Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon Sonnenjaeger » Mo 13. Mai 2019, 10:00

Hallo liebe Forengemeinde,

ich wurde vor die Aufgabe gestellt eine Bevölkerungsprognose zu erstellen. Statistik-Grundkenntnisse sind vorhanden. Jedoch ist die Welt der Prognosen für mich Neuland. Meine Recherche ergab, dass es verschiedene Methoden der Bevölkerungsvorausschätzung gibt: Trendextrapolation, Exponentielle Glättung, Differenzschätzung, Verhältnisschätzung, Regressionsschätzung und das so genannte Kohorten-Komponenten-Modell. Es gibt auch erstaunlich wenig Fachliteratur zu dem Thema. Ich habe nicht die Zeit mich in alle Methoden gleichzeitig einzulesen. Zudem geht es mir um eine Hochrechnung, bei der auch bestimmte Bevölkerungseffekte berücksichtigt werden, wie zum Beispiel steigende Flüchtlingsbewegungen, eine sich verringernde Geburtenrate etc. Eine gerade Linie als Prognose ist also zu wenig.

Was ist also die gängigste Methode für Bevölkerungsprognosen wie es zum Beispiel in folgender Veröffentlichung der Städtestatistik Hannover gemacht wurde (Seite 17, Abbildung 3):
http://www.staedtestatistik.de/fileadmi ... s_2030.pdf

PS: Die demografische Grundgleichung ist mir bekannt. Ich denke aber, sie dient ja vor allem der Ermittlung der gegenwärtigen Bevölkerung oder?

Viele Grüße
Sonnenjäger
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Re: Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon strukturmarionette » Mo 13. Mai 2019, 13:31

Hi,

Bevölkerungsprognose

- geht es bitte etwas konkreter?
- Für was und wen? Für No-Go-Areas in Sao Paulo?

Gruß
S.
strukturmarionette
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Re: Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon Sonnenjaeger » Mo 13. Mai 2019, 14:12

Anschauungsmaterial habe ich ja verlinkt. Ich beziehe mich auf die Seite 17, Abbildung 3 - Stadt Hannover. Wie haben die das gemacht? Wonach sieht es aus? Die Prognosen der Städtestatistiker ähneln sich letztlich.
Ich habe die Einwohnerzahlen (in Altersgruppen), Geburtenzahlen und Anzahl der Verstorbenen der letzten 10 Jahre und will so einen Trend prognostizieren. Wie entwickelt sich die Einwohnerzahl in 10 Jahren? Wie entwickeln sich die einzelnen Altersgruppen. Vielleicht etwas kompliziert ausgedrückt, aber eigentlich nicht so komplex.

Viele Grüße
Sonnenjaeger
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Re: Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon bele » Mo 13. Mai 2019, 14:44

In Deinem Linke steht, dass das mit SIKURS gemacht wurde. Ein Flyer zu diesem Programm schreibt:
( http://www.staedtestatistik.de/fileadmi ... e_2017.zip )
Das Prognosekonzept von SIKURS basiert auf dem fachlichen Standardverfahren, einen
gegebenen Ausgangsbestand der Bevölkerung aufgrund von Zu- und Fortzügen, Geburten
und Sterbefällen von Periode zu Periode fortzuschreiben. Dabei verarbeitet SIKURS die
einzelnen Bewegungskomponenten stromorientiert, d. h. alle Ströme bzw. Bewegungen
werden explizit vorgegeben oder berechnet. Bevölkerungsprognose unverzichtbares
Planungsinstrument SIKURS - ein stromorientiertes Prognosemodell
SIKURS – Regionalisierte Bevölkerungsprognose
Um auch bei kleinräumigen Prognosen mit vielen Gebietseinheiten eine zahlenmäßig ausreichende
Basis für die Prognoserechnung zu erhalten, werden die einzelnen Gebietseinheiten, wie z.B.
Gemeindeteile, zu sogenannten Strukturtypen zusammengefasst, die jeweils ein ähnliches Verhalten
hinsichtlich der Geburten, der Sterblichkeit oder der Wanderungen haben.
Die Eingabedateien können selber erstellt oder mit einem SIKURS-Tool aus den Statistikdatensätzen
Bestand und Bewegung des Deutschen Städtetags erzeugt werden.


Und zu den Ausgangsdaten:
Zwingend notwendig bei allen Varianten sind die Daten für die Vorausrechnung der natürlichen Entwicklung:
• die Ausgangsbevölkerung für die Gebietseinheiten nach Altersjahren, Geschlecht und Bevölkerungsgruppen (z. B. Deutsche/Ausländer)
• altersspezifische Geburtenraten der Frauen nach Gebietstypen
• Sterberaten entsprechend der Gliederung der Ausgangsbevölkerung
Wenn Wanderungen einbezogen werden sollen:
• Wegzugsraten (Anteil der Wegziehenden am
Bestand der jeweiligen demogr. Gruppe) gegliedert
nach Zielgebieten
• das Zuzugsvolumen aus den Außengebieten und die demographische Gliederung der Außenzuzüge
[...] Die Bevölkerungsentwicklung in den Gebietseinheiten kann zusätzlich durch die Vorgabe von Attraktivitätsmustern gesteuert werde


Hilft das?
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Re: Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon Sonnenjaeger » Mo 13. Mai 2019, 15:19

Danke, das hatte ich wohl nicht gesehen. Dann muss es wohl das "Kohorten-Komponenten-Modell" sein, auf dem alles beruht. Denn mit dem arbeitet auch SIKURS. Leider hab ich dafür keine Lizenz und muss das irgendwie anders anstellen. Oder anders ausgedrückt, wenn man kein Sikurs hat, ist dann das Kohorten-Modell immer noch das erste der Wahl? Was hält mich davon ab, einfach die Prognosefunktion in Excel zu nutzen bzw. was spricht dagegen?
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Re: Was ist die übliche Methode für Bevölkerungsprognosen?

Beitragvon bele » Mo 13. Mai 2019, 16:05

Sonnenjaeger hat geschrieben:Oder anders ausgedrückt, wenn man kein Sikurs hat, ist dann das Kohorten-Modell immer noch das erste der Wahl?


Das scheint mir eine sehr spezifisch geographische Fragestellung zu sein. Was in einer bestimmten Sachwissenschaft das Modell der Wahl ist, ist in einem allgemeinen Statistikforum vielleicht unglücklich platziert. Vielleicht haben wir ja aber auch Glück, und es ist ein Geograph anwesend? Ich würde da nicht drauf bauen.

Was hält mich davon ab, einfach die Prognosefunktion in Excel zu nutzen bzw. was spricht dagegen?


Falls bei der Excel-Prognosefunktion Algorithmen dabei sind, die sich eigenen, dann würde ich antworten: "Excel" spricht dagegen. Du willst in einem Sheet irgendwo die Daten hinterlegen und in anderen die Logik und das führt zu einer großen Zahl von Verknüpfungen zwischen irgendwelchen Zellen die man zwar schnell zusammenklicken, jedoch kaum später nochmal überprüfen kann.
Wenn Du das in irgendeiner Programmiersprache machst, dann kannst Du Probleme in Teilprobleme zerlegen, die in kleine Funktionen passen. Für diese Funktionen kannst Du Tests schreiben, die deren Verhalten verifizieren. Du kannst diese Funktionen in übersichtlicher Weise miteinander verknüpfen, kannst den Code Deinem Kollegen zeigen und als Listing als additional material zur Publikation oder in den Anhang Deiner Abschlussarbeit schreiben und so wird alles nachvollziehbar, überprüfbar, reproduzierbar. "Hier ist der Code" ist doch was völlig anderes als "Du kannst Dich mal durch alle diese Zellen in diesem Sheet klicken um zu schauen, wie ich meine Rechenlogik umgesetzt habe". Außerdem ist das immer schwierig, wenn Du in einem halben Jahr irgendwas wesentliches ändern willst. Zudem wird Excel unhandlich, wenn es um das Skalieren geht. Wenn auf einmal statt zehn einhundert oder eintausen Spalten vorhanden sind und Du versuchst, Dich durch eine Spaltenbenennung zu klicken, die auf einer Seite noch handlich war.
Wenn Du die passenden Funktionen in einer Programmiersprache geschrieben hast und mit Tests deren Richtigkeit bestätigen kannst und es läuft für Klein-Schmütterbach, dann läuft es oft auch für NRW oder für Deutschland oder... Und wenn es mal nicht läuft, dann hat eine Programmiersprache viel bessere Chancen, eine aussagekräftige Fehlermeldung zu produzieren die Dir hoffentlich zeigt, wo was gerade schief läuft.
Wenn Du Dich in einem Zeilen oder Spaltenbezug vertippst, dann hat Excel überhaupt kein Problem damit, "5" mit drei leeren Zellen zu addieren und als Ergebnis 5 auszuspucken. Eine brauchbare Programmiersprache wird sich da melden und fragen, was das sein soll. Faustregel: Schnelle Lösung die weder skaliert noch später überarbeitet oder überprüft werden muss: Excel. Wissenschaftsprojekt: Nicht Excel.

Wie relevant das alles für Deinen Anwendungsfall ist hängt natürlich von Deinem Anwendungsfall ab.

LG,
Bernhard
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