Ist diese Kovariate zulässig?

Alle Verfahren der Regressionanalyse.

Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon SabineKoester » Mo 11. Feb 2013, 14:03

Liebe Statistikprofis!

Wir führen gerade ein psychologisches Experiment im Bereich ADHS/Aufmerksamkeit durch.
Fragestellung: "Wer profitiert mehr von einem kurzen Schlaf: Jungen oder Mädchen??"

Dazu messen wir die Aufmerksamkeit zwei mal: einmal vor dem Schlaf (preNap) und einmal nach dem Nap (postNap).

Statistische Herausforderung:
Ich weiß bereits, dass die Steigerung der Aufmerksamkeit (postNap - preNap) positiv mit dem Ausgangsniveau (preNap) korreliert.
Außerdem haben Mädchen ein höheres Ausgangsniveau (preNap).

Nun ist fraglich, ob Mädchen wirklich mehr von dem Nap profitieren (es sich also um einen Gendereffekt handelt), oder ob Frauen nur deshalb mehr profitieren, weil sie vor dem Nap ein höheres Ausgangsniveau haben. Ich würde das Ausgangsniveau also gerne kontrollieren.

Fragen
1) Kann ich das Geschlecht überhaupt als unabhängige Variable in die Regression geben? die Daten sind ja nur binär (Mädchen= 0, Jungen = 1)
Oder Muss ich einen Split vornehmen? D.h. ich rechne zwei verschiedene Regressionen: einmal für die Mädchen, einmal für die Jungen.

2) Ist das Ausgangsniveau (preNap) überhaupt eine zulässe Kovariate?

lg und VIELEN DANK!!!
Sabine
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon bele » Mo 11. Feb 2013, 15:40

Hallo Sabine,

wir reden von einer einfachen linearen Regression? Dann spricht nichts dagegen, eine Dummyvariable für männliches Geschlecht einzuführen. Dahinter steht dann die Formelannahme, dass Jungs immer um einen Betrag größeres Ergebnis haben als Mädchen. Du musst selbst beurteilen, ob das Deine Vorstellung ausreichend wiederspiegelt.
Warum sollte preNap kein zulässiger Prädiktor sein?

LG,
Bernhard
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 11. Feb 2013, 15:42

1) Kann ich das Geschlecht überhaupt als unabhängige Variable in die Regression geben? die Daten sind ja nur binär (Mädchen= 0, Jungen = 1)

So soll es auch sein.
2) Ist das Ausgangsniveau (preNap) überhaupt eine zulässe Kovariate?

Sicher. Konzentration post = c + b1*Konzentration prä + b2*Geschlecht + Fehler.

lg

wtf

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon daniel » Mo 11. Feb 2013, 15:55

2) Ist das Ausgangsniveau (preNap) überhaupt eine zulässe Kovariate?


Sicher. Konzentration post = c + b1*Konzentration prä + b2*Geschlecht + Fehler.


Cave! Wenn



dann ist quasi per Definition mit korreliert. Wenn dies aber der Fall ist, wieso sollte nicht auch mit korreliert sein? Diese, m.E. exterm problematische Annahme muss aber erfüllt sein, sollen die Koeffizienten konsistent geschätzt werden.

In diesem Scenario würde ich alternativ ein Fixed-Effect Modell mit der Interaktion von Geschlecht mit Zeitpunkt schätzen.
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 11. Feb 2013, 16:38

Ja. Danke für den Hinweis. Außerdem beantwortet der ANCOVA
bzw. Regressionsansatz eine andere Frage, als gestellt wurde.

Messwiederholungs-ANOVA mit Geschlecht als Zwischensubjektfaktor
beantwortet die gestellte Frage.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon SabineKoester » Mo 11. Feb 2013, 17:33

VIELEN DANK schon mal für die tollen Antworten!

Vielleicht nochmal zurück zur Fragestellung:

Ich möchte wissen, ob Mädchen mehr vom Nap profitieren als Jungs, wenn man den Effekt des Ausgangsniveaus (höheres Ausgangsniveau entspricht höherer Verbesserung durch Nap) kontrolliert.

PonderStibbons hat geschrieben:Messwiederholungs-ANOVA mit Geschlecht als Zwischensubjektfaktor


Kann ich hier auch das Ausgangsniveau kontrollieren?
und kann ich daraus auch noch irgendwie berechnen wie groß der bereinigte Nap-Effekt bei den Mädchen ist?
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon bele » Mo 11. Feb 2013, 17:39

Hallo Leute,

vielleicht stelle ich mich heute besonders blöd an, aber warum man da eine Messwiederholungs-ANOVA braucht, verstehe ich gerade nicht. Von jedem Kind werden genau einmal drei Größen bestimmt: die Aufmerksamkeit vor dem Schlaf (preNap), das Geschlecht (male) und die Verbesserung der Aufmerksamkeit durch einen Schlaf (preNap-postNap). Die Frage ist, ob die Verbesserung abhängig vom Geschlecht ist. Was spricht gegen ein gutes einfaches:
:?:

Und warum sollte damit nicht zu bestimmen sein, ob die Aufmerksamkeitsverbesserung außer von preNap auch vom Geschlecht abhängt?

LG,
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon SabineKoester » Mo 11. Feb 2013, 18:05

Danke Bernhard!
Ich muss leider sagen, dass ich nicht wüsste wie man das in SPSS einfach umsetzen könnte...

@P: gibt es denn auch eine repeated measures ANCOVA (im SPSS?)?
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon daniel » Mo 11. Feb 2013, 18:24

Bernhard,

nimm Dein Modell



Da hier zu zwei Zeitpunkten gemessen wird, kann/muss der Fehler in zwei Komponenten zerlegt werden.



wobei ein individuenspezifischer Fehler ist, der über die Zeit konstant bleibt, während einen Fehler beschreibt, der über Individuen und Zeitpunkte varriiert. Da die Differenz mit korreliert ist, ist es m.E. schwer zu argumentieren, weshalb nicht mit korreliert sein soll. Besteht diese Korrelation, sind die Schätze der Koeffizienten verzerrt.

Zudem erschließt sich mir nicht, weshalb man die Zeitliche Struktur der Daten icht nutzen will, wenn man sie schon hat. Soweit ich verstehe wäre ein RE Modell effizienter als das von Dir vorgeschlagene OLS Modell der Differenz. Zudem werden die Standardfehler korekt geschätzt. Ein FE-Modell erlaubt sogar die Kontrolle der (i.e. unbeobachtete Heterogenität), die zwar durch Randomisierung (falls durchgeführt) theoretisch erreicht wird, bei Fallzahlen (werden hier nicht genannt) "typischer" psychologischer/medizinischer Experimente von ca. N = 20-50 allerdings praktisch nicht immer greift.
Zuletzt geändert von daniel am Mo 11. Feb 2013, 18:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ist diese Kovariate zulässig?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 11. Feb 2013, 19:03

Ich möchte wissen, ob Mädchen mehr vom Nap profitieren als Jungs, wenn man den Effekt des Ausgangsniveaus (höheres Ausgangsniveau entspricht höherer Verbesserung durch Nap) kontrolliert.

Nicht so sehr. Deine Frage war, ob die Veränderung bei Mädchen und bei Jungen
unterschiedlich ist. Eine Messwiederholungs-Varianzanalyse beschäftigt sich mit
genau dieser Frage, nämlich der Veränderung zwischen 2 Messzeitpunkten.
"Kontrollieren" und "bereinigen" liest sich zunächst plausibel, aber führt
möglicherweise zu irreführenden Ergebnissen:

" ANCOVA answers the question, "Are boys and girls of the same initial weight expected to have the same final weight?" or, (...) "If one selects on the basis of initial weight a subgroup of boys and a subgroup of girls having identical frequency distribution of initial weight, the relative position of the regression lines shows that the subgroup of boys is going to gain substantially more during the year than the subgroup of girls."

Despite how proper and reasonable the ANCOVA question seems, it is NOT what the [researcher] wanted to know. The reason it's wrong is that when looking at boys and girls of the same weight, one is looking at a relatively light boy and a relatively heavy girl. Even if the [intervention] had no effect on weight, regression to the mean would have those heavy girls end up weighing less on average and those light boys end up weighing more, even though mean weight in each group would be unchanged.
http://www.jerrydallal.com/LHSP/prepost.htm

Mit freundlichen Grüßen

P.
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