Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelation

Bivariate Korrelation, partielle Korrelation und Rangkorrelation.

Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelation

Beitragvon Alicia_2308 » Mi 26. Apr 2023, 12:25

Hallo zusammen :) ich sitze aktuell an meiner Masterarbeit in der ich mir im Rahmen einer korrelativen Meta-Analyse den Zusammenhang zwischen Depression und positivem Affekt (PA) genauer anschaue und daraus mögliche Implikationen für die Umsetzung in der Therapie ableite.

Mein Betreuer hat in diesem Kontext noch die Frage in den Raum geworfen, dass ich mir anschauen soll, ob Depression und PA als EINE Dimension mit zwei bipolaren Polen zu verstehen ist, oder aber als ZWEI unabhängige Dimensionen... Dabei sagte er als Beispiel, dass wenn die Korrelation hoch ausfallen würde, beispielsweise .70, dann würde es dafür sprechen, dass die Konstrukte eine hohe gemeinsame Varianz aufweisen und eher als EINE Dimension mit zwei gegensätzlichen Polen zu verstehen ist. Meine darauf aufbauende inhaltliche Interpretation folgt:

Hohe Korrelation zwischen Depression und PA --> hoher gemeinsamer Varianzanteil --> spricht für bipolare Pole EINER Dimension --> eine Verbesserung (= Reduktion der Symptome) der Depression geht einher mit einer Steigerung von PA

Niedrige Korrelation zwischen Depression und PA --> geringer gemeinsamer Varianzanteil --> spricht für ZWEI individuelle Dimensionen --> wichtig, Interventionen bezüglich PA explizit in Therapie einzubinden, da es sonst keine Berücksichtigung findet (aber irgendwie auch widersprüchlich, weil keine Korrelation bedeutet ja auch gleichzeitig, dass die Konstrukte nicht zusammenhängen und damit auch nicht voneinander beeinflusst werden können??)

Irgendwie habe ich bezüglich der Interpretation einen Knoten im Kopf und weiß nicht so recht, ob ich da auf dem richtigen Weg bin... vor allem bezüglich der angezweifelten letzten Frage...

Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen - das wäre super hilfreich.
Lieben Dank im Voraus,
Alicia
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Re: Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelat

Beitragvon bele » Mi 26. Apr 2023, 13:22

Hallo Alicia,

wenn beide das gleiche sind, aus unterschiedlichen Richtung betrachtet, dann ist alles einfach. Wenn es verschiedene Dinge sind, dann heißt das nicht, dass sie nicht miteinander Zusammenhängen. Einkommen und Besitz sind zwei sehr verschiedene Dinge, obwohl sie eng miteinander zusammenhängen. Alter und Medikamenteneinnahme, Regen und Bewölkung, viele weitere Beispiele.

Es gibt Raum zwischen hohe Korrelation und keine Korrelation. (Und Korrelation ist noch keine Ursachen-Aussage.)

Such mal nach LOT und LOT-R: das ist ein Fragebogen, der ursprünglich Optimismus als Gegenteil von Pessimismus gemessen hat und der dann von anderen nachanalysiert wurde, die zu dem Schluss gekommen sind, dass Optimismus und Pessimismus in diesem Bogen zwar zusammenhängen, aber doch unterschiedliche Dimensionen sind.

Das nachzulesen könnte sehr hilfreich sein. Einmal als Beleg, dass solche Fragen publikationswürdig sind und einmal um nachlesen, wie leicht es Dir Dein Betreuer mit einer einfachen Korrelation und einem festen Entscheidungskriterium bei r = 0,7 eigentlich macht.

Über die Konsequenzen für die Therapie äußere ich mich mal nicht. Da muss man vielleicht vorsichtig sein.
Nicht immer haben Betreuer nur gute Ideen und nicht immer ist jede Verkürzung eines Gedankens noch identisch mit dem Gedanken selbst.

LG, Bernhard
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Re: Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelat

Beitragvon Alicia_2308 » Mi 26. Apr 2023, 15:35

Lieber Bernhard,

lieben Dank für die schnelle Antwort und die neuen Denkanstöße.
"Wenn es verschiedene Dinge sind, dann heißt das nicht, dass sie nicht miteinander Zusammenhängen." Besonders dieser Satz hat mir nochmal auf die Sprünge geholfen, das habe ich tatsächlich nicht mitgedacht. Auch die empfohlene Studie von dir war sehr hilfreich.

Nochmal eine Anschlussfrage: Da mir jetzt nochmal bewusst geworden ist, dass natürlich auch zwei unabhängige Dimensionen miteinander korrelieren können, kann ich doch aufgrund der Korrelation gar keine Ableitung machen, ob Depression und PA nun als eine Dimension oder doch zwei unabhängige Dimensionen zu verstehen sind, oder?

Liebe Grüße,
Alicia
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Re: Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelat

Beitragvon PonderStibbons » Mi 26. Apr 2023, 17:09

Ach so, Doppelarbeit.
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Re: Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelat

Beitragvon bele » Mi 26. Apr 2023, 19:59

Danke. Dann wollen wir erstmal sehen, was dutchie sagt.
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Re: Hilfe bei der inhaltlichen Interpretation einer Korrelat

Beitragvon bele » Mi 3. Mai 2023, 13:19

Hallo Alicia,

Alicia_2308 hat geschrieben:kann ich doch aufgrund der Korrelation gar keine Ableitung machen, ob Depression und PA nun als eine Dimension oder doch zwei unabhängige Dimensionen zu verstehen sind, oder?


Da hat dutchie ja schon korrekt geantwortet

Insofern ist eine hohe Ko eine notwendige, aber eben nicht hinreichende Bedingung für Eindimensionalität.


Ich habe es halt anders ausgedrückt, indem ich Dir die LOT-R-Studie ans Herz gelegt habe. Wie auch immer. Eindimensionalität ist eine spannende theoretische Frage. Vielleicht würde Deinem Betreuer aber eine hohe Korrelation auch bei Mehrdimensionalität reichen, für seine therapeutische Konsequenz?

Vielleicht ist die therapeutische Konsequenz Deines Betreuers aber auch selbst bei Eindimensionalität fragwürdig?

LG,
Bernhard
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