Skalen aus mehreren Items bilden

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon HeiHo » Di 19. Okt 2021, 14:13

Hallo,

kann ich zur Analyse meiner Daten einfach eine Skala bilden, indem ich die Mittelwerte der Items verwende, obwohl die offizielle "Testauswertung" der verwendeten Items was anders vorschlägt? Also wie verbindlich sind diese Angaben, wenn es heißt, Item 1-5 sollen dichotomisiert werden bzw. in der und der Weise zu einer Skala zusammengefasst werden?

Danke für die Hilfe!
HeiHo
Beobachter
Beobachter
 
Beiträge: 16
Registriert: Di 19. Okt 2021, 14:08
Danke gegeben: 5
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon PonderStibbons » Di 19. Okt 2021, 14:54

Angaben zu Reliabilität und Validität und Normierung beruhen auf der vorgesehenen Auswertung,
auch Vergleiche zwischen Studien werden dadurch leichter möglich. Aus welchem Grund und zu
welchem Zweck möchtest Du es ändern?

Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons
PonderStibbons
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 11372
Registriert: Sa 4. Jun 2011, 15:04
Wohnort: Ruhrgebiet
Danke gegeben: 51
Danke bekommen: 2504 mal in 2488 Posts

Re: Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon HeiHo » Mi 20. Okt 2021, 10:53

Also ich nutze für meine MA die General Ecological Behavior Scale (GEB) von Kaiser (1998), und in seiner Testanweisung sagt er, man soll Items, die mittels Likert-Skala gemessen wurde (nie, selten, gelegentlich, oft, sehr oft), dichotomisieren. Nie + selten + oft = nicht umweltschützendes Verhalten (0) und oft + sehr oft = umweltschützendes Verhalten (1).
Mein Gedanke war, dass dabei ja eine Menge Informationen verloren gehen. Meine Fragestellung beinhaltet die Veränderung von umweltschützendem Verhalten, und wenn ich nur mit zwei Antwortkategorien rechnen kann, gehen ja eine Menge Nuancen verloren, oder?
Zumal ich nicht ganz verstehe, wie ich aus diesen beiden Antwortkategorien einen Mittelwert bilden kann. Bei ordinalskalierten Variablen geht man doch von gleichen Abständen zwischen den Antwortkategorien aus, das ist hier doch nicht wirklich gegeben.
Hab ich das halbwegs verständlich ausgedrückt?
HeiHo
Beobachter
Beobachter
 
Beiträge: 16
Registriert: Di 19. Okt 2021, 14:08
Danke gegeben: 5
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon PonderStibbons » Mi 20. Okt 2021, 13:00

Also ich nutze für meine MA die General Ecological Behavior Scale (GEB) von Kaiser (1998), und in seiner Testanweisung sagt er, man soll Items, die mittels Likert-Skala gemessen wurde (nie, selten, gelegentlich, oft, sehr oft), dichotomisieren.

Sagt er das tatsächlich so? nie, selten, gelegentlich, oft, sehr oft ist keine Likert-Skala,
sondern schlicht das Antwortformat der Items. Likert-Skala hingegen ist die Bezeichnung eines
Messinstruments, das aus mehreren Items vom Likert-Typ besteht, die summiert werden.
Mein Gedanke war, dass dabei ja eine Menge Informationen verloren gehen. Meine Fragestellung beinhaltet die Veränderung von umweltschützendem Verhalten, und wenn ich nur mit zwei Antwortkategorien rechnen kann, gehen ja eine Menge Nuancen verloren, oder?

Was dagegen sprechen könnte, an der Auswertung etwas zu ändern, habe ich skizziert.

Wenn Du die Veränderung auf Ebene der einzelnen Items messen willst, dann ist die ordinale
Antwortskala normalerweise dafür geeigneter als eine binäre Skala, allerdings haben sie nicht
ohne Grund die Dichotomisierung eingeführt, siehe
https://www.pubpsych.de/retrieval/90044 ... tation.pdf
Seite 8:
"Weil sich in den frühen Untersuchungen zeigte, dass Personen die vorgegebenen
Häufigkeitsantworten nicht in ähnlicher Art und Weise nutzen, entschieden wir uns,
Häufigkeitsantworten zu dichotomisieren (siehe Kaiser & Wilson, 2000). Eine solche Reduktion
der Antwortoptionen mittels Dichotomisierung zur Messfehlervermeidung verfügt in der
Einstellungsforschung über eine lange Tradition (siehe Matell & Jacoby, 1971; Peabody, 1962).
Es gilt zu beachten, dass die Reduktion der Antwortoptionen (um die Antworten
vergleichbarer und verlässlicher zu machen) vor der Messinstrumentkalibrierung
unterschieden werden muss von der methodisch inakzeptablen Praxis, Messwerte (nach der
Kalibrierung) zu dichotomisieren, z. B. mittels Halbierung am Median oder am Mittelwert
(siehe DeCoster, Iselin & Gallucci, 2009; MacCallum, Zhang, Preacher & Rucker, 2002)."

Zumal ich nicht ganz verstehe, wie ich aus diesen beiden Antwortkategorien einen Mittelwert bilden kann. Bei ordinalskalierten Variablen geht man doch von gleichen Abständen zwischen den Antwortkategorien aus, das ist hier doch nicht wirklich gegeben.

Bei ordinalskalierten Variabllen geht man eben gerade nicht von gleichen Abständen aus.
Die Annahme einer Gleichabständigkeit muss man eigens begründen (was allerdings häufig nur
wenig gründlich erfolgt). Was Du mit Mittelwertbilden genau hier meinst, dessen bin ich mir
leider nicht sicher.

Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons
PonderStibbons
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 11372
Registriert: Sa 4. Jun 2011, 15:04
Wohnort: Ruhrgebiet
Danke gegeben: 51
Danke bekommen: 2504 mal in 2488 Posts

folgende User möchten sich bei PonderStibbons bedanken:
HeiHo

Re: Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon HeiHo » Mi 20. Okt 2021, 13:15

Oh man, danke für deine ausführliche Antwort! Jetzt wird mir Einiges klarer.

Die Verwendung des Begriffes Likert-Skala war mein Fehler. Den Begriff hatte ich schlichtweg nicht verstanden. Danke für die Erklärung.

Den Mittelwert hatte ich erwähnt, da man, soweit ich das richtig verstehe, nach der Dichotomisierung der Items für jede VP einen Wert für diese Skala berechnet, indem man einen Mittelwert bildet. Oder man berechnet einen Summenscore, aber ein MW ist doch inhaltlich etwas besser interpretierbar. Aber dann verstehe ich nicht, weshalb ich das mit ordinalen Daten machen kann. Wahrscheinlich hab ich da einen Denkfehler drin, oder?
HeiHo
Beobachter
Beobachter
 
Beiträge: 16
Registriert: Di 19. Okt 2021, 14:08
Danke gegeben: 5
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Skalen aus mehreren Items bilden

Beitragvon PonderStibbons » Mi 20. Okt 2021, 13:45

Den Mittelwert hatte ich erwähnt, da man, soweit ich das richtig verstehe, nach der Dichotomisierung der Items für jede VP einen Wert für diese Skala berechnet, indem man einen Mittelwert bildet. Oder man berechnet einen Summenscore, aber ein MW ist doch inhaltlich etwas besser interpretierbar.

Wenn jemand 5 dichotome Items beantwortet mit 1 0 0 1 1, dann ist der Mittelwert 0,6 und die Summe 3.
Das ist zu 100% äquivalent (weil der Score jedes Probanden im Beispiel durch eine Konstante dividiert wird,
hier durch 5). Man kann also wahlweise beides benutzen (solange man die Problematik von fehlenden
Antworten beachtet).

Aber dann verstehe ich nicht, weshalb ich das mit ordinalen Daten machen kann. Wahrscheinlich hab ich da einen Denkfehler drin, oder?

Nein, das ist ein altes Problem. Genau genommen darf man ordiale Items nicht summmieren (oder den
Mittelwert bilden, was wie gesagt äquivalent ist), aber wenn die Item-Antwortskala als einigermaßen
gleichabständig betrachtet werden kann, macht man es häufig trotzdem. Adäquat wäre eigentlich der
Median, aber dann ist der Score der Gesamtskala auch ordinal und man kann all die hübschen Sachen
nicht durchführen, die Intervallniveau erfordern.

Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons
PonderStibbons
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 11372
Registriert: Sa 4. Jun 2011, 15:04
Wohnort: Ruhrgebiet
Danke gegeben: 51
Danke bekommen: 2504 mal in 2488 Posts

folgende User möchten sich bei PonderStibbons bedanken:
HeiHo


Zurück zu Allgemeine Fragen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste

cron