Wahl des stat. Tests?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Wahl des stat. Tests?

Beitragvon microbiomepsychologist » Fr 28. Aug 2020, 08:16

Liebe Community

Leider werde ich aus Büchern und dem Internet nicht schlau, welchen Test ich für meine Daten benutzen sollte. Daher wäre ich um Hilfe und Inputs sehr dankbar. :)

Es geht um Folgendes:
Ich habe 2 Gruppen (Verum(n=20) und Placebo(n=22)), welche über 3 Messzeitpunkte getestet wurden. Getestet wurde ein Blutparameter (CRP), welches entsprechend die AV darstellt. Ich möchte nun analysieren, wie sich die 2 Gruppen über die 3 Messzeitpunkte verhalten mit der Hypothese, dass in der Verumgruppe über die 3 Zeitpunkte das CRP sinkt, während es bei der Placebogruppe unverändert bleibt.

1. Die Daten sind nicht normalverteilt und haben einige Ausreisser, welche aber aus verschiedenen Gründen im Datensatz bleiben sollten. Daher wurde mir bisher ein non-parametrisches Verfahren empfohlen. Ich komme aber nicht drauf, Welches.
2. Die Daten werden in einem zweiten Schritt verglichen mit Verhaltensdaten, welche mit einem mixed-model berechnet wurden. Wäre es daher sinnvoll, ein mixed-model zu wählen? Und wenn ja, kann man das mit nicht normalverteilten Daten inkl. Ausreissern?

Mein Knoten liegt darin, dass ein Friedman Test, welcher ja für abhängige Stichproben (also auch meine Messwiederholung) gilt, nicht zulässt, dass ich für jede Gruppe pro Messzeitpunkt analysiere. Grundsätzlich handelt es sich doch aber um abhängige Stichproben (da Messwiederholung), aber die beiden Gruppen (Verum und Placebo) sind unabhängig voneinander.

Ich wäre sehr dankbar für ein bisschen Hilfe:)

Ganz liebe Grüsse

J
microbiomepsychologist
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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 28. Aug 2020, 08:53

Ich möchte nun analysieren, wie sich die 2 Gruppen über die 3 Messzeitpunkte verhalten mit der Hypothese, dass in der Verumgruppe über die 3 Zeitpunkte das CRP sinkt, während es bei der Placebogruppe unverändert bleibt.

Das wären also zwei völlig getrennte Studien, da es keine Hypothese gibt, die einen
Vergleich der beiden Gruppen umfasst.
1. Die Daten sind nicht normalverteilt und haben einige Ausreisser, welche aber aus verschiedenen Gründen im Datensatz bleiben sollten. Daher wurde mir bisher ein non-parametrisches Verfahren empfohlen. Ich komme aber nicht drauf, Welches.

Bei völlig getrennter Betrachtung der beiden Gruppen kommt als globaler Test
jeweils der Friedman-Test in Frage. Zu beachten ist, dass ein etwaiger nicht-
signifikanter Test bei einer kleinen Stichprobe (n=20) ohne weiteres ein
falsch-negatives Ergebnis sein kann (niedrige statistische power).
2. Die Daten werden in einem zweiten Schritt verglichen mit Verhaltensdaten, welche mit einem mixed-model berechnet wurden. Wäre es daher sinnvoll, ein mixed-model zu wählen? Und wenn ja, kann man das mit nicht normalverteilten Daten inkl. Ausreissern?

Was heißt das konkret? Wie soll das Modell aussehen?

Mein Knoten liegt darin, dass ein Friedman Test, welcher ja für abhängige Stichproben (also auch meine Messwiederholung) gilt, nicht zulässt, dass ich für jede Gruppe pro Messzeitpunkt analysiere.

Was meinst Du damit?
Grundsätzlich handelt es sich doch aber um abhängige Stichproben (da Messwiederholung), aber die beiden Gruppen (Verum und Placebo) sind unabhängig voneinander.

Du hast 2 Hypothesen, für jede Gruppe eine, aber keine Hypothese
welche beide Gruppen in Beziehung setzt. Also wo ist das Problem?

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon bele » Fr 28. Aug 2020, 09:07

Hi!

Ich mache mal einen Gegenvorschlag, der Deine Hypothesen weniger gut wiederspiegelt aber vielleicht der Sache besser gerecht wird: Du bestimmst mittels einer linearen Regression für jedes Gruppenmitglied gesondert eine Steigung des individuellen CRP-Verlaufs und vergleichst anschließend die Steigungen in der Verum-Gruppe mit denen in der Placebo-Gruppe durch einen nicht-parametrischen Test, beispielsweise einen Rangsummentest. Wenn der signifikant wird kannst Du sagen, dass das Verum einen Einfluss auf das CRP hat, weil die Verum-Gruppe systematisch andere Steigungen hat als die Placebo-Gruppe.
Ob die Steigungen der Placebo-Gruppe sich um 0 tummeln und ob die Verum-Steigungen überwiegend negativ sind, das zeigst Du dann in einer schönen Grafik.

LG,
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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon microbiomepsychologist » Fr 4. Sep 2020, 08:53

Danke PonderStibbons für die Inputs. Ja doch, ich habe eigentlich eine Hypothese für die Gruppenunterschiede:
Dass sich das CRP über den Verlauf (also über die 3 Messzeitpunkte) verändert und zwar je nach Gruppe unterschiedlich.
Die Hypothese lautet, dass das CRP in der Verumgruppe über die 3 Zeitpunkte sinkt, während es in der Placebogruppe nicht sinkt. Und sich somit die beiden Gruppen unterscheiden.
Grundsätzlich habe ich ja unabhängige Stichproben, da die Gruppen unabhängig sind. Im Rahmen der Messwiederholung (also within) habe ich aber Abhängigkeit. Ich würde daher eine mehrfaktorielle Varianzanalyse rechnen, da aber meine Daten den Voraussetzungen nicht entsprechen, geht das nicht. Meine Frage ist, ob es eine non-parametrische Angehensweise dafür gibt.

Danke auch bele für den Vorschlag. Das wäre natürlich eine Möglichkeit, dies zu analysieren und evtl. ist dies auch der optimale Weg für die Daten. Wir hatten auch überlegt, die Change Scores dafür zu nehmen, aber Dein Vorschlag hilft besser, den Verlauf darzustellen.

Danke nochmal an beide!! :)
microbiomepsychologist
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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 4. Sep 2020, 09:14

Hypothese für die Gruppenunterschiede:
Dass sich das CRP über den Verlauf (also über die 3 Messzeitpunkte) verändert und zwar je nach Gruppe unterschiedlich.

Das ergibt wahrscheinlich mehr Sinn als 2 getrennte Hypothesen.
Die Hypothese lautet, dass das CRP in der Verumgruppe über die 3 Zeitpunkte sinkt, während es in der Placebogruppe nicht sinkt.

Das ist wieder eine andere Annahme als oben dargestellt, aber nicht weiter tragisch,
mit der ersten Formulierung kann man arbeiten.
Ich würde daher eine mehrfaktorielle Varianzanalyse rechnen, da aber meine Daten den Voraussetzungen nicht entsprechen, geht das nicht.

Da Deine Gesamtgruppe n > 30 ist, kannst Du auch ohne Normalverteilung der Residuen
eine Varianzanalyse durchführen (zentraler Grenzwertsatz). Das mit den Ausreißern ist
schon eher bedenklich. Werden CRP-Werte bei statistischen Analysen routinemäßig
logarithmiert? Als biologische Parameter sind sie vermutlich deutlich rechtsschief.
Eine Log-Transformation könnte den Effekt von Ausreißern verringern.

"Nonparametrische" Verfahren für mehrfaktorielle Versuchspläne analog zur Varianzanalyse
gibt es nicht.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon bele » Fr 4. Sep 2020, 09:25

microbiomepsychologist hat geschrieben:Ich würde daher eine mehrfaktorielle Varianzanalyse rechnen, da aber meine Daten den Voraussetzungen nicht entsprechen, geht das nicht.


PonderStibbons hat geschrieben:"Nonparametrische" Verfahren für mehrfaktorielle Versuchspläne analog zur Varianzanalyse gibt es nicht.


Es gibt zwischen den beiden Extremen nonparametrisch und ordinary least squares allerdings noch "ausreißerrobuste lineare Regression". Das könnte ein Mittelweg sein, kommt ein wenig darauf an, ob man angemessen anfängerfreundliche Software findet, die das anbietet.

LG,
Bernhard
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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 4. Sep 2020, 09:49

Ja, robuste Verfahren könnte man überlegen, aber gibt es das für den Messwiederholungsfall?
Als parametrisches Verfahren für messwiederholte Rangdaten kommt auch GEE in Betracht.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon bele » Fr 4. Sep 2020, 10:52

Hallo PonderStibbons,

ich habe da keinerlei persönliche Erfahrung. Die R Leute unterhalten für einige wichtige Aufgaben eine Art Zusatzpaket-Empfehlungsliste, sog. "CRAN Task Views". Wenn man sich den Task View zu robusten Methoden anschaut bekommt man den Eindruck, dass das Auffinden der passenden Methode das größere Problem als deren Verfügbarkeit sein kann: https://cran.r-project.org/web/views/Robust.html

Ich hätte jetzt gedacht, dass man eine beliebige Methode für robuste lineare Regression nimmt und ein fixed effects-Model mit Gruppenzugehörigkeit und Messpunkt nimmt, aber man findet durchaus auch Methoden, die als Repeated-Measures-ANOVA deklariert sind. Das Paket WRS2 ist mir wiederholt im Forum untergekommen und Kapitel 6 dieses PDF geht auf "an implementation of a robust heteroscedastic repeated measurement ANOVA based on the trimmed means" ein: https://cran.r-project.org/web/packages ... s/WRS2.pdf Kapitel 7 für Robste ANCOVA.
Wahrscheinlich würde ich in diesem Dokument (und anhand des Task Views) beginnen, mich einzulesen, wenn das meine Aufgabe wäre. Ob das im Rahmen dessen ist, was man microbiomepsychologist im Rahmen dieser Arbeit zumuten kann, weiß ich natürlich nicht.

Viele Grüße,
Bernhard
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Re: Wahl des stat. Tests?

Beitragvon microbiomepsychologist » Mo 14. Sep 2020, 10:47

Hallo PonderStibbons und bele
Ich habe es nun mit der Log. probiert und das sieht eigentlich ganz gut aus. Die Meisten (nicht ganz alle) sind dann auch normalverteilt und den Ausreissereffekt minimiert.
Ich lese mich nun in robustere Verfahren ein, um da mehr Kenntnis zu bekommen und evtl. auch ein solches Verfahren anzuwenden.
Ganz lieben Dank für die Inputs und herzliche Grüsse
J
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