statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon fenja_psych » So 17. Jan 2021, 13:13

Hallo :)

Im Zuge meiner Planung der Masterarbeit beschäftige ich mich mit strategischem Denken (UV 1), der sozialen Wertorientierung (UV 2) und wie das im Zusammenhang mit der Beachtung der Corona Richtlinien (AV) steht.
Das strategische Denken wird in die 4 Unterkategorien: egocentric, impact, dependency und altercentric geteilt und beschreibt im Groben einen mentalen Prozess, wobei Individuen durchdenken, inwieweit deren eigene oder die Handlung von anderen, die eigene oder die Konsequenzen/outcomes der anderen beeinflusst.
In der explorativen Ankerstudie, auf die ich mich beziehe, kam heraus, dass die impact orientation mit der Beachtung der Corona Richtlinien am stärksten zusammenhängt (Je eher Leute daran glauben, dass ihre Handlungen Auswirkungen auf die Handlungen anderer hat, desto eher halten sie sich an die Corona-Abstandsregelungen).
Erfasst wurde das durch einen Fragebogen innerhalb der Studie von Nir Halevy, 2020, welcher Likert Skalen zum abfragen der strategischen Orientierung verwendet.
Die AV wurde mit einer Frage zur Beachtung der Regulationen und Beschränkungen erfasst, wobei ebenfalls durch die Likert Skala 7 Zustimmungsmöglichkeiten gegeben waren.
Diesen Zusammenhang möchte ich mit der ersten Hypothese:" Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Neigung des strategischen Denkens einer Person und der Beachtung der Corona-Richtlinien" testen. (Korrelation)

Weiter habe ich mich mit dem Konstrukt der sozialen Wertorientierung befasst, um ein weiteres Konstrukt in die Forschung mit aufzunehmen, welches dabei helfen kann das Entscheidungsverhalten in Zeiten der Pandemie zu verstehen. Diese ist ebenfalls in 4 Orientierungen aufgespalten: individualistic, prosocial, competitive und altruistic. Hierbei geht es im Wesentlichen darum, wie ein Entscheider gemeinsame outcomes/Auszahlungen bewertet. individualistic: maximieren der eigenen Auszahlung
prosocial: reziprok/kooperativ: maximieren der gemeinsamen Auszahlungen und minimieren des Unterschieds zwischen den Auszahlungen
competitive: maximieren des positiven Unterschieds zwischen sich & anderen Person
altruistic: maximieren der Auszahlungen der anderen
Hierzu würde ich auch mittels einer Korrelation den Zusammenhang zwischen der sozialen Wertorientierung und der Beachtung der Corona Richtlinien messen wollen, da Forschungen dazu annehmen, dass die soziale Wertorientierung sich auf die Wahrnehmung und Anwendung von Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19 auswirken kann.
Die soziale Wertorientierung würde ich mit der Skala von Murphy et al. aus dem Jahr 2011 erfassen. Diese besteht aus 6 Items, bei welchen man Geld zwischen sich selbst und einer anderen Person aufteilen muss, wobei immer ein anderer Referenzpunkt angegeben ist.

Und jetzt zu dem eigentlichen Problem, vor dem ich stehe:
Ich würde mit einer dritten Hypothese gerne der Frage nachgehen, welches Konstrukt besser voraussagen kann, ob sich die Leute an die Pandemiemaßnahmen halten. Das heißt ich würde gerne die beiden Konstrukte im Bezug auf die AV miteinander vergleichen. Ich bin mir hierbei unsicher mit welchem statistischen Verfahren das funktionieren könnte, da entweder die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, weil die Skalenniveaus verschieden sind oder weil die Tests nicht das testen, was ich gerne herausbekommen würde.

Zusammenfassung:
AV: Verhaltensintention (Beachtung der Corona Richtlinien)
--> Frage durch Likert Skala
UV1: Neigung des strategischen Denkens (egocentric, impact, dependency, altercentric)
-->strategic thinking scale, Nir Halevy, 2020 (12 Items durch Likert Skala)
UV2: social value orientation (individualistics, competitives, prosocials, altruistics)
--> SVO slider measure, Murphy et al., 2011


Ich würde mich freuen, wenn mir dazu jemand helfen kann.
Bei weitere Fragen, kann ich natürlich auch noch detaillierter werden.

Vielen Dank schon einmal!
fenja_psych
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Re: statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon PonderStibbons » So 17. Jan 2021, 13:49

Erfasst wurde das durch einen Fragebogen innerhalb der Studie von Nir Halevy, 2020, welcher Likert Skalen zum abfragen der strategischen Orientierung verwendet.
Die AV wurde mit einer Frage zur Beachtung der Regulationen und Beschränkungen erfasst, wobei ebenfalls durch die Likert Skala 7 Zustimmungsmöglichkeiten gegeben waren.

Nur zum Verständnis, geht es tatsächlich um Likert-Skalen, also Messinstrumente,
die aus mehreren Items vom Likert-Typ bestehen, deren scores addiert werden? Oder
lediglich um einzelne 7stufige Rating-Items?

Ich würde mit einer dritten Hypothese gerne der Frage nachgehen, welches Konstrukt besser voraussagen kann, ob sich die Leute an die Pandemiemaßnahmen halten.

Bringt Dir das theoretisch oder praktisch was? Ich würde für jede der beiden ersten Fragen eine
lineare Regression rechnen (selbst wenn es nur 7er-Items als Variablen sein sollten), da kann
man dann zusätzlich "Kontrollvariablen" hineinnehmen, um das Risiko von Scheinkorrelationen
zu verringern. Ein weiteres Modell könnte dann die beiden Variablen und deren Wechselwirkung
(sowie Kontrollvariablen) aufnehmen, um zu sehen, ob Effekte sich eventuell multiplizieren.
Wofür wäre es gut, eine Aussage zu gewinnen, dass A inferenzstatistisch signifikant höher mit
Y korreliert als B, wenn in der Realität beide zugleich auftreten und man das numerische und
schon gar nicht das praktische Ausmaß der größeren Wirksamkeit auch gar nicht ermitteln kann?

Aber davon ab, wenn Du 2 (Schein?-)Korrelationen A->Y und B->Y aus derselben Stichprobe vergleichen
möchtest, kannst Du Dir einmal diesen online-calculator
ansehen.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon fenja_psych » So 17. Jan 2021, 14:48

Danke für die schnelle Antwort!

Die AV wird mit der Frage erfasst: "Wie wahrscheinlich wirst du den Regulationen und Beschränkungen in vollem Umfang in den nächsten 7 Tagen folgen" mit den Ankreuzmöglichkeiten von 'extrem unwahrscheinlich' bis 'extrem wahrscheinlich' (7 Stufen)
(Als Kontrollvariable wurde in der Studie ebenfalls erfasst, wie umfangreich die Beschränkungen in den vergangenen 7 Tagen in vollem Umfang befolgt wurden (5-stufige Ankreuzmöglichkeit)
Meine Unsicherheit bezüglich der Skalenniveaus haben vermutlich dazu geführt, dass ich dachte lineare Regressionen seien hier nicht möglich.

Danke für die Anmerkung zur Sinnhaftigkeit der letzten Hypothese! Ich glaube, da war der Wille zu groß, etwas Neues in die Forschung mit aufzunehmen
und die Tatsache, dass ich davon in der Praxis nicht viel haben werde, ist in den Hintergrund gerückt.
Da sollte ich mir vermutlich nochmal über einen anderen Ansatz Gedanken machen einen Mehrwert durch die Untersuchung zu generieren.

Liebe Grüße :)
fenja_psych
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Re: statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon PonderStibbons » So 17. Jan 2021, 15:00

Die AV wird mit der Frage erfasst: "Wie wahrscheinlich wirst du den Regulationen und Beschränkungen in vollem Umfang in den nächsten 7 Tagen folgen" mit den Ankreuzmöglichkeiten von 'extrem unwahrscheinlich' bis 'extrem wahrscheinlich' (7 Stufen)

Ich finde es schade, dass in vielen Studien die Variablen so schlecht erfasst werden. 1 einzelnes Item
hat so viel Messfehler, dass man schon eine ordentliche Stichprobengröße und/oder sehr große
Effekte braucht, um etwas herauszufinden. Aber ok, kann man jetzt nicht mehr ändern.

(Als Kontrollvariable wurde in der Studie ebenfalls erfasst, wie umfangreich die Beschränkungen in den vergangenen 7 Tagen in vollem Umfang befolgt wurden (5-stufige Ankreuzmöglichkeit)

Vermutlich brauchst Du auch noch mehr, wie Bildungsgrad, Alter (!) u.a.. Je nachdem, was zur
Verfügung steht.
Meine Unsicherheit bezüglich der Skalenniveaus haben vermutlich dazu geführt, dass ich dachte lineare Regressionen seien hier nicht möglich.

Die Bedenken sind berechtigt, aber wenn Du eine Pearson-Korrelation damit rechnest, kannst Du auch eine
lineare Regression rechnen.
Danke für die Anmerkung zur Sinnhaftigkeit der letzten Hypothese! Ich glaube, da war der Wille zu groß, etwas Neues in die Forschung mit aufzunehmen
und die Tatsache, dass ich davon in der Praxis nicht viel haben werde, ist in den Hintergrund gerückt.
Da sollte ich mir vermutlich nochmal über einen anderen Ansatz Gedanken machen einen Mehrwert durch die Untersuchung zu generieren.

Wenn Du Kontrollvariablen und eine Wechselwirkung einbeziehst, könnte das schon interessant werden.
Vielleicht.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon fenja_psych » So 17. Jan 2021, 15:27

Das stimmt wohl... vor allem weil die soziale Erwünschtheit in solch einer Frage noch stark mit hineinspielen wird.

Ich würde meinen Fragebogen aktuell so aufbauen wollen:

1. soziodemographische Daten: Geschlecht, Alter, Beruf, Covid-19 bezogene Fragen:
- Sind Sie derzeit an COVID-19 erkrankt?
- Waren Sie persönlich an COVID-19 erkrankt?
- Kennen Sie jemanden persönlich, der derzeit an COVID-19 erkrankt ist?
- Kennen Sie jemanden persönlich, der aufgrund von COVID-19 verstorben ist?
- Kennen Sie jemanden persönlich, der von COVID-19 genesen ist?

2. Erfahrungen mit Bedrohungen durch die Verbreitung des Corona Virus (Kontrollvariable)

3. Erfahrungen mit Hoffnung durch die Verbreitung des Corona Virus (Kontrollvariable)

4. Frageblock zu strategischem Denken (UV1)

5. SVO- slider measure (soziale Wertorientierung: UV 2)

6. Verhaltensintention der Beachtung der Corona-Richtlinien (AV)
--> Beachtung in den letzten 7 Tagen (Kontrollvariable)
--> Prozentzahl der Beachtung der Regeln im Bekanntenkreis (Kontrollvariable)

Du meinst wenn eine Wechselwirkung zwischen den UVs besteht, also bspw. der impact orientation des strategischen Denkens und der prosozialen Wertorientierung der SVO im Bezug zur Einhaltung der Richtlinien?

Oder meinst du eine andere Art von Wechselwirkung, die interessant sein könnte?

Liebe Grüße :)
fenja_psych
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Re: statistisches Verfahren für Konstruktvergleiche gesucht

Beitragvon PonderStibbons » So 17. Jan 2021, 17:35

Das stimmt wohl... vor allem weil die soziale Erwünschtheit in solch einer Frage noch stark mit hineinspielen wird.
Ich würde meinen Fragebogen aktuell so aufbauen wollen:

Hatte ich übersehen, es ist noch das Planungsstadium. Da würde ich nochmal schauen,
ob es für "Akzeptanz von [Corona-]Richtlinien" vielleicht etwas bessere Messungen gibt
als lediglich ein einzelnes Item.

Du meinst wenn eine Wechselwirkung zwischen den UVs besteht, also bspw. der impact orientation des strategischen Denkens und der prosozialen Wertorientierung der SVO im Bezug zur Einhaltung der Richtlinien?

Wenn beides in bisherigen Studien einen Effekt hatte, der sich hier nochmals bestätigt, dann
könnte man ja fragen, wie die beiden zusammenwirken. Aber war nur so eine Idee, ich bin in
dem Thema nicht drin.

Mit freundlichen Grüßen

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