Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon desputin » Do 23. Apr 2020, 00:42

Hallo Ihr,
meine Statistik-Kurse in der Uni sind so lange her, daß ich nicht mehr genau weiß, welche statistischen Methoden ich wo anwenden sollte und wo es wieder keinen Sinn ergibt.

Ich habe zwei Fragebögen, die ich mit deskriptiver Statistik ausgewertet habe. Also z.B. "von den Befragten, die das Förderinstrument X "sehr gut" oder "gut" beurteilten, waren 70% Frauen und 30% Männer. Oder: Die Befragten aus ländlichen Gemeinden stimmten den Maßnahmen zu 65% zu, die aus Kleinstädten hingegen zu 82%. Usw.

Also beide Fragebögen beinhalten überwiegend solche Ordinalskalen und wenig numerische Werte. Höchstens das Alter.
Wie würdet Ihr da grundlegend herangehen? Also "reicht" wissenschaftlich betrachtet in einem solchen Fall die Darstellung deskriptiver Statistiken? Muß ich zwingend statistische Tests zur Signifikanz der Daten und so etwas vornehmen? Wenn ja, welche?

PonderStibbons hatte mir ja schon den Tip gegeben, es in SPSS mal mit dem "Mann-Whitney U-Test" zu versuchen.

Fällt Euch sonst noch irgendwas Allgemeines zu meinen Fragen ein?
Hier sind die gefilterten/anonymisierten Ergebnisse der Befragungen:

https://daswirdmanjawohlnochsagenduerfe ... frag-1.xls
https://daswirdmanjawohlnochsagenduerfe ... frag-2.xls

Viele Grüße
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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon PonderStibbons » Do 23. Apr 2020, 09:31

Wie man es auswertet, hängt ab von Thema und Fragestellung, auch von Anlass und Zweck einer Studie.
An wen das geht/für wen das gedacht ist. Nebenbei auch von der Stichprobengröße.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon desputin » Do 23. Apr 2020, 11:44

Hallo PonderStibbons,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Die Befragungen wurden im Rahmen einer Dissertation erstellt (Anlaß).
Zweck davon ist zu untersuchen, wie hoch bei den befragten Ausländern in Deutschland die Bereitschaft wäre, in ländlich/periphere Räume (die von einem Bevölkerungsrückgang betroffen sind) zu ziehen, wenn der Staat mit verschiedenen Anreizsystemen dies unterstützen würde.
Die andere Befragung zielt auf Menschen ab, die in ländlich/peripheren Räumen leben und wie hoch andererseits ihre Akzeptanz dafür wäre, das sich Einwanderer nach Deutschland in ihren Gemeinden/Orten duch Anreizsysteme stärker ansiedeln würden als bisher der Fall.

Also eine klassisch sozialwissenschaftlich-geographische Fragestellung.
Die Stichprobengröße als Zahl der Befragten ist bei der ersten Befragung (eingewanderte Ausländer in Deutschland) 192 und bei der zweiten Befragung der ländlich/peripher lebenden Menschen 425.

Viele Grüße desputin

PS siehe auch hier:
https://bit.ly/3cA73sS
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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon PonderStibbons » Do 23. Apr 2020, 12:04

Ob Du inferenzstatistische Auswertungen machen sollst, ist eine zentrale Frage, die muss Dein Betreuer/Gutachter mit Dir klären. Ich kann da leider wenig beitragen, ich kenne die Standards bei Euch in dieser Hinsicht nicht. Und die Fragestellung ist für mein Verständnis sehr diffus/global.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon desputin » Do 23. Apr 2020, 21:27

Hallo,
hm, also sozialwissenschaftliche Untersuchungen sind doch eigentlich nicht so exotisch, wenn es um die Anwendung von Statistik geht...

In meinem Fall verstehe ich z.B. nicht, wozu ich eine Hypothesentest als Grundlage für die Auswertung der Befragung bräuchte. Es reicht doch eine Frage zu stellen und dann das Ergebnis zu betrachten. Wenn also z.B. herauskommt, daß in der Gruppe derjenigen Befragten, die sich offen zeigen für ein Anreizsystem/Förderinstrument 57% weiblich sind und nur 43% männlich sind, ist das doch ein recht klares Ergebnis.

Ich versuche nur die Lehrbuchstatistik damit überein zu bringen, was sich für mich plausibel anfühlt.

Viele Grüße desputin
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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon PonderStibbons » Do 23. Apr 2020, 22:01

Wenn Du eine Münze 10mal wirfst und erhälst 6x Zahl.
Dann nochmal 10mal wirfst und erhälst 4x Zahl. Dann
hast Du einen markanten Unterschied 60% versus 40%.
Kannst Du daraus schließen, dass die Münze beim ersten
und bem zweiten Wurf nicht identisch war? Falls Du
anfangen solltest zu argumentieren, warum man das
eventuell nicht annehmen sollte, bist Du vermutlich
schon in den Gedankengängen, die hinter Inferenzstatsitik
stehen.

Ob Deine 57% weiblich bei denen, die für ein
Anreizsystem offen sind, tatsächlich ein "recht klares
Ergebnis" darstellen, das hängt wesentlich davon ab,
auf wievielen Fällen das beruht. Und natürlich darauf,
ob nicht sowieso ca. 57% aller Befragten weiblich
waren.

Aber wie gesagt, die zentrale Frage Inferenzstatistik
ist mit Deinem Betreuer zu klären, und für alles andere
ist die Fragestellung zu diffus, als dass ich dazu was
Konkretes sagen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon bele » Do 23. Apr 2020, 23:38

Hallo desputin,

desputin hat geschrieben:. Es reicht doch eine Frage zu stellen und dann das Ergebnis zu betrachten. Wenn also z.B. herauskommt, daß in der Gruppe derjenigen Befragten, die sich offen zeigen für ein Anreizsystem/Förderinstrument 57% weiblich sind und nur 43% männlich sind, ist das doch ein recht klares Ergebnis.


Zunächst einmal bin ich Deiner Meinung, dass man absoluten Zahlen mehr Aufmerksamkeit widmen sollte als p-Werten. Aber: Warum hast Du Dir die Mühe gemacht, 425 Personen zu befragen und nicht einfach nur 20? Der Grund wird sein, dass Du die Antworten für 425 für repräsentativer hälst und den Prozentzahlen als 425 berechnet mehr vertraust als den Prozentzahlen aus 20 befragten errechnet.

Außerdem: Vielleicht findest Du, dass 57% zu 43 % ein klarer Unterschied sind, Dein Kritiker aber, das beides ungefähr 50% sind.

Wenn man den Vertrauensgewinn durch viele Befragte objektiv quantifizieren und den Entscheidungsprozess, ob 57:43 ein verlässlicher Unterschied sind objektiviert, dann hat man schließende Statistik.


Ich versuche nur die Lehrbuchstatistik damit überein zu bringen, was sich für mich plausibel anfühlt.


Das ist der richtige Zugang. Stell Dir vor, jemand ist anderer Meinung als Du und Du willst ihn mit Deinen Zahlen überzeugen. Reichen Deine Zahlen dafür mühelos aus, dann bräuchte man m. E. keine schließende Statistik. Können zwei Menschen, die mit verschiedenen Erwartungen und Wünschen heran gehen diese Zahlen verschieden deuten, dann ist es Usus eine Entscheidung durch schließende Statistik herbei zu führen. Dein Thema hört sich so an, als ob Ausländerfeinde und Multikultifanatiker auch bei scheinbar klaren Ergebnissen zu unterschiedlichen Folgerungen kommen werden - dem solltest Du als objektiver Wissenschaftler entgegensetzen, was die rationale Mathematik hergibt.
Wenn Du Dir die Mühe gemacht hast, 425 Menschen zu befragen, dann solltest Du nicht die geringe Mühe scheuen, die Ergebnisse auch zu testen. Binomialtest, Rangsummentest und Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest bringen Dich in dieser Richtung schon sehr weit.

LG,
Bernhard
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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon desputin » Fr 24. Apr 2020, 07:55

Hallo Ihr, danke für die Antworten!
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Binomialtest, Rangsummentest und Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest bringen Dich in dieser Richtung schon sehr weit.

Sann werde ich mal mein spss in diese Richtung anwerfen...
desputin
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Re: Allgemein: Statistische Auswertung von Fragebögen

Beitragvon desputin » Mo 27. Apr 2020, 15:07

Hallo Ihr,

ich habe mal eine Frage. Habe jetzt ein nicht signifikantes Ergebnis herausbekommen:
Bivariate Korrelation Pearsons R: -0,068
Bei der Korrelation von Spalte C (Demographie) und Spalte Y (Bewertung-Gruppe2 (siehe https://daswirdmanjawohlnochsagenduerfe ... frag-2.xls)

Was ich nicht verstehe, ist, warum in der deskriptiven Statistik das Ergebnis so eindeutig aussieht, die Korrelation aber so niedrig ist:
Bild
https://daswirdmanjawohlnochsagenduerfen.de/extern/Grafik-1.png
In allen Kategorien auf der X-Achse sind mehr als 30 Werte vorhanden (nur bei "stark abnehmend" sind es nur 26 Werte).

Also für mich sieht es ja so aus, als wäre ein klarer Trend erkennbar, insbesondere zwischen den linken beiden Balken und den rechten beiden Balken...

Viele Grüße desputin
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