mal aus, wie ich das Ganze nun lesen würde:

Beispiel:

- AV ist "Arbeitszufriedenheit"
- Kontrollvariable Geschlecht, 0 = männlich, 1 = weiblich
- Beta ist nun bei "weiblich" = -.180

Ich würde das Ganze nun so verstehen (in einfachen Worten):

Die weiblichen Befragten sind insgesamt mit der Arbeit weniger zufrieden als die männlichen Befragten. Und würde ich die männlichen Befragten betrachten, länge ihr Einfluss auf die Regressionsgleichung bei 0, da sie die Referenzkategorie sind.

Habe ich das so korrekt aufgefasst? Irgendwie scheint es mir jetzt doch (falls das so richtig ist) simpler als ich dachte. Da hatte ich als Nicht-Statistik-Expertin dann wohl einen Knoten im Gehirn oder geistig einfach unterschlagen, wofür das Beta überhaupt da ist.

Wenn das so passt wie ich es schrieb, würde ich es vielleicht in einem kleinen Nebensatz doch kurz erwähnen. Vielleicht einfach im Hinblick darauf, dass man es im Blick behalten muss, dass das Geschlecht vielleicht doch einen gewissen Einfluss hat. Einfach nur so als "habe ich es wenigstens mal erwähnt, dass es mir aufgefallen ist"-Ding.

Viele Grüße
Chris
ChrisvonR
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 7
Registriert: Di 19. Mär 2019, 23:19
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post


Zurück zu Regressionanalyse

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste