Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Bivariate Korrelation, partielle Korrelation und Rangkorrelation.

Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Beitragvon Lana_304 » Do 14. Nov 2024, 10:36

Hallo zusammen,

ich starte bald mit meiner Masterarbeit und werde in der Auswertung voraussichtlich einige Person Korrelationen berechen und interpretieren müssen. Jetzt bin ich bei den Vorüberlegungen und Aufstellungen der Hypothesen auf eine Ungereimtheit gestoßen, die ich nicht verstehe.

Nehmen wir an, ich stelle folgende Hypothese nach der Logik "Je höher x, desto geringer y" auf:
H1: "Personen mit einer höheren Nutzungsdauer von Instagram haben einen geringeren Selbstwert" --> damit postuliere ich einen negativen Zusammenhang und formulier eine gerichtete Hypothese

1. Frage: Wie lautet die Nullhypothese? "Personen mit einer höheren Nutzungsdauer haben keinen geringeren Selbstwert? Einen höheren Selbstwert? Oder es besteht kein Zusammenhang zwischen Nutzungsdauer und Selbstwert?

Beide Variablen Nutzungsdauer und Selbstwert sind metrisch, also kommt Pearson zum Einsatz. Nehmen wir an, das Ergebnis wäre signifikant, aber der Pearson-Koeffizient postiv. Demnach wäre die Interpretation ja: Je höher x, desto höher y.
Das passt nun aber nicht zu meiner aufgestellten Alternativhypothese mit negativem Zusammenhang. Ablehnen kann ich sie aber auch nicht, weil die Pearson Korrelation ja signfifikant ist.
Ich habe gelesen, dass man in so einem Fall lieber zweiseitig als einseitig testen sollte, um den Koeffizienten in beide Richtungen interpretieren zu können. Aber nach meiner Recherche dürfen nur ungerichtete Hypothesen zweiseitig getestet werden und gerichtete Hypothesen nur einseitig.

2. Frage: Ich möchte die Hypothese gerne gerichtet formuliert lassen, darf dann aber eigentlich nicht zweiseitig testen. Ist das korrekt? Falls ja, müsste ich doch auf eine ungerichtete Hypothese zurückgreifen oder gibt es eine andere Lösung?

Ich hoffe, das ist halbwegs verständlich :)
LG
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Re: Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Beitragvon strukturmarionette » Do 14. Nov 2024, 13:16

Hi,

Wie lautet die Nullhypothese?


Sie lautet:

es besteht kein Zusammenhang zwischen Nutzungsdauer und Selbstwert?


Gruß
S.
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Re: Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Beitragvon bele » Do 14. Nov 2024, 15:01

Hallo Lana,

Lana_304 hat geschrieben:Nehmen wir an, ich stelle folgende Hypothese nach der Logik "Je höher x, desto geringer y" auf:


Ok, nehmen wir an, Du stellst diese Hypothese auf. Warum tust Du das? Weil Dein bisheriger Erkenntnisstand nahe legt, dass das so sein sollte. Nun kommen Deine Beobachtungen und zeigen das genaue Gegenteil Deiner Vermutung. Willst Du jetzt a) keinlaut zugeben, dass Du Deine Hypothese nicht bestätigen konntest oder b) der interessierten Welt mitteilen, dass es genau anders herum ist wie man gedacht hat und dass sich zukünftige Arbeiten damit beschäftigen sollten, warum es genau anders herum ist?

In aller Regel wird b) die wissenschaftliche Position besser beschreiben und deshalb macht es Sinn, generell zweiseitig zu testen. Damit auch der Gegenteilsfall noch eine Nachricht und signifikant ist. Ehrliche Ausnahmen sind sehr ungewöhnlich und deshalb ist zweiseitiges Testen der Normallfall und einseitiges Testen bedarf einer besseren Begründung als nur "meine Hypothese war einseitig".

LG,
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Re: Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Beitragvon Lana_304 » Do 14. Nov 2024, 15:21

Hallo Bernhard,

vielen Dank für deine Antwort.

Genau, ich würde auch lieber zu b) tendieren und dann auf künftige Forschung verweisen etc.

Wenn ich jetzt meine Hypothesen so formuliere...
H1: Personen mit einer höheren Nutzungsdauer von Instagram haben einen geringeren Selbstwert
H0: Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Nutzungsdauer und dem Selbstwert.

...aber dann wie du beschrieben hast den gegenteiligen positiven Effekt rausbekomme: Kann ich dann die H1 annehmen und sagen, dass ein Zusammenahng besteht, dieser aber entgegen der Erwatung positiv ist? Oder sollte ich meine Hypothesen lieber anders formulieren, wenn ja wie?

LG
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Re: Pearson Korrelation für gerichtete Hypothesen

Beitragvon bele » Do 14. Nov 2024, 18:00

Hallo Lana,

sinnvollerweise unterscheidest Du zwischen Deinen Sachhypothesen und den Testhypothesen. Sachlich sagst Du, dass ein Kühlschrank eine ganze Zeit innen immer wärmer wird, wenn man die Tür lange offen stehen lässt und zwar bis an die Obergrenze der Raumtemperatur. Prüfen tust Du die Nullhypothese, dass Türoffenheit und Kühlschranktemperatur voneinander unabhängig sind. Die Sachhypothese ist viel komplexer: Du nimmst einen kausalen Zusammenhang an, Du hast eine Idee, welche Richtung der Kausalzusammenhang hat, Du vermutest eine Obergrenze ab der der Effekt nachlässt und so weiter. Das kriegst Du aber statistisch alles nicht mit der Pearsonkorrelation abgedeckt. Deshalb prüfst Du mit dem Signifikanztest andere Hypothesen als Deine Forschungs-/Sachhypothese. Nämlich die, für die Du einen passenden Test kennst.
Dann ist es auch schlagartig kein Problem mehr, wenn die Sachhypothese gerichtet, die Testhypothese aber ungerichtet ist.

Ob man für die Testhypothese jetzt neben der H0 auch unbedingt noch eine H1 braucht hängt ein bisschen davon ab, was Deine Lehrer so denken und gesagt haben. Da der Signifikanztest nur die H0 widerlegen kann und von der H1 keinen Gebrauch macht, ist die H1 mehr so didaktisch relevant.

HTH,
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