Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

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Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

Beitragvon Steffge » Sa 2. Jul 2022, 06:52

Hallo miteinander,

ich habe hier bisher nur mitgelesen und konnte mir bereits sehr viele Informationen zusammensuchen. Vielen Dank für die tollen Beiträge! Mein Wissen um Statistik ist sehr begrenzt und ich bräuchte Hilfe bei der Deutung des Bestimmtheitsmaßes meiner Regressionsanalyse.
In der Analyse betrachte ich eine abhängige Variable und zwei unabhängige Variablen. Es soll geklärt werden, ob der Preis für eine Bitcointransaktion (AV) durch den Bitcoinpreis (UV) oder die Auslastung des Netzwerkes (UV) erklärt werden kann. Der Umfang der Beobachtungen beträgt n= 230. Das Ergebnis ergibt, dass sich der Bitcoinpreis nicht signifikant auf die Transaktionskosten auswirkt. Die Auslastung wirkt sich signifikant auf die Transaktionskosten aus. Was mich allerdings etwas überrascht ist das adjustierte Bestimmtheitsmaß von 5%.
Warum überrascht mich das ganze: Die Formel zur Berechnung der Transaktionskosten besitzt als Komponenten den Bitcoinpreis und die Auslastung des Netzwerkes. Dementsprechend habe ich mit einer deutlich höheren Bedeutung dieser Werte gerechnet.
Meine Frage ist nun, kann ich trotz der "nur" 5% von einer Korrelation zwischen Bitcoinpreis und Auslastung des Netzwerkes sprechen? Also die Antwort sollte natürlich ja sein, nur sagen diese 5% nicht aus, dass der Wert der Analyse eher sehr sehr gering ist?

Ich freue mich sehr über eure Antwort,
liebe Grüße Steffen
Steffge
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Re: Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

Beitragvon bele » Sa 2. Jul 2022, 12:43

Hallo Steffen,

vorneweg, ich habe keine Ahnung, wie Transaktionskosten bei Bitcoin entstehen. Dennoch drei Dinge dazu.
1. Das adjustierte Bestimmtheitsmaß ist eine künstliche Rechenregel. Wenn Du angeben willst, wieviel Varianz aufgeklärt wird, dann ist das Bestimmtheitsmaß dafür da, ohne Adjustierung.
2. Du bewegst Dich in einem linearen Modell, d. h. in einem linearen Modell werden nur 5% der Varianz der Transaktionskosten aufgeklärt. Wenn der Zusammenhang kurvilinear oder irgendwie ganz anders nicht-linear ist, dann kann das lineare Modell auch nicht die ganze Varianzaufklärung erreichen. Ich weiß nicht, wieviele Prädiktoren Du in Deinem Modell hast, aber 230 Beobachtungen sind nicht ganz wenig. Da könnte man auch mal über ein nicht-lineares Modell nachdenken, beispielsweise ein GAM oder einen random forest, je nachdem worum es bei der Analyse genau geht.
3. Was "viel" oder "wenig" ist, hängt immer vom Kontext und der individuellen Einschätzung ab. Wenn eine Notenbank Zinsanpassungen macht, dann in der Regel in Schritten von Viertelprozent und wenn es mal ein halbes Prozent ist, wird gleich von "zwei Schritten" gesprochen und derzeit bangt die ganze Welt, ob die Federal Reserve nächstes mal wohl 0,5 oder 0,75% erhöht weil man Angst hat, dass das relevanten Einfluss auf das Risiko einer Rezession hat. In so einem Kontext wären 5% nicht wenig, sondern eine gesicherte Weltwirtschaftskrise. Insofern ist es eine Abweichung zu Deiner Erwartungshaltung, um einen "Wert der Analyse" zu beurteilen braucht es viel mehr Kontext als wir haben.

LG,
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Re: Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

Beitragvon Steffge » Sa 2. Jul 2022, 13:45

Hallo Bernhard,

danke für deine schnelle und ausführliche Antwort.

Zu 2.) In meinem Modell sind "nur" zwei Variablen und eine Konstante vertreten. Das sind die Prädikatoren oder?

Zu 3.) Ich habe im Vorfeld an die Analyse sehr lange recherchiert, welche Variablen in Betracht kommen. Wenn das Ergebnis meiner Recherche für mich eindeutig aufgezeigt hat, dass diese Variablen die einzigen definierbaren für eine Analyse sind, können 5% auch ein Erfolg darstellen? Ich habe damit ja zumindest bewiesen, dass eine signifikante Korrelation besteht. Diese allerdings nur für das Bestimmtheitsmaß von 5%. Ich denke leider nicht wie ein Mathematiker, ich hoffe du verstehst was ich meine.

Nochmals vielen Dank!
Steffge
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Re: Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

Beitragvon bele » Sa 2. Jul 2022, 16:17

Hallo Steffge,

Steffge hat geschrieben:Zu 2.) In meinem Modell sind "nur" zwei Variablen und eine Konstante vertreten. Das sind die Prädikatoren oder?

Ja, das sind sie.

Zu 3.) Ich habe im Vorfeld an die Analyse sehr lange recherchiert, welche Variablen in Betracht kommen. Wenn das Ergebnis meiner Recherche für mich eindeutig aufgezeigt hat, dass diese Variablen die einzigen definierbaren für eine Analyse sind, können 5% auch ein Erfolg darstellen?


Das kommt auf das Ziel Deiner Analyse an. Wenn Du einfach nur beweisen wolltest, dass ein solcher Zusammenhang existiert, dann ist Dir das gelungen. Wenn Du eine präzise Vorhersage machen willst, wird Dir das nur schlecht gelingen. Robert Koch ist berühmt dafür geworden, dass er der Welt bewiesen hat, dass es einen Zusammenhang zwischen Bakterien und Krankheiten gibt. Eine solche qualitative Beweisführung hat ihn berühmt gemacht. Seine Versuche, ein Heilmittel gegen Tuberkulose zu finden sind gescheitert. Für praktische Zwecke war die Effektstärke seines Medikaments nicht stark genug, um wirklich was zu reißen. Es kommt also auf die Zielstellung an.

Ich denke leider nicht wie ein Mathematiker, ich hoffe du verstehst was ich meine.


Kenne ich bestens - ich nämlich auch nicht.

LG,
Bernhard
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Re: Aussagekraft Multiple Lineare Regressionsanalyse

Beitragvon Steffge » Sa 2. Jul 2022, 18:16

So herrlich trockener Humor, ich liebe es. Danke nochmals.
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