Welche Software für Regressions-Analyse?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Re: Welche Software für Regressions-Analyse?

Beitragvon bele » Mo 10. Sep 2012, 17:01

Hallo daniel,

ich wollte das mit den packages nur noch einmal deutlich sagen.

Das Argument gegen R ist der, für mein Empfinden, relativ langwierige Lernprozess objektorientierten Arbeitens. Das mögen andere ganz anders sehen.

Objektorientierung in R ist nicht besonders gelungen. R ist eine nicht objektorientierte Programmiersprache der man später zwei Objektorientierungsmodelle übergestülpt hat. Aus Programmierersicht finde ich das wenig elegant, als Anwender eines Statistiksystems wenig kompliziert. Unstrittig bleibt: Statistiksysteme mit GUI machen es dem Anfänger sicher leichter.

Zum wichtigsten Argument für R möchte ich dennoch etwas anmerken. Die Software ist kostenlos, ja. Es gibt auch massig Literatur, ja. Aber: die Literatur ist nicht kostenlos! Und, die Literatur wird m.E. auch benötigt um sich das Programm zu erschließen. Wenn Du mit der Literatur unter 140 Euor bleibst, dann lohnt Stata nicht (abgeshen von der m.E. intuitiveren Bedienung). Stata liefert ein zig-tausend Seiten pdf manual, das zum Erlernen des Programms ausreicht.

Da möchte ich gerne widersprechen. Wenn englischsprachige PDFs als Literatur zählen, dann kommen wir bei R ganz locker kostenlos auf tausende Seiten: Hier einige Beispiele: http://cran.r-project.org/other-docs.html oder http://www.uni-koeln.de/themen/statistik/software/s/
Programm und Sprache lassen sich auf hundert Seiten gut erklären: An Introduction to R und für den hier gefragten Bereich Regressionen z. B. Faraway: Practical Regression and ANOVA using R.

Daher gibt es auch sogut wie kein Grundlagenbuch zu Stata (empfehlenswerte Ausnahme: Kohler, Kreuter (2008), ca. 35 Euro).

Man kann bestimmt unterschiedlicher Meinung sein, ob das ein valides Argument für Stata ist. Ich denke, dass es letztlich darauf hinaus läuft, ob man
a) eine einfache Lösung für jetzt und hier haben will die einen nicht wirklich weit tragen muss,
b) eine solide Lösung mit GUI für überschaubares Geld die einen weit trägt,
c) eine solide Lösung ohne GUI die einiges an Einarbeitung fordert, als Lohn für die Einarbeitung aber auch sehr nachhaltig ist.

Im Falle a) sollte man sich die freien Dinge wie Gretl oder aber die grafischen Frontends für R anschauen: Statistiklabor oder Deducer oder ...
Im Falle b) weiß man bei Stata, dass die Software von einer kommerziellen Firma gepflegt wird und dass sie schon einige Jahre auf dem Markt ist und dass der Büchermarkt das eine oder andere dazu bereit hält. Finanziell erscheint es mir maßvoll, was ich persönlich bei SPSS nicht sehe. Ich selbst kann, wie gesagt, a) und b) nicht kommentieren. Hoffen wir, dass Stata noch lange am Markt bleibt.
Im Falle c), wenn man also bereit ist, die Mühe zu investieren, erhält man eine komplette Programmiersprache, eine sehr aktive Internetgemeinde, kostenlose Updates und Upgrades solange es R gibt, und das wir wahrscheinlich noch einige Jahrzehnte so sein. Der Büchermarkt lässt im Englischen keine Wünsche offen und im Deutschen gibt es auch schon sehr viel.

Just my 2 cents,
Bernhard
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Re: Welche Software für Regressions-Analyse?

Beitragvon daniel » Mo 10. Sep 2012, 17:46

Wenn englischsprachige PDFs als Literatur zählen

Was sollte es sonst sein? Abgesehen davon, ging es mir lediglich darum, dass Stata manuals weit über eine Gebrauchsanwesiung hinausgehen, und zum Erlernen der Software ausreichend sind. Wenn das für R ebenfalls so ist, dann spricht das natürlich für R.

[...] weiß man bei Stata, dass die Software von einer kommerziellen Firma gepflegt wird


Der größte Vorteil dieses Faktes ist m.E. die Sicherheit, dass auch wirklich für jede Zeile code etwa drei Zeilen Zertifizierungsskript geschrieben werden. Ich nehme an, dass die R Community statistisch ebenso, wenn nicht besser aufgestellt ist, als StataCorp. Allerdings bin ich nicht sicher, inwiefern bei einer rein user-written Software tatsächlich jedes Paket auch ausreichend zertifiziert wird. Das macht dann i.d.R. nämlich nicht so viel Freude, und wenn man dafür keine Kohle bekommt, mag das die Motivation durchaus senken. Das soll nicht heißen, dass R zwangsläufig bug anfälliger ist. Wie es mit dem (professionellen) support bei Problemen ausschaut, kann ich bei R nicht beurteilen.

Im Falle c), wenn man also bereit ist, die Mühe zu investieren, erhält man eine komplette Programmiersprache, eine sehr aktive Internetgemeinde, kostenlose Updates und Upgrades


Mit Ausnahme der Upgrades gilt all das auch für Stata.

Hoffen wir, dass Stata noch lange am Markt bleibt.


Selbst wenn nicht, läuft die Software, die bereits da ist weiter. Auch die Programmierbarkeit bleibt erhalten, sodass man neue Verfahren (mit genügend know-how) problemlos hinzufügen kann.

Wie gesagt, würde ich empfehlen, mit R anzufangen, bevor ich in andere Software investieren würde.

Grüße
Daniel
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Re: Welche Software für Regressions-Analyse?

Beitragvon bele » Mo 10. Sep 2012, 18:36

daniel hat geschrieben: m.E. die Sicherheit, dass auch wirklich für jede Zeile code etwa drei Zeilen Zertifizierungsskript geschrieben werden. Ich nehme an, dass die R Community statistisch ebenso, wenn nicht besser aufgestellt ist, als StataCorp. Allerdings bin ich nicht sicher, inwiefern bei einer rein user-written Software tatsächlich jedes Paket auch ausreichend zertifiziert wird.

Das mag einen wesentlichen Unterschied machen, je nachdem wo man steht. Bei freier Software besteht immer das Problem, dass man keinen Verantwortlichen fassen kann. Im hier beschriebenen studentischen Szenario spielt es keine Rolle, ist aber eine konsequente Antwort auf mein "Investition in die Zukunft"-Argument.

Wie es mit dem (professionellen) support bei Problemen ausschaut, kann ich bei R nicht beurteilen.

R ist seiner Natur als freie, nicht-kommerzieller Software folgend i. d. R. auch auf den nicht-professionellen, d. h. freien Support in Foren und Mailinglisten ausgerichtet. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Es gibt auch mindestens einen professionen Ableger von R. Eine Firma, die R in großen Teilen übernimmt, einige Ergänzungen programmiert, diese teils auch der Community zurück gibt, und eben auch professionellen Support etc. anbietet: http://www.revolutionanalytics.com

Im Falle c), wenn man also bereit ist, die Mühe zu investieren, erhält man eine komplette Programmiersprache, eine sehr aktive Internetgemeinde, kostenlose Updates und Upgrades

Mit Ausnahme der Upgrades gilt all das auch für Stata.

Ob man das nur Update oder Upgrade nennt: Um die Software professionell weiter zu entwickeln wird man in zeitlichen Abständen immer mal wieder frisches Geld vom Kunden brauchen. Daran ist nichts Verwerfliches und, wenn man bei der Politik der bezahlbaren Preise bleibt, auch gar nichts schlechtes: Einerseits werden sie die Upgrades interessant genug gestalten müssen, dass man frisches Geld in die Hand nimmt, andererseits ist genau das zum Vorteil des Kunden.

Auch die Programmierbarkeit bleibt erhalten, sodass man neue Verfahren (mit genügend know-how) problemlos hinzufügen kann.

Absolut richtig. Wie geschrieben: Es ist sicher eine solide Investition.

Was dieser Diskussion m. E. wirklich fehlt ist ein Vertreter der SPSS-Fraktion. Da ließe sich bestimmt auch positiv argumentieren. Zum Beispiel finde ich in Universitätsbuchhandlungen mit schöner Regelmäßigkeit mehr Bücher über SPSS als über alle anderen Statistiksprachen zusammen. In vielen Fakultäten beherrscht SPSS die Landschaft, Doktorväter kennen das und Kommilitonen können einem dabei manchmal helfen. Eigentlich habe ich aber keine Lust, weiter für SPSS zu sprechen. Kann das vielleicht jemand tun, der SPSS kennt?

LG,
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Re: Welche Software für Regressions-Analyse?

Beitragvon strukturmarionette » Di 11. Sep 2012, 10:56

Hi nochmal,

(Auch ich will SPSS nicht als Favorit präsentieren.)
aber:

zu den Kosten:
In vielen Fällen ist an Unis immer noch möglich, für wissenschaftliche Zwecke insbesondere bei Abschlussarbeiten SPSS-Lizenzen (die auch den gesamtgen SPSS-Anwendungsumfang beinhalten) zu erhalten.
- Kosten, Gebühren enstehen dabei entweder überhaupt nicht oder in geringem Umfang
- Online-Lizenzen sind meist ´gratis´ (hierbei kommt es m.W. aber manchmal zu unangenehmen Überraschungen)
- Auch ´FestInstallationen´ sind verfügbar. Die laufen stabiler -sind aber manchmal mit 1-Jahres-Gebühr an dei Uni verbunden.
- Support von den Unis gibt es kaum; in der Regel ist IBM direkt zu kontaktieren; ist mühsam, kostet aber nichts.

zu Syntax (zum Beispiel bei R):
- Es ist immer etwas schwieriger, die Syntax einer Programmiersprache zu erlernen als mit Menüs zu arbeiten.

Wer nicht aus einem Fach wie Informatik oder Mathematik kommt, ist normalerweise auch nicht mit Programmstrukturen wie do-while oder repeat-until Schleifen, Grundlagen strukturierter Programmierung oder gar Grundlagen objektorientierten Programmierens vertraut. Das neu zu Lernen nur für eine Abschlussarbeit beispielsweise im Fach Ernährungswissenschaft (-sorry, fällt mir nur gerade so ein) führt m.E. in den meisten Fällen zu einer Überforderung.

Gruß
S.
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