Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon Alex2023 » Mo 15. Mai 2023, 20:18

Hallo!

Im Zuge meiner Abschlussarbeit soll ich Hypothesenprüfung im Zuge eines Signifikanztests betreiben. Hierzu kurze Infos:

- Stichprobenerhebung mit n=178
- 5-Item-Skala: "Ich stimme nicht zu" bis "Ich stimme zu" mit den Werten 1 bis 5 (Intervallskala)
- Zum Durchführen der Tests verwende ich SPSS
- Gerichtete Hypothesen
- Beispiel: -> H1: Die Teilnehmer stimmen eher zu, dass Elvis singen kann.

Ich habe mich nach einem Ausschlussverfahren der verschiedenen Signifikanztests für den Einstichproben t-Test entschieden und hinterfrage gerade alles.

- Taugt in meinem Szenario der Einstichproben t-Test überhaupt was?

- Teste ich beim Einstichproben t-Test H1 oder H0? Wenn H0, wie sieht hierfür der Testwert aus? Ist es immer das Gegenteil von H1 oder immer der Mittelwert (für mich dann 3)?
Wäre H0: "Die Teilnehmer stimmen nicht zu, dass Elvis singen kann." oder vielleicht "Elvis kann nicht singen." Im zweiten Fall könnte ich dem keinen Wert zuweisen zum Testen.

- Welche Werte beim t-Test besagen, dass ich die Hypothese verwerfen kann? Die Aussage des Signifikanzniveaus allein scheint mir unzureichend.
Im angefügten Screenshot wäre meine Alternativhypothese mit Wert 5 ja Unsinn, aber H0 gilt ja nicht automatisch, wenn H1 verworfen wird.
https://imgur.com/a/MWJWA3i

Je mehr ich mich mit der Thematik beschäftige, desto verwirrter werde ich. Den Threads hier zufolge scheint meine Skala wohl eher nicht zum t-Test zu passen und gerichtete Hypothesen sind auch nicht so der Bringer :oops:

Ich hoffe, man versteht meine Probleme.

Viel Dank im Voraus!

Beste Grüße
Alex
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon PonderStibbons » Mo 15. Mai 2023, 20:58

- 5-Item-Skala: "Ich stimme nicht zu" bis "Ich stimme zu" mit den Werten 1 bis 5 (Intervallskala)

Solche Ratingskalen sind ordinal. Man findet oft die Bereitschaft, sie wie eine Intervallskala
zu behandeln.

- Zum Durchführen der Tests verwende ich SPSS
- Gerichtete Hypothesen
- Beispiel: -> H1: Die Teilnehmer stimmen eher zu, dass Elvis singen kann.

Das solltest Du entweder in eine präzise Alltagssprachliche Formulierung übersetzen
("stimmen eher zu" - eher als wer? eher als wann? bzw als wie? oder auch später?), oder
auch gleich in eine statistische Aussage ("der Anteil der Zustimmenden ist über 50%";
"der Mittelwert auf der Zustimmungsskala ist größer als 3" oder ähnliches).

- Taugt in meinem Szenario der Einstichproben t-Test überhaupt was?

Schwer zu sagen (s.o.), die Fragestellung ist noch diffus. Außerdem wäre es sinnvoll,
mit dem tatsächlichen Thema zu diskutieren statt über Elvis. Bei solchen Übersetzungen
des wirklichen Themas in ein Parallelproblem geht gerne mal was Wichtiges verloren.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon Alex2023 » Di 16. Mai 2023, 08:10

Vielen Dank für das Feedback!

Genauer betrachtet, erforsche ich das Meinungsbild zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und potenziellen Folgen aus Sicht von Akademikern.

Es wurde bei der Erhebung mit mehreren Fragen jeweils nach Zustimmung anhand der im 1. Post vorgestellten Skala gefragt. Die Skala wurde so gewählt, damit ich die Werte bei der Interpretation zu Vergleichszwecken nutzen kann.

Beispiel aus der Umfrage:
Inwieweit stimmen Sie folgender Aussage zu?: „Der Einsatz von KI sollte vom deutschen Staat reguliert werden.“

Meine aufgestellten Alternativhypothesen sehen aktuell schematisch alle so aus: „Akademiker stimmen eher zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.“

Bei den Alternativhypothesen geht es mir eigentlich darum, festzuhalten, welcher Mittelwert der Zustimmung bei der Population zu vermuten ist, unabhängig von anderen Variablen. Beim Beispiel oben wäre der Wert 4. Übersetzt in eine statistische Aussage würde ich dies als „Der Mittelwert auf der Zustimmungsskala ist 4.“ ausdrücken.

Ich habe pro Frage je eine Alternativhypothese aufgestellt, die alle nach dem gleichen Schema aufgebaut sind und unabhängig voneinander einzeln getestet werden sollen.

Ich hoffe, ich konnte so ein wenig Klarheit schaffen.

Beste Grüße und vielen Dank
Alex
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon PonderStibbons » Di 16. Mai 2023, 08:41

Meine aufgestellten Alternativhypothesen sehen aktuell schematisch alle so aus: „Akademiker stimmen eher zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.“

Wie gesagt, das kann ich weder sprachlich noch statistisch als eine klare Aussage verstehen.
Bei den Alternativhypothesen geht es mir eigentlich darum, festzuhalten, welcher Mittelwert der Zustimmung bei der Population zu vermuten ist, unabhängig von anderen Variablen. Beim Beispiel oben wäre der Wert 4. Übersetzt in eine statistische Aussage würde ich dies als „Der Mittelwert auf der Zustimmungsskala ist 4.“ ausdrücken.

Ist als Hypothese dann gemeint, der Mittelwert ist >= 4?

Übrigens heißt ein Mittelwert von ca. 4 auch, dass ein erheblicher Teil der Population unter diesem Wert liegen kann
(bei einer symmetrischen Verteilung um den Mittelwert wären es fast 50%).

Grundsätzlich wäre ein t-Test hier machbar, wenn man das Problem des Skalenniveaus einer 5stufigen Rating-Skala
ausklammert. Ich würde dabei einen ganz normalen ungerichteten Test vorziehen.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon Alex2023 » Di 16. Mai 2023, 09:20

Danke für die schnelle Rückmeldung!

PonderStibbons hat geschrieben:Ist als Hypothese dann gemeint, der Mittelwert ist >= 4?


Ja, das ließe sich als Alternativhypothese argumentieren. Wie würde für diesen Fall H0 aussehen? "Der Mittelwert ist < 4"?

PonderStibbons hat geschrieben:Grundsätzlich wäre ein t-Test hier machbar, wenn man das Problem des Skalenniveaus einer 5stufigen Rating-Skala
ausklammert. Ich würde dabei einen ganz normalen ungerichteten Test vorziehen.


Das Problem des Skalenniveaus kann ich guten Gewissens ausblenden. Was ist unter einem normalen ungerichteten Test zu verstehen? zweiseitiger Einstichproben t-Test? oder doch kein t-Test?
Ich kann mir keine sinnvolle ungerichtete Hypothese zu meiner Forschungsfrage vorstellen. Das einzig für mich denkbare Szenario wäre für H0: "Der Mittelwert ist = 3".

Beste Grüße
Alex
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon PonderStibbons » Di 16. Mai 2023, 11:17

PonderStibbons hat geschrieben:Ist als Hypothese dann gemeint, der Mittelwert ist >= 4?

Ja, das ließe sich als Alternativhypothese argumentieren. Wie würde für diesen Fall H0 aussehen? "Der Mittelwert ist < 4"?

Man kann das auch einfach zweiseitig testen, also H0 "Mw=4".

Das Problem des Skalenniveaus kann ich guten Gewissens ausblenden. Was ist unter einem normalen ungerichteten Test zu verstehen? zweiseitiger Einstichproben t-Test?

Ja (s.o.).
Ich kann mir keine sinnvolle ungerichtete Hypothese zu meiner Forschungsfrage vorstellen.

"Der Anteil der Zustimmenden beträgt über 80%" (oder ein anderer relevanter Anteil).

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon bele » Di 16. Mai 2023, 11:25

Hallo Alex,

Alex2023 hat geschrieben:Ja, das ließe sich als Alternativhypothese argumentieren. Wie würde für diesen Fall H0 aussehen? "Der Mittelwert ist < 4"?


Eine naheliegende Nullhypothese für einen ungerichteten/zweiseitigen t-Test könnte lauten

"Die befragten Akademiker haben keinerlei Tendenz, mehr zuzustimmen oder mehr abzulehnen" bzw., wenn man das in die Instrumentalisierung mit der durchgeführten Befragung umsetzt, bedeutet das:
"Der Mittelwert der Antworten in der Grundgesamtheit ist drei."

Dann würde der t-Test Dir sagen, dass unter der Nullhypothese Deine Daten sehr unwahrscheinlich sind und die Nullhypothese daher zu verwerfen ist. Bleibt eigentlich nur übrig, dass die Antworten klar unter drei oder klar über drei sind. Das kannst Du leicht herausfinden, indem Du den Mittelwert betrachtest. Wenn es nun ganz anders wäre als Du denkst, wenn alle Akademiker auch liberale Menschen sind die gegen staatliche Verbote sind, dann darfst Du auch das als signifikantes ERgebnis diskutieren, weil Du Dich für einen ungerichteten = zweiseitigen Test entschieden hast.

Mittelwert weiterhin nur sinnvoll, wenn die "Abstände" zwischen den Antwortoptinen eins bis fünf als gleich groß angenommen werden dürfen.

LG,
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon Alex2023 » Di 16. Mai 2023, 11:58

Vielen Dank für eure Hilfe! Ich weiß das sehr zu schätzen.

Ich versuche das dann mal an einem Fall durchzuspielen, so wie ich das nun verstanden habe.

H0: "Akademiker haben keine Tendenz, mehr zuzustimmen oder mehr abzulehnen, wenn es um die Zustimmung geht, ob der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte."
bzw. "Der Mittelwert der Antworten [...] in der Grundgesamtheit ist drei."

Mittelwert 5: H1: Akademiker stimmen zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.
Mittelwert 4: H2: Akademiker stimmen eher zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.
Mittelwert 2: H3: Akademiker stimmen eher nicht zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.
Mittelwert 1: H4: Akademiker stimmen nicht zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.
bzw. "Der Mittelwert der Antworten [...] in der Grundgesamtheit ist ungleich drei."

Der zweiseitige Einstichproben t-Test in diesem Fall sieht wie folgt aus:
Für vollständige Angabe siehe https://imgur.com/a/U4FhVDu
Statistik der Stichprobe hat geschrieben:N = 178
Mittelwert = 3,49
Std.-Abweichung 1,194

Ergebnisse t-Test mit Testwert 3 hat geschrieben:T = 5,522
df = 177
Einseitiges p <0,001
Zweiseitiges p <0,001
Mittlere Differenz 0,494


In diesem Fall würde ich unter Berücksichtigung des p-Wertes die Nullhypothese verwerfen, für H2 argumentieren, jedoch angeben, dass der Mittelwert nicht gerade äußerst H2 suggeriert.

Beste Grüße
Alex
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon PonderStibbons » Di 16. Mai 2023, 12:04

Alex2023 hat geschrieben:Mittelwert 4: H2: Akademiker stimmen eher zu, dass der Einsatz von KI vom deutschen Staat reguliert werden sollte.

Diese tendenziell irreführende Darstellung findet man in Beug auf Mittelwerte sehr oft.
Da steht, wörtlich genommen, dass alle Akademiker eher zustimmen.
Was Du aber lediglich hättest, wäre der Mittelwert.
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Re: Hypothesenprüfung mit Einstichproben t-Test

Beitragvon bele » Di 16. Mai 2023, 12:10

Hallo Alex,

der p-Wert ist kleiner als 0,05, also ist die Abweichung vom Mittelwert als nicht zufällig anzunehmen. Der Mittelwert ist 3,5, das bedeutet, im Durchschnitt haben die Teilnehmer Werte über drei angegeben. Soviel kann Dir die schließende Statistik sagen.

Formulierungen wie "nicht gerade äußerst eindeutig ... suggeriert" sind halt sehr schwammig, am Ende fast nichtssagend. Eine kleine Grafik mit der Antwortverteilung beispielsweise als Balkendiagramm kann da sehr viel aussagekräftiger sein. Vorschläge, wie man die Verteilung von fünf verschiedenen 5-Stufigen Items kompakt darstellen könnte findest Du z. B. hier: https://bookdown.org/Rmadillo/likert/al ... alize.html

PonderStibbons' Einwand, dass solche Formulierungen in die Irre führen können ist sehr berechtigt. Nötigenfalls könntest Du eine andere Fragestellung/andere Nullhypothese mit einem anderen Test untersuchen um zum Beispiel die Aussage machen zu können: Die Mehrzahl der Akademiker stimmen einer Regulierung von KI durch den Staat zu. Dann müsste man auszählen, wieviele das jeweils sind und könnte einen Binomialtest rechnen.

LG,
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