STATISTIK-FORUM.de

[luci]

Hallo,

ich habe in meinem Strukturgleichungsmodell eine latente Variable, die nur durch einen Indikator definiert ist. Das ist zwar unschön, resultiert aber daraus, dass ich für die manifesten Variablen Daten aus einer Rasch-Analyse verwende und da nicht auf einzelne Items, sondern nur auf Skalen oder Gesamttest-Werte zurückgreifen kann.
Meine Frage ist, erstens, ob das eigentlich ein totales Unding ist, eine latente nur durch eine manifeste Variable zu definieren? So ist das Modell natürlich unteridentifiziert, aber wenn ich die Varianz der latenten Variable auf 1 fixiere, läuft das Modell - auch mit guten Model-fit-Werten. Wäre das die richtige Entscheidung oder sollte ich eher die Fehlervarianz irgendwie fixieren....(aber auf was?).
Vielen Dank!
Luci

[Holgonaut]

Hi,

du solltest die Varianz der latenten Variablen unfixiert lassen, die Ladung auf 1 fixieren und die Fehlervarianz auf einen theoretisch plausiblen Wert. Grundlagen könnten re-test-Reliabilitäten sein (wobei der Fehler in SEM über Un-Reliabilität hinausgehen.

Gewöhnlich wird der Fehler auf 0 fixiert, was aber Käse ist, weil das impliziert, dass die latente Variable fehlerfrei gemessen (nicht "definiert"!) wird.

Hayduk, L. A. (1990). Should model modifications be oriented toward improving data fit or encouraging creative and analytical thinking? Multivariate Behavioral Research, 25(2), 193-196.

Lin, C.-H., Sher, P. J., & Shih, H.-Y. (2005). Past progress and future directions in conceptualizing customer perceived value. International Journal of Service Industry Management, 16(4), 318-336.

Hayduk, L. A., Pazderka-Robinson, H., Cummins, G. G., Boadu, K., Verbeek, E. L., & Perks, T. A. (2007). The weird world, and equally weird measurement models: Reactive indicators and the validity revolution. Structural Equation Modeling, 14(2), 280-310.

Hayduk, L. A., Stratkotter, R. F., & Rovers, M. W. (1997). Sexual orientation and the willingness of catholic seminary students to conform to church
teachings. Journal for the Scientific Study of Religion, 36(3), 455-467.

Scherpenzeel, A., & Saris, W. E. (1997). The validity and reliability of survey questions: A meta-analysis of MTMM studies. Sociological Methods & Research, 25(3), 341-383.

Grüße
Holger

[luci]

Hallo Holger,
Danke für die schnelle hilfreiche Antwort. Auf das Fixieren der Ladung und des Fehlers bin ich auch in der Zwischenzeit beim Lesen gestossen. Allerdings aben nur auf die Geschichte mit der Fixierung auf 0. Gibt es eine Formel zur Berechnung des "plausiblen Wertes"? Beziehungsweise, finde ich dazu etwas in der Literatur, die Du mir netterweise gepostet hast und die ich mir schnellst möglich besorgen werde...?
Danke und Viele Grüße
Luci

[Holgonaut]

Hi Luci,

auf welchen Wert du den Fehler fixierst, hängt ab, von deiner Kenntnis des Indikators und von der konzeptionellen Nähe des Indikators von der latenten Variable Deines Interesses. Ein klar formulierter Indikator, der auch klar von den Leuten verstanden wird (was man in einem kleinen Interview elaborieren sollte) hat einen geringeren Fehler.

Da gibts keine Daumenregel. Hayduk diskutiert dies in seinen Artikeln.

Sei dir im klaren, dass das auf Kritik stoßen wird. Andere Forscher haben gewöhnlich starke Problem, eine theoretische Begründung für die Fixierung zu akzeptieren - wobei sie kein Problem damit haben, die offensichtlich falsche Fixierung auf 0 zu akzeptieren.

Grüße
Holger

[luci]

Danke nochmal! Dann werde ich ersteinmal viel lesen, bevor ich weitermache. Damit ich dann in der Disputation zur Not auch verteidigen kann, was ich gerechnet habe,-) Danke!
Viele Grüße
Luci