Welcher Test wird benötigt

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Welcher Test wird benötigt

Beitragvon Roskalla23 » Di 4. Jul 2023, 14:20

Hallo liebe Community,
Ich bin auf der Suche nach einem geeigneten statistischen Testverfahren. Kurz zu meinen Daten:
Ich habe die Bakterienzusammensetzung zweier Patientengruppen untersucht. Diese zwei Zusammensetzungen möchte ich nun statistisch vergleichen und auf ihre Signifikanz hin überprüfen.

Welchen Test benötige ich an dieser Stelle?

Es sind zwei Patientengruppen mit n1=10 und n2=60. In der Zusammensetzung gibt es 17 verschiedene Bakterien.

Bei meinen laienhaften Recherchen kam irgendwas von Varianzanalyse oder Kruskal-Wallis Test heraus…

Vielen Dank schon mal für eure Mühen
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon PonderStibbons » Di 4. Jul 2023, 15:12

Wie lautet das Thema und die die genaue Fragestellung? Welche Messdaten liegen vor?
Und was bedeutet "Zusammensetzung vergleichen" konkret - die 17 relativen Anteile?
17mal einen Wert, für jedes Bakterium separat? Oder etwas anderes?

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon bele » Di 4. Jul 2023, 15:49

Habe gerade einen Mibi-Befund vor mir liegen, da sind Pseudomonas aeruginosa, zwei verschiedene Phänotypen von Klebsiella und ein Staph. aureus jeweils in der Mengenangabe "reichlich" enthalten.

Es wäre schon wichtig zu wissen, ob Du auch Mengenangaben wie vereinzelt, selten, mäßig und reichlich hast oder bloß anwesend/nicht-anwesend.

Skalenniveaus sind immer wichtig. Die Patientengruppe mit n = 10 ist sehr klein. Es könnte sehr viel einfacher sein, daraus den Verdacht auf eine typischen Unterschied abzuleiten, als irgendwas damit beweisen zu wollen.

Willst Du nur zeigen, dass verschiedene Krankheiten zu verschiedenen Infekten führen oder willst Du typische Leitkeime finden oder was genau (!) ist das Ziel?

LG,
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon Roskalla23 » Di 4. Jul 2023, 19:56

Bezüglich der Daten: ich habe sowohl absolute, als auch relative Werte für die einzelnen Bakterienspezies. De facto habe ich also zwei Patientengruppen, die jeweils eine Analyse des Darmmikrobioms bekommen haben. Die Gruppen unterscheiden sich darin, dass die kleine Gruppe mit n=10 eine Pneumonie hat, während die andere Gruppe mit n=60 gesund ist.
Die Fragestellung liegt darin, ob die Zusammensetzung der Bakterien einen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie hat.
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon PonderStibbons » Mi 5. Jul 2023, 08:31

Bezüglich der Daten: ich habe sowohl absolute, als auch relative Werte für die einzelnen Bakterienspezies.

Darunter kann ich mir konkret leider nichts vorstellen. Gehe doch mal einfach davon aus, dass ich nicht Dein
Laborkollege bin, der von vornherein weiß, wie diese Messungen durchgeführt und ausgewertet wurden und
wie die Daten vorliegen.
Die Fragestellung liegt darin, ob die Zusammensetzung der Bakterien einen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie hat.

Das wäre eine multiple logistische Regression mit 17 Prädiktoren und der abhängigen Variable Pneumonie ja/nein.
Allerdings bräuchtest Du dafür eine weitaus größere Stichprobe.

Oder ist die Frage einfach, bei wie vielen der 17 Bakterien sich die Gruppen unterscheiden?

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon bele » Mi 5. Jul 2023, 09:16

Hallo,

mir geht es genauso - ich habe keine Ahnung, wie Daten eines ganzen Darmbioms aussehen und finde auch nicht, dass man das allgemein voraussetzen kann.

Das wäre eine multiple logistische Regression mit 17 Prädiktoren und der abhängigen Variable Pneumonie ja/nein.
Allerdings bräuchtest Du dafür eine weitaus größere Stichprobe.


Das sehe ich auch so, mit 17 Prädiktoren und 10 Pneumoniefällen wird die logistische Regression überfordert sein, weil sie versucht, für jede Bakterienart einen Koeffizienten zu schätzen. Wenn die Daten mit ordinalem Datenniveau vorliegen sollten schon gar nicht.
Das ist aber auch in der Fragestellung nicht gefordert:

Roskalla23 hat geschrieben:Die Fragestellung liegt darin, ob die Zusammensetzung der Bakterien einen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie hat.


Ich könnte mir vorstellen (ist ja alles nur hypothetisch, falls die Daten dazu passen), hier mit Mitteln des statistischen Lernen heranzugehen. KI ist ja gerade auch der hype. Beispielsweise könnte man einen random forest anhand der Daten trainieren und anschließend prüfen, ob dieser es schafft, aus der Bakterienverteilung die Gruppenzugehörigkeit überzufällig gut vorherzusagen.
Alternativ, wenn einem die Vorstellung einer logistischen Regression besser gefällt, weil sie ein besser interpretierbares Ergebnis produziert, könnte man eine logistische Regression als LASSO-Regression rechnen und dann mittels leave-one-out Kreuzvalidierung prüfen, ob diese überzufällig die Gruppenzugehörigkeit vorhersagen kann.

Neben der Frage, wie der gewonnene Datensatz denn jetzt aussieht finde ich die Frage spannend, worum es in dieser Arbeit geht. Ist das eine Qualifizierungsarbeit die zu einem Bachelor-, einem Master- oder einem Doktortitel führen soll, oder ist das eine Studie bei der der Erkenntnisgewinn im Vordergrund steht und die peer-reviewed publiziert werden soll? Ich hätte da so eine Idee...

Ansonsten würde ich gerne ergänzen:

Roskalla23 hat geschrieben:Die Fragestellung liegt darin, ob die Zusammensetzung der Bakterien einen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie hat.


Wenn Du einen Zusammenhang zwischen Darmbakterien und Pneumonie findest kannst Du wahrscheinlich nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das eine das andere beeinflusst. Die hier besprochene Statistik zeigt, dass es einen Zusammenhang gibt. Die Richtung eines Zusammenhangs kann man daraus nicht unbedingt ableiten. Wäre es eventuell denkbar, dass die Pneumonie-Fälle auch früher schon immer mal wieder Atemwegsinfekte hatten und Schleim mit Entzündungsmediatoren erst hochgehustet und dann verschluckt haben, sodass die Atemwegsempfindlichkeit Einfluss auf das Darmbiom hatte? Vielleicht gibt es auch einfach Menschen die gesund und solche, die ungesund leben. Die Gesunden haben sich viel bewegt und dadurch weniger Pneumonierisiko und die Gesunden haben auch gesünder gegessen und deshalb ein anderes Darmbiom? Das nichts mit dem Inhalt dieses Threads zu tun - diese Argumentation musst Du unabhängig von Deinen Daten führen und im Zweifel einfach forsichtig formulieren, dass es einen statistischen Zusammenhang gibt.

LG,
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon Roskalla23 » Mi 5. Jul 2023, 10:39

Tut mir leid für die unklare Definierung meines Datensatzes. Ich versuche es nochmal :)
Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms wird durch (in meinem Fall) 17 Bakterienarten definiert. Für jedes Bakterium habe ich einen Wert für die Anzahl, sprich Bakterium A wurde z.B. 6544 mal gezählt, Bakterium B 2341 mal, usw....diese absoluten Anzahlwerte liegen mir natürlich dementsprechend auch als relative Häufigkeit vor. Also Bakterium A hat einen Anteil von 12% an der Gesamtheit der Bakterien des Darmmikrobioms etc.
Diese Konstellationen sollen nun vergleichend für die Komplikationsgruppe (mit Pneumonie) und Referenzgruppe (ohne Pneumonie) untersucht werden.

Diese Arbeit ist eine medizinische Promotionsarbeit. Bezüglich der Pneumoniepathogenese wurden alle Gruppen vor der Entstehung einer Pneumonie einem Biotrauma ausgesetzt (hatte ich zuvor nicht erwähnt, weil für die statistische Frage nicht relevant), sodass untersucht werden soll, ob bestimme Darmmikrobiomkonstellationen (also Zusammensetzungen der Bakterien im Darm) eher zu einer Pneumonie nach Biotrauma neigen.
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon PonderStibbons » Mi 5. Jul 2023, 12:28

Soweit, so gut.
Roskalla23 hat geschrieben:Diese Konstellationen sollen nun vergleichend für die Komplikationsgruppe (mit Pneumonie) und Referenzgruppe (ohne Pneumonie) untersucht werden.

Erneut stellt sich die Frage: was meinst Du mit Konstellation? Soll 17mal die jeweilige Häufigkeit betrachtet
werden? Sollen 17mal der relative Anteil betrachtet werden? Soll das Gesamtmuster aus 17 Einzelelementen
simultan betrachtet werden?

Bei gerade mal 10 Fällen, die von der Gesamtheit abweichen, ist hier das Ansinnen an die statistische Methodik,
auf einer Glatze locken zu drehen, aber es wäre zumindest sinnvoll zu beschreiben, was im konkreten Fall
medizinisch unter einer Konstellation verstanden wird. Eventuell auch, ob es fachlich begründete Erwartungen
gibt, was herauskommen könnte.
(hatte ich zuvor nicht erwähnt, weil für die statistische Frage nicht relevant)

Freilich sind solche Angaben wichtig.

Mit freundlichen Grüßen

PnderStibbons
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon Roskalla23 » Mi 5. Jul 2023, 16:32

Mit Konstellation meine ich Folgendes: es gibt für beide Gruppen eine bereits zusammengefasste durchschnittliche Gesamtkonstellation. Sprich: Für die Pneumoniegruppe kommt Bakterium A anteilig x % vor, Bakterium B y % etc.; das gleiche gilt für die Referenzgruppe. Leider gibt es nicht mehr Patienten für die Pneumoniegruppe, daher kann ich an dieser Schraube nicht drehen. In Summe möchte ich diese oben erwähnte durchschnittliche Gesamtheit der 17 Bakterien der Pneumoniegruppe mit denen der Referenzgruppe vergleichen. Also das Gesamtmuster aus 17 Einzelelementen soll simultan mit dem anderen Gesamtmuster aus 17 Einzelelementen verglichen werden.

Eine klassische Konstellation gibt es noch nicht, das ist ja ein Ziel der Arbeit, Muster zu identifizieren, die anfälliger für eine Pneumonie sind.
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Re: Welcher Test wird benötigt

Beitragvon bele » Mi 5. Jul 2023, 21:11

Hallo,

PonderStibbons hat geschrieben:Bei gerade mal 10 Fällen, die von der Gesamtheit abweichen, ist hier das Ansinnen an die statistische Methodik, auf einer Glatze locken zu drehen,...


Das ist grundsätzlich richtig, aber vielleicht gibt es ja ein ganz starkes Signal mit wenig Rauschen. Dann, und nur dann, wäre es möglich, den globalen Nachweis eines Zusammenhangs zu führen oder eine Regression mindestens als hypothesengenerierendes Verfahren sinnhaft einzusetzen.

Für die Pneumoniegruppe kommt Bakterium A anteilig x % vor, Bakterium B y % etc.; das gleiche gilt für die Referenzgruppe.


Dann bleibe ich bei meinen Vorschlägen, es mit einem random forest und/oder einer logistischen LASSO-Regression zu versuchen und prädiktive Kraft anstelle von Signifikanz zu prüfen. Jeweils mit hohem Risiko, dass bei kleinem n1 nichts herauskommt.

sodass untersucht werden soll, ob bestimme Darmmikrobiomkonstellationen (...) eher zu einer Pneumonie nach Biotrauma neigen.


Diese Formulierung gefällt mir bedeutend besser als

ob die Zusammensetzung der Bakterien einen Einfluss auf das Auftreten einer Pneumonie hat.


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