Hi Jörg,
wenn ein Faktormodell nicht fittet, dann ist der Grund dafür, dass die Anzahl der latenten Variablen zu gering ist. Es sind also mehr als 5 Faktoren.
Es kann natürlich auch sowas wie Messfehlerkorrelationen geben, wenn z.B. zwei oder mehr items einen gleichen Begriff beinhalten. Aber diese zuzulassen,
ist sehr heikel, weil du damit quasi Ventile öffnest, die das Modell zwar "fitter" machen, aber die Misspezifikation erhöhen/beibehalten.
Wende ich hierauf sehr liberale Maße an, dann könnte ich eventuell noch von einem vertretbaren Fit ausgehen...
Diese liberalen Maße sind leider Ausreden um misspezifizierte Modelle gegen die bestehende Evidenz zu verteidigen. Das ist wissenschaftlich schädlich, weil
Wissenschaft von der Falsifikation falscher Auffassungen lebt.
Neuere Lehrbücher (Shipley, Mulaik, Kline) heben entgegen früherer Aufassungen wieder die Bedeutung des Chi-Quadrat-Tests hervor:
Shipley, B. (2000). Cause and correlation in Biology: A user's guide to path analysis, structural equations and causal inference. Cambridge UK: Cambridge University Press.
Kline, R. B. (2011). Principles and practice of structural equation modeling (Third ed.). New York, London: The Guilford Press.
Mulaik, S. A. (2009). Linear Causal Modeling with Structural Equations. Boca Raton: Chapman & Hall.
Siehe auch das Themenheft zur Modellevaluation in Personality and Individual Differences (2007), 42 (5)
Leider ist das Ganze meine AV, ohne die die ganze Studie nicht funktioniert. Ich benötige also eine verwertbare Lösung für sie!?
Irgendeine Lösung wird sich einstellen, wenn du Zeit investierst. Natürlich führt ein post-hoc-Verändern des Modell zu einer Aufweichung des Tests, wodurch das Zielmodell daher eher den Status einer neuen Hypothese bekommt. Das solltest du kritisch diskutieren.
Für die Modifikation ist es essentiell, dass du verstehst, was ein Faktormodell überhaupt für strenge Annahmen macht: Es sagt, dass die
a) Kovarianzen der items, die den Faktor messen sollen, durch diesen einen Faktor erzeugt/erklärt werden UND
b) Kovarianzen zwischen jedem dieser Items und anderen Variablen (latent oder selbst Indikatoren) über diesen Faktor erklärt werden und die geschätzen Parameter (Ladung * Kovarianz der Faktoren * Ladung) diese Kovarianz der items vollständig erklären können.
Oft setzen Leute den Begriff "Faktor" mit dem Begriff "Konstrukt" gleich - was die Grundlage allen Übels ist. Die Indikatoren eines Faktors sind aber keine "Teile" eines Ganzen (domain sampling model), oder Aspekte etc., sie sind Folgen einer gemeinsamen Ursache. Analog ist der Faktor EINE Dimension, dessen einziger Informationsgehalt das AUSMAß ist. Der Faktor hat ebenfalls keine Breite, Bereiche, Facetten, Aspekte.
Check Deine items diesbzgl. mal. So bald die item - Formulierungen ein kritisches Ausmaß an Unterschiedlichkeit annehmen, steigt die Wahrscheinlichkeit enorm, dass verschiedene Dinge gemessen wurden. Leute, die Fragebögen ausfüllen, suchen oft (auch wenn sie "optimizen" und schnell über die Fragen fliegen), den Detailgrad in den Items, der auf eine Diskriminanz der items hinweist (weil Leute annehmen, dass sie üblicherweise nicht die selben Fragen mehrmals gestellt bekommen). Das führt zur Faktor-Diversität.
Und darauf weist der misfit hin
Die Tradition der Skalenentwicklung mit den "item-Batterien" hat die REALITÄT einfach ignoriert.
Grüße
Holger