Testung von Mediatorhypothesen

Alle Verfahren der Regressionanalyse.

Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Mofflerin » Fr 14. Sep 2012, 11:55

In der Literatur wird beschrieben, dass Mediatorhypothesen in vier Schritten überprüft werden sollen.

1. Bivariate Regression UV/Mediator
2. Bivariate Regression Mediator/AV
3. Bivariate Regression UV/AV

In allen drei Regressionen muss der Koeffizient signifikant werden.

4. Regression mit den Regressoren UV und Mediator und dem Regressanden AV.

In der vierten Regression sollte der Regressionskoeffizient von UV im Vergleich zur dritten Regression absinken.

Ich habe mich gefragt, wozu überhaupt der dritte und der vierte Schritt gut sein sollen. Das mindestens eine teilweise Mediation vorliegt, wird ja eigentlich schon mit den ersten beiden Schritten nachgewiesen. Wenn man die Regressionsgewichte der dritten mit den ersten beiden Regressionen vergleicht, kann man einen Eindruck bekommt, wir groß der Mediationseffekt im Vergleich zum unmittelbaren Zusammenhang zwischen UV und AV ist. Dazu ist die dritte Regression gut. Bei der vierten Regression sollte der Koeffizient des UV im Vergleich zur dritten Regression deutlich absinken. Das das passieren wird, sehe ich aber schon wenn ich mir die Regressionsgewichte der ersten drei Regressionen ansehe, weil die Varianzaufklärung der ersten beiden Regressionen in der dritten Regression ja bereits enthalten ist.

Wozu ist also die vierte Regression gut? Oder alternativ: Ich mache nur die dritte und die vierte Regression. Die erste und zweite Regression brauche ich dann nicht zu machen, weil ich die Mediation schon daran erkenne, dass das Regressionsgewicht von UV absinkt.

Was meint Ihr zu meinen Ideen?
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon strukturmarionette » Fr 14. Sep 2012, 13:15

Hi,

man könnte das derart betrachten, dass 1 - 3 die statistischen (explorativen) Voraussetzung für die Existenz einer Mediation sind. Nicht die theoretischen.

Sonst:
Wie willst Du (vollständige) Mediation zeigen -ohne 4.

Gruß
S.
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Mofflerin » Fr 14. Sep 2012, 16:09

man könnte das derart betrachten, dass 1 - 3 die statistischen (explorativen) Voraussetzung für die Existenz einer Mediation sind. Nicht die theoretischen.


Ich glaube ,das bringt es ganz gut auf den Punkt. Im Grunde reicht es ja auch, sich die Korrelationen anzusehen. Nichts anderes sind bivariate Regressionen ja. Ich finde Korrelationen zumindest didaktisch auf den ersten leichter durchschaubar, auch wenn es letztlich das gleiche ist! :)


Wie willst Du (vollständige) Mediation zeigen -ohne 4.


Ich erfinde mal Werte

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = .5
r(M,AV) = .5

r(UV,AV) kann nur durch direkte Zusammenhänge oder durch Mediation erklärbar sein. Da r(UV,M) > 0 und r(M,AV) > 0 ist erwiesen, dass der Zusammenhang teilweise mediiert sein muss. Da r(UV,M) < r(UV,AV) und r(M,AV) < r(UV,AV), liegt offenbar nur eine teilweise Mediation vor und es muss auch noch direkte Verbindungen geben.

Bei vollständiger Mediation müssten die Werte etwa so aussehen:

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = .8
r(M,AV) = .8

Wenn gar keine Mediation, sondern nur direkte Verbindungen, vorliegt, etwa so:

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = 0
r(M,AV) = .8

oder so

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = 8
r(M,AV) = .0

oder so

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = 0
r(M,AV) = .0

Natürlich kann man so nicht ausschließen das es noch weitere, bisher unbekannte mediierende oder moderierende Varaiblen gibt. Aber das kann man ja mir der vierten Regression auch nicht ausschließen.
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon strukturmarionette » Fr 14. Sep 2012, 18:10

Hi,

Bei vollständiger Mediation müssten die Werte etwa so aussehen:

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = .8
r(M,AV) = .8


Warum sollte das als Indikator für vollständige Mediaton gelten? (Auch sind nicht die Absolutwerte irgendwelcher Korrelationskoeffizienten relevant, sondern nach dem von Dir skizzierten Verfahren p-Values von Regressionskoeffizienten)

Gruß
S.
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Mofflerin » Fr 14. Sep 2012, 18:23

strukturmarionette hat geschrieben:
Bei vollständiger Mediation müssten die Werte etwa so aussehen:

r(UV,AV) = .8
r(UV,M) = .8
r(M,AV) = .8

Warum sollte das als Indikator für vollständige Mediaton gelten?




Wie sonst sollten diese Werte erklärbar sein? Ein Zusammenhang zwischen UV und M ist belegt. Ebenso ein Zusammenhang zwischen M und AV. Wenn aber UV mit M zusammenhängt und M mit AV, ist das nichts anderes als eine Mediation. Und beide Zusammenhänge wurden ja "bewiesen".
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Holgonaut » So 16. Sep 2012, 19:42

Hi,

ich hab das jetzt nur grob überflogen und nehme nur auf das letzte Posting bezug.

Wie sonst sollten diese Werte erklärbar sein?


Mit einem common factor modell (meiner Meinung nach auch nur mit einem common Faktormodell) - weil die Korrelation homogen ist.

Demo (in R)


F = rnorm(10000) #Der common factor wird erzeugt als normverteilte Variable (N=10000)
UV = .8944272*F + rnorm(10000, 0, sqrt(1-.8944272^2)) #UV, M und AV sind alle Folge des common factor
M = .8944272*F + rnorm(10000, 0, sqrt(1-.8944272^2))
AV = .8944272*F + rnorm(10000, 0, sqrt(1-.8944272^2))

cor(cbind(UV,M,AV)) # Korrelationen

UV M AV
UV 1.0000000 0.8029415 0.8043263
M 0.8029415 1.0000000 0.8033334
AV 0.8043263 0.8033334 1.0000000

Wie du siehst, korrelieren alle zu .80.

Das zentrale Merkmal einer vollständigen Mediation ist, dass die Korrelation zwischen UV und AV *verschwindet*, wenn M auspartialisiert wird.
Das ist hier nicht der Fall:

library(psych)
data=as.data.frame(cbind(UV,M,AV))
KM = cor(data)
partial.r(KM,c(1,3),2)

Ergebnis
UV AV
UV 1.00 0.45
AV 0.45 1.00

Du du siehst, bleibt eine Korrelation übrig.

Zu Mediationstests schau dir mal an:
Hayes, A. F. (2009). Beyond Baron and Kenny: Statistical Mediation Analysis in the New Millennium. Communication Monographs, 76(4), 408-420.

Zu Deinem Anfangsposting:

1. Bivariate Regression UV/Mediator
2. Bivariate Regression Mediator/AV
3. Bivariate Regression UV/AV


Punkt 1: Regression MIT KONTROLLVARIABLEN (keine bivariate)
Punkt 2: Dto.
Punkt 3: Dto. Signifikanter Effekt, der runtergeht, wenn der Mediator dazu kommt (als weitere Kontrollvariable).

Das ist Baron & Kenny. Wie Hayes aber betont, ist der wesentliche Punkt, dass das Produkt aus UV-->M und M-->AV signifikant ist. Das testet der klassische Ansatz nicht.
Daher macht man das heutzutage mit bootstrapping. Die crux ist hierbei: Das Produkt bekommst du ja noch raus aus Punkt 1 multipliziert mit Punkt 2. ABER du kennst den Standardfehler
dieses Produkts nicht. Daher zieht man einfach 5000 subsamples - berechnet jedes mal die Regression(en) und das Produkt und erstellt so eine künstliche Stichprobenverteilung. Damit kann
man die Sign. testen.


Grüße
Holger
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Mofflerin » Mo 17. Sep 2012, 12:28

Hallo Holgonaut,

ich muss sagen, Deine mit aufwändigen, mit Beispielen versehenen, Beiträge zu lesen, ist immer wieder ein Genuss.

Zur Sache:

Mit R mache ich gerade die ersten Schritt ;).

Holgonaut hat geschrieben:Das zentrale Merkmal einer vollständigen Mediation ist, dass die Korrelation zwischen UV und AV *verschwindet*, wenn M auspartialisiert wird.
Das ist hier nicht der Fall:


1. Ich habe in meinem Eingangsposting nicht von einer ~vollständigen~ Mediation gesprochen. In Deinem Beispiel bricht die Korrelation von .8 auf .4 ein. Da bleibt immerhin noch eine mittlere Korrelation übrig. Wenn ich ein solches Ergebnis hätte würde ich erstmal von einer teilweisen Mediation ausgehen. Offenbar wird ca. 50 % des Effektes mediiert. Das ist ja von der Stärke her schon mal viel (ob es auch statistisch signifikant ist, ist natürlich wieder eine andere Frage).

2. Mich wundert das in Deinem Beispieldatensatz eine teilweise Mediation vorliegt. Wenn alle drei Variablen zu 100 % vom Common Factor abhänge, wie kann dann eine Mediation vorliegen?

Holgonaut hat geschrieben:Zu Mediationstests schau dir mal an:
Hayes, A. F. (2009). Beyond Baron and Kenny: Statistical Mediation Analysis in the New Millennium. Communication Monographs, 76(4), 408-420.


Ich hole Ihn mir gleich in der Bibliothek.


Holgonaut hat geschrieben:Punkt 1: Regression MIT KONTROLLVARIABLEN (keine bivariate)
Punkt 2: Dto.
Punkt 3: Dto. Signifikanter Effekt, der runtergeht, wenn der Mediator dazu kommt (als weitere Kontrollvariable).


Aber Kontrollvariablen muss man doch nur berücksichtigen, wenn man Konfundierungen vermutet, oder? In Deinem Beispiel würde sich z.B. der common factor als Kontrollvariable anbieten, wenn man denn in der Praxis wüsste, dass es einen solchen common factor gibt.


[quote=]Das ist Baron & Kenny. Wie Hayes aber betont, ist der wesentliche Punkt, dass das Produkt aus UV-->M und M-->AV signifikant ist. Das testet der klassische Ansatz nicht.
Daher macht man das heutzutage mit bootstrapping. Die crux ist hierbei: Das Produkt bekommst du ja noch raus aus Punkt 1 multipliziert mit Punkt 2. ABER du kennst den Standardfehler
dieses Produkts nicht. Daher zieht man einfach 5000 subsamples - berechnet jedes mal die Regression(en) und das Produkt und erstellt so eine künstliche Stichprobenverteilung. Damit kann
man die Sign. testen.[/quote]

Das gefällt mir. Am Freitag habe ich Stunden damit verbracht einen Sobel-Test durchzuführen. Bootstrapping ist bei der Regression bereits in SPSS implementiert. Endlich mal eine Erneuerung die etwas einfacher macht, oft ist es umgekehrt! :)
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Re: Testung von Mediatorhypothesen

Beitragvon Holgonaut » Mo 17. Sep 2012, 13:23

Hi,

2. Mich wundert das in Deinem Beispieldatensatz eine teilweise Mediation vorliegt. Wenn alle drei Variablen zu 100 % vom Common Factor abhänge, wie kann dann eine Mediation vorliegen?


Es liegt gar keine Mediation vor! Stattdessen wäre ein Mediationsmodell ein falsch spezifiziertes Modell, weil weder die "UV" noch "M" irgendeinen Effekt haben! Beide sind endogen, weil sie von F abhängen.
Der Schlüssel zum Erfolg (Test) wären mind. eine weitere UV, die nur mit M, aber nicht mit der AV korreliert. Dann kann man ein two-stage-least-square-Test machen und den Sargan- sowie Hausman Test. Dann fliegt der Schwindel auf (siehe Antonakis et al., 2010)

Zum Hayes-Artikel: Kleiner Tipp, immer erst mal googeln ;)
http://dionysus.psych.wisc.edu/lit/Arti ... A2009a.pdf

Gruß
Holger


Antonakis, J., Bendahan, S., Jacquart, P., & Lalive, R. (2010). On making causal claims: A review and recommendations. The Leadership Quarterly, 21, 1086-1120.
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